Gaststätten: Unterschied zwischen den Versionen

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Salzburg hatte durch seine Lage im Schnittpunkt wichtiger Verkehrs- und Handelswege von alters her Bedarf an G., die Einkehr-, Verpflegungs-, Herbergs- und Einstellmöglichkeiten boten (Leider ist die Forschung auf diesem Gebiet äußerst lückenhaft.) Zur Zeit Noricums ist auch hier der bekannte Typ gewerblicher G. des römischen Reiches anzunehmen. Im MA. nahmen sich zunächst Klöster und private Stiftungen der Beherbergung von Fremden an (→Spitäler). Bis zum 15. Jh. vollzog sich ein allmählicher Übergang zur gewerblich betriebenen Gastwirtschaft, in der Herberge und Verpflegung (zunächst nur Getränke) gewährt wurden. Aus den Trinkstuben (der Stände und Handwerkerzünfte) entwickelte sich das Wirtsgewerbe. Die in Salzburg seit Beginn des 16. Jh.s nachweisbare »Stadttrinkstube« am Waagplatz Nr. 3 war eine der Stadt gehörende Weinniederlage mit angeschlossenem Wirtshaus. Dort wurden die gemeinsamen Tafeln des Stadtrates gehalten, man feierte jährlich die Bürgeraufnahmen und die Jahrtage der Zünfte, akademische Akte fanden hier ihren Abschluss, und Theateraufführungen gingen in Szene. Merian lobt in seiner Topographie (1644) den Standard dieses Hauses, das sicher bis Ende des 18. Jh.s der erste Gasthof der Stadt blieb. Er wurde 1811 versteigert; unter dem Namen »Erzherzog Karl« führendes Hotel bis zur Jahrhundertwende. Der heimische Name für Trinkstube - der »Sitz« - hielt sich am längsten im »Mohrensitz« in der Judengasse (als Wirtshaus erstmals 1569 genannt). Er bezeichnet immer das zweitklassige Lokal neben dem vornehmeren Gastzimmer; geht ins MA. zurück, wo er oft der einzige Gastraum gewesen ist - ein Gelass, das stets mit einem Weinkeller (»Grube«) in Verbindung stand (»Kellersitz«). Meist durfte in einem Haus nur jeweils ein Getränk ausgeschenkt werden: Met - das bevorzugte Getränk des germanischen Altertums und des frühen MA. - in Metschenken; die »Stadtmethstube« in der Getreidegasse existierte bis 1897. Wein dominierte in Salzburg bis in die frühe Neuzeit gegenüber dem noch wenig haltbaren Bier. Dieses wurde im frühen MA. in den Haushalten der Bürger oft »reihum« gebraut; bald von Klöstern, Hofbrauereien, privilegierten bürgerlichen Brauhäusern und im angeschlossenen Gasthof ausgeschenkt (→Industrie- und Fabriksbauten). DieWiege des Kaffeehauses ist in Salzburg die eb. Zuckerbäckerei und Konfektstube. Um 1705 erhielten Johann Georg Fritsch aus Böhmen und der Savoyarde Jean Fontaine die Konzession für ein »Cafegewölbe«. Die Fontainesche Konzession ging 1753 auf Anton Staiger über, der 1764 das Haus AlterMarkt Nr. 9 erwarb; 1772 erhielt er die Erlaubnis für ein Billard. 1850 ging das Kaffeehaus an den Zuckerbäcker Karl Tomaselli, Sohn des berühmten Hoftenoristen Giuseppe →T., über. Das zweite Kaffeehaus in Salzburg war das »Gerlich’sche« in der Getreidegasse 24, seit 1751, das nächste seit 1778 das »Pechtlsche« (später Endres) in der Linzer Gasse 10, dann das »Waldmüller« in der unteren Getreidegasse und das »Gries« in der Kaigasse 1. Das »Bazar« ist ein Musterbeispiel eines Kaffeehauses der Gründerzeit, bestehend aus dem eigentlichen Bazargebäude (Schwarzstr. 1, Bauherr der Kunsthändler Anton Baldi) und dem Kaffeehaus (Schwarzstr. 3, Bauherr der Charcutier Johann Greiml, Architekten V. und J. →Ceconi, 1882 bzw. 1902/06). Die Bedürfnisse des aufkommenden Tourismus erfüllte das nach engl.-amerik. Vorbild angelegte Hotel. Zur Zeit der Eröffnung der Eisenbahn 1860 gab es in der Stadt drei führende Häuser: »Goldenes Schiff« am Residenzplatz (heute Landes-Hypothekenbank), »Erzherzog Karl« am Waagplatz, »Zu den 3 Alliierten«, Ecke Hagenauerplatz/Getreidegasse; dessen Besitzer entschloss sich zu einem großzügigen Neubau neben dem Bahnhof - 1865wurde das »Hotel de l’Europe« eröffnet, eines der schönsten und elegantesten Hotels der Monarchie (1907/08 von Max Fabiani erweitert); 1863/66 entstand der »Österreichische Hof«; aus einer Bierhalle in »florentinischem Stil« entstand 1864 das »Pitter«, das 1912/14mit dem »Salzburger Volkskeller« ein wertvolles Ensemble der Wiener Werkstätte erhielt: die Ausstattung von Josef Hoffmann, die Wandmalereien - Szenen aus der Salzburger Sage und Geschichte - von Bertold Löffler. (Ein ähnliches Ensemble entstand 1929 im Hotel Bräu in Lofer: Bräusaal von C. →Holzmeister, Wandmalerei mit Darstellungen aus der Loferer Sage von Franz von Zülow.) 1862 Parkhotel Nelböck, 1894 »Mirabell«, »Elektrizitätshotel« (später Bristol). Auch in den neuen Kur- und Fremdenverkehrszentren des Landes (→Gastein, Zell a. S., Salzkammergut) entstanden neue Hotels (→Bäder).  
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Salzburg hatte durch seine Lage im Schnittpunkt wichtiger Verkehrs- und Handelswege von alters her Bedarf an G., die Einkehr-, Verpflegungs-, Herbergs- und Einstellmöglichkeiten boten (Leider ist die Forschung auf diesem Gebiet äußerst lückenhaft.) Zur Zeit Noricums ist auch hier der bekannte Typ gewerblicher G. des römischen Reiches anzunehmen. Im MA. nahmen sich zunächst Klöster und private Stiftungen der Beherbergung von Fremden an (→Spitäler). Bis zum 15. Jh. vollzog sich ein allmählicher Übergang zur gewerblich betriebenen Gastwirtschaft, in der Herberge und Verpflegung (zunächst nur Getränke) gewährt wurden. Aus den Trinkstuben (der Stände und Handwerkerzünfte) entwickelte sich das Wirtsgewerbe. Die in Salzburg seit Beginn des 16. Jh.s nachweisbare »Stadttrinkstube« am Waagplatz Nr. 3 war eine der Stadt gehörende Weinniederlage mit angeschlossenem Wirtshaus. Dort wurden die gemeinsamen Tafeln des Stadtrates gehalten, man feierte jährlich die Bürgeraufnahmen und die Jahrtage der Zünfte, akademische Akte fanden hier ihren Abschluss, und Theateraufführungen gingen in Szene. Merian lobt in seiner Topographie (1644) den Standard dieses Hauses, das sicher bis Ende des 18. Jh.s der erste Gasthof der Stadt blieb. Er wurde 1811 versteigert; unter dem Namen »Erzherzog Karl« führendes Hotel bis zur Jahrhundertwende. Der heimische Name für Trinkstube - der »Sitz« - hielt sich am längsten im »Mohrensitz« in der Judengasse (als Wirtshaus erstmals 1569 genannt). Er bezeichnet immer das zweitklassige Lokal neben dem vornehmeren Gastzimmer; geht ins MA. zurück, wo er oft der einzige Gastraum gewesen ist - ein Gelass, das stets mit einem Weinkeller (»Grube«) in Verbindung stand (»Kellersitz«). Meist durfte in einem Haus nur jeweils ein Getränk ausgeschenkt werden: Met - das bevorzugte Getränk des germanischen Altertums und des frühen MA. - in Metschenken; die »Stadtmethstube« in der Getreidegasse existierte bis 1897. Wein dominierte in Salzburg bis in die frühe Neuzeit gegenüber dem noch wenig haltbaren Bier. Dieses wurde im frühen MA. in den Haushalten der Bürger oft »reihum« gebraut; bald von Klöstern, Hofbrauereien, privilegierten bürgerlichen Brauhäusern und im angeschlossenen Gasthof ausgeschenkt (→Industrie- und Fabriksbauten). Die Wiege des Kaffeehauses ist in Salzburg die eb. Zuckerbäckerei und Konfektstube. Um 1705 erhielten Johann Georg Fritsch aus Böhmen und der Savoyarde Jean Fontaine die Konzession für ein »Cafegewölbe«. Die Fontainesche Konzession ging 1753 auf Anton Staiger über, der 1764 das Haus Alter Markt Nr. 9 erwarb; 1772 erhielt er die Erlaubnis für ein Billard. 1850 ging das Kaffeehaus an den Zuckerbäcker Karl Tomaselli, Sohn des berühmten Hoftenoristen Giuseppe →T., über. Das zweite Kaffeehaus in Salzburg war das »Gerlich’sche« in der Getreidegasse 24, seit 1751, das nächste seit 1778 das »Pechtlsche« (später Endres) in der Linzer Gasse 10, dann das »Waldmüller« in der unteren Getreidegasse und das »Gries« in der Kaigasse 1. Das »Bazar« ist ein Musterbeispiel eines Kaffeehauses der Gründerzeit, bestehend aus dem eigentlichen Bazargebäude (Schwarzstr. 1, Bauherr der Kunsthändler Anton Baldi) und dem Kaffeehaus (Schwarzstr. 3, Bauherr der Charcutier Johann Greiml, Architekten V. und J. →Ceconi, 1882 bzw. 1902/06). Die Bedürfnisse des aufkommenden Tourismus erfüllte das nach engl.-amerik. Vorbild angelegte Hotel. Zur Zeit der Eröffnung der Eisenbahn 1860 gab es in der Stadt drei führende Häuser: »Goldenes Schiff« am Residenzplatz (heute Landes-Hypothekenbank), »Erzherzog Karl« am Waagplatz, »Zu den 3 Alliierten«, Ecke Hagenauerplatz/Getreidegasse; dessen Besitzer entschloss sich zu einem großzügigen Neubau neben dem Bahnhof - 1865wurde das »Hotel de l’Europe« eröffnet, eines der schönsten und elegantesten Hotels der Monarchie (1907/08 von Max Fabiani erweitert); 1863/66 entstand der »Österreichische Hof«; aus einer Bierhalle in »florentinischem Stil« entstand 1864 das »Pitter«, das 1912/14mit dem »Salzburger Volkskeller« ein wertvolles Ensemble der Wiener Werkstätte erhielt: die Ausstattung von Josef Hoffmann, die Wandmalereien - Szenen aus der Salzburger Sage und Geschichte - von Bertold Löffler. (Ein ähnliches Ensemble entstand 1929 im Hotel Bräu in Lofer: Bräusaal von C. →Holzmeister, Wandmalerei mit Darstellungen aus der Loferer Sage von Franz von Zülow.) 1862 Parkhotel Nelböck, 1894 »Mirabell«, »Elektrizitätshotel« (später Bristol). Auch in den neuen Kur- und Fremdenverkehrszentren des Landes (→Gastein, Zell a. S., Salzkammergut) entstanden neue Hotels (→Bäder).  
  
 
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Version vom 7. November 2016, 21:32 Uhr

Gaststätten.

Salzburg hatte durch seine Lage im Schnittpunkt wichtiger Verkehrs- und Handelswege von alters her Bedarf an G., die Einkehr-, Verpflegungs-, Herbergs- und Einstellmöglichkeiten boten (Leider ist die Forschung auf diesem Gebiet äußerst lückenhaft.) Zur Zeit Noricums ist auch hier der bekannte Typ gewerblicher G. des römischen Reiches anzunehmen. Im MA. nahmen sich zunächst Klöster und private Stiftungen der Beherbergung von Fremden an (→Spitäler). Bis zum 15. Jh. vollzog sich ein allmählicher Übergang zur gewerblich betriebenen Gastwirtschaft, in der Herberge und Verpflegung (zunächst nur Getränke) gewährt wurden. Aus den Trinkstuben (der Stände und Handwerkerzünfte) entwickelte sich das Wirtsgewerbe. Die in Salzburg seit Beginn des 16. Jh.s nachweisbare »Stadttrinkstube« am Waagplatz Nr. 3 war eine der Stadt gehörende Weinniederlage mit angeschlossenem Wirtshaus. Dort wurden die gemeinsamen Tafeln des Stadtrates gehalten, man feierte jährlich die Bürgeraufnahmen und die Jahrtage der Zünfte, akademische Akte fanden hier ihren Abschluss, und Theateraufführungen gingen in Szene. Merian lobt in seiner Topographie (1644) den Standard dieses Hauses, das sicher bis Ende des 18. Jh.s der erste Gasthof der Stadt blieb. Er wurde 1811 versteigert; unter dem Namen »Erzherzog Karl« führendes Hotel bis zur Jahrhundertwende. Der heimische Name für Trinkstube - der »Sitz« - hielt sich am längsten im »Mohrensitz« in der Judengasse (als Wirtshaus erstmals 1569 genannt). Er bezeichnet immer das zweitklassige Lokal neben dem vornehmeren Gastzimmer; geht ins MA. zurück, wo er oft der einzige Gastraum gewesen ist - ein Gelass, das stets mit einem Weinkeller (»Grube«) in Verbindung stand (»Kellersitz«). Meist durfte in einem Haus nur jeweils ein Getränk ausgeschenkt werden: Met - das bevorzugte Getränk des germanischen Altertums und des frühen MA. - in Metschenken; die »Stadtmethstube« in der Getreidegasse existierte bis 1897. Wein dominierte in Salzburg bis in die frühe Neuzeit gegenüber dem noch wenig haltbaren Bier. Dieses wurde im frühen MA. in den Haushalten der Bürger oft »reihum« gebraut; bald von Klöstern, Hofbrauereien, privilegierten bürgerlichen Brauhäusern und im angeschlossenen Gasthof ausgeschenkt (→Industrie- und Fabriksbauten). Die Wiege des Kaffeehauses ist in Salzburg die eb. Zuckerbäckerei und Konfektstube. Um 1705 erhielten Johann Georg Fritsch aus Böhmen und der Savoyarde Jean Fontaine die Konzession für ein »Cafegewölbe«. Die Fontainesche Konzession ging 1753 auf Anton Staiger über, der 1764 das Haus Alter Markt Nr. 9 erwarb; 1772 erhielt er die Erlaubnis für ein Billard. 1850 ging das Kaffeehaus an den Zuckerbäcker Karl Tomaselli, Sohn des berühmten Hoftenoristen Giuseppe →T., über. Das zweite Kaffeehaus in Salzburg war das »Gerlich’sche« in der Getreidegasse 24, seit 1751, das nächste seit 1778 das »Pechtlsche« (später Endres) in der Linzer Gasse 10, dann das »Waldmüller« in der unteren Getreidegasse und das »Gries« in der Kaigasse 1. Das »Bazar« ist ein Musterbeispiel eines Kaffeehauses der Gründerzeit, bestehend aus dem eigentlichen Bazargebäude (Schwarzstr. 1, Bauherr der Kunsthändler Anton Baldi) und dem Kaffeehaus (Schwarzstr. 3, Bauherr der Charcutier Johann Greiml, Architekten V. und J. →Ceconi, 1882 bzw. 1902/06). Die Bedürfnisse des aufkommenden Tourismus erfüllte das nach engl.-amerik. Vorbild angelegte Hotel. Zur Zeit der Eröffnung der Eisenbahn 1860 gab es in der Stadt drei führende Häuser: »Goldenes Schiff« am Residenzplatz (heute Landes-Hypothekenbank), »Erzherzog Karl« am Waagplatz, »Zu den 3 Alliierten«, Ecke Hagenauerplatz/Getreidegasse; dessen Besitzer entschloss sich zu einem großzügigen Neubau neben dem Bahnhof - 1865wurde das »Hotel de l’Europe« eröffnet, eines der schönsten und elegantesten Hotels der Monarchie (1907/08 von Max Fabiani erweitert); 1863/66 entstand der »Österreichische Hof«; aus einer Bierhalle in »florentinischem Stil« entstand 1864 das »Pitter«, das 1912/14mit dem »Salzburger Volkskeller« ein wertvolles Ensemble der Wiener Werkstätte erhielt: die Ausstattung von Josef Hoffmann, die Wandmalereien - Szenen aus der Salzburger Sage und Geschichte - von Bertold Löffler. (Ein ähnliches Ensemble entstand 1929 im Hotel Bräu in Lofer: Bräusaal von C. →Holzmeister, Wandmalerei mit Darstellungen aus der Loferer Sage von Franz von Zülow.) 1862 Parkhotel Nelböck, 1894 »Mirabell«, »Elektrizitätshotel« (später Bristol). Auch in den neuen Kur- und Fremdenverkehrszentren des Landes (→Gastein, Zell a. S., Salzkammergut) entstanden neue Hotels (→Bäder).

Literatur:

  • W. Müller: Café Bazar. Salzburg 1999.
  • A. Kapeller: Hotel de l’Europe. Salzburgs unvergessenes Grandhotel (Sonderband im Rahmen der Schriftenreihe des Stadtvereins Salzburg), Salzburg 1997.
  • W. Schobersberger: Vom Cafégewölbe zum Literatencafé. In: Salzburg Archiv 20, 1995, S. 321-358.
  • R. Klehr: Der Platzlkeller, In: Salzburg Archiv 10, 1990, S. 285-292.
  • G. Müller, M. Stenzel: Die Stadt Salzburg als Standort des Gastgewerbes. In: MGSLK 120/121, 1980/1981.
  • H. Ubell: Bertold Löfflers Wandmalereien im Salzburger Volkskeller. In: Kunst und Kunsthandwerk 1914, S. 65 ff.

M.O.