Johann Lucas von Hildebrandt

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Hildebrandt, Johann Lucas von, * Genua 14. 11. 1668, † Wien 16. 11. 1745, Festungsingenieur, Architekt.

Der Sohn eines österr. Söldners und Hauptmann der Schweizergarde im Genueser Palazzo Ducale verbringt seine Kindheit in Genua, wo er angeblich vom Vater in die Militärarchitektur eingeführt wird. Um 1682/83 übersiedelte er nach Rom, wo er im Atelier von Carlo Fontana eine Ausbildung zum Zivilarchitekten absolviert, inklusive theoretischem Unterricht an der Accademia di San Luca. Ab ca. 1693 selbstständiger Zivilarchitekt. Gemäß seiner Ausbildung überlässt er die Ausführung seiner Entwürfe Bau- und Kunsthandwerkern und kontrolliert diese durch persönliche Inspektion und Bauberichte. Angeblich 1695/96 Volontariat beim kaiserlichen Heer in Oberitalien zur Fortbildung zum Militäringenieur durch Giulio Cerutti. Der kaiserliche Generalkriegskommissar Maximilian Ludwig Graf Breuner protegiert in der Folge und nimmt ihn 1696/97 mit nach Wien, wo er dessen Hausarchitekt wird und dann durch Vermittlung eines Mäzens in hohen Militärkreisen und beim Hofadel neue Auftraggeber findet. Für diese errichtet er ab 1697 diverse Garten- und Stadtpaläste sowie Landschlösser nach Vorbildern aus der römischen und auch französischen Architektur. Seine größten Mäzene waren Prinz Eugen von Savoyen-Carignan (1699 übernimmt er dessen von J. B. →Fischer von Erlach begonnenes Winterpalais, für diesen auch 1717-23 sein Hauptwerk: das Obere Belvedere), Friedrich Karl Graf Schönborn (ab 1711, über ihn auch ab 1720 Beteiligung an der Würzburger Residenz) und Alois Thomas Raimund Graf von Harrach (ab 1707). Daneben einige Sakralbauten u.a. nach Vorbildern aus Turin und Rom (beim Wettbewerb zum Bau der Karlskirche gewinnt der Konkurrent →Fischer). Den Weg in den Hofdienst öffnet ihm eine Ehrenpforte für König Joseph 1699: Seit 1700 ist er Kaiserlicher Hofingenieur (hier auch mehrere Umbauten an der Hofburg und Neubau der Geheimen Hof- und Staatskanzlei 1717-19) und 1711-1712 leitet er kommissarisch das kaiserliche Hofbauamt, bis →Fischer wieder bestätigt wird. Erst nach dessen Tod 1723 steigt er zum Ersten Hofbaumeister auf. Schon 1720 Anerkennung durch Erhebung in den Reichsritterstand. Seit 1707 Hausarchitekt der Grafenfamilie Harrach mit zahllosen Aufträgen. Seit 1709/10 unter Eb. Franz Anton Fürst Harrach, der ihn schon früh über seinen Bruder Alois schätzen gelernt hatte, Aufträge in Salzburg. H. löste damit den unter Eb. Johann Ernst Graf von →Thun nach Salzburg geholten Konkurrenten →Fischer ab. Dieser führte unter Harrach nur mehr restliche Arbeiten an Kleßheim aus. H. war bereits vor dem Regierungswechsel von Friedrich Koch, Kammerdiener und Bauverwalter des Bruders Alois, im Auftrag des damals noch als Koadjudor fungierenden Harrach kontaktiert worden. Koch, der 1710 in die Dienste des Eb. eintrat, führte den Schriftverkehr mit dem meist in Wien weilenden H. zu den Projekten: 1709-11 →Residenz: Hauptportal, Fensterrahmungen der Beletage, gleichmäßige Fensterachsen der Fassade im Ostflügel und Nordflügel, ebendort Einfügung einer gleichhohen Enfilade durch Versetzen/Umarbeiten von älteren Portalen/Türen sowie Neugestaltung von Öfen/Kaminen; Schloss →Mirabell: 1713 Sala terrena (1830 im Zusammenhang mit der Anlage des Kurparks abgetragen, Freitreppe von F. →Drobny), 1716 möglicherweise projektierte aber nicht ausgeführte Veränderung des Galerie-Baus beim Ballhaus - also zwei abschließenden und Aussicht bietenden Bauten für den Garten -, 1721-27 Um- und Erweiterungsbauarbeiten am Schloss (neue Fassaden, nördlicher West- sowie Nordtrakt, Portalturm, Kapelle, Treppenhaus, Festsaal).

Lit.:

  • U. Seeger: Kunstnetzwerke der Militärs zur Zeit der Türkenkriege. Mit einem Beitrag zu Johann Lucas von Hildebrandts Frühwerk in Wien. In: G. Ammerer / I. Hanneschläger / M. Hlavačka / M. Holý (Hrsg.): Präzedenz, Netzwerke und Transfers. Leipzig 2016. S. 111-125.
  • Saur, Bd. 73, 2012, S. 168.
  • W. Schlegel: Die Baugeschichte der Salzburger Residenz 1668-1772. In: R. Juffinger (Hrsg.): Zentrum der Macht. Bd. 1: Die Salzburger Residenz 1668-1803. Salzburg 2011. S 13-61.
  • P. H. Jahn: J. L. v. H. (1668-1745). Sakralarchitektur für Kaiserhaus und Adel. Planungsgeschichtliche und projektanalytische Studien zur Peters- und Piaristenkirche in Wien sowie dem Loreto-Heiligtum in Rumburg. Petersberg 2011.
  • U. Seeger: Stadtpalais und Belvedere des Prinzen Eugen. Entstehtung, Gestalt, Funktion und Bedeutung. Wien / Köln / Weimar 2004.
  • U. Fürst: St. Laurentius in Gabel und die Piaristenkirche in Wien. Zwei kurvierte Kirchenbauten des Johann Lukas von Hildebrandt. München 1991.
  • W. G. Rizzi: J. L. v. H. Ergänzende Forschungen zu seinem Werk. Diss. TU Wien 1975.
  • B. Grimschitz: J. L. v. H. Wien / München 1959.
  • B. Grimschitz: J. L. v. H.s künstlerische Entwicklung bis zum Jahre 1725. Wien 1922.

M.O., J.B.