Stefan Zweig

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Zweig, Stefan, * Wien 28.11.1881, † Petropolis bei Rio de Janeiro 23.2.1942, Schriftsteller.

Sohn eines Industriellen. Studium der Germanistik und Romanistik in Wien und Berlin: Diss. über Hippolyte Taine; Dr. phil. (1904). Zahlreiche Reisen: u.a. Belgien (1902; Begegnung mit Emile Verhaeren); Bretagne, London (1904/05), Indien (1908/09), USA/Mittelamerika (1911), Italien, Paris (1913 Begegnung mit Romain Rolland), 1914-17 Militärdienst im Kriegsarchiv in Wien.

Am 27.10.1917 erwarb Z. das Paschinger-Schlössl in Salzburg (Kapuzinerberg 5); 1919-34 hatte er seinen ständigen Wohnsitz in der Stadt, der Aufenthalt war nur durch Reisen unterbrochen. Seine „Villa in Europa“ (Jules Romains) sah in dieser Zeit prominente Gäste: Th. →Mann, H. v. →Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, J. →Joyce, Paul Valéry, Hans Carossa, H. G. Wells, C. →Zuckmayer, F. →Werfel, H. →Bahr, A. →Toscanini u.v.a. Während seiner Salzburger Zeit wurde Z. v.a. durch seine in viele Sprachen übersetzten Novellen sowie durch Biographien (z.B. #Joseph Fouché#, 1929, #Marie Antoinette#, 1932) und biographischen Essays (#Drei Meister# [Balzac, Dickens, Dostojewski], 1920; #Der Kampf mit dem Dämon# [Hölderlin, Kleist, Nietzsche], 1925) zum international erfolgreichen Autor.

Z. hatte Salzburg als Wohnort gewählt, weil er sich in der damals ruhigen Provinzstadt mit guten Reiseverbindungen ungestörte Arbeitszeiten versprach. Durch die vielen Besucher der sommerlichen →Festspiele fühlte sich Z. in seiner Arbeit jedoch oft gestört und behindert. Manchen Sommer wich er nach Thumersbach bei Zell am See aus, wo er den Nachlass-Roman #Rausch der Verwandlung# schrieb. Trotzdem hätte er gerne bei den Festspielen mitgewirkt; H. v. Hofmannsthal, den Z. seinerseits stets verehrte, verhinderte dies jedoch. Er sah Z. mehr als Journalisten denn als Dichter. Nicht zuletzt dürfte er Z. um seinen gewaltigen literarischen und finanziellen Erfolg beneidet haben. Dennoch wandte sich R. →Strauss 1932 wegen eines Librettos (nach Hofmannsthals Tod) an Z. (#Die schweigsame Frau#, UA 1935).

1928 besuchte Z. als Vertreter des Österreichischen Schriftsteller-Verbandes die 100-Jahr-Feier für Leo Tolstoj in der Sowjetunion; Begegnung mit Maxim Gorki, den er später in Italien nochmals traf. In Österreich etablierte Bundeskanzler Engelbert Dollfuß im März 1933 ein wachsend autoritäres System. Im Februar 1934 sollte der „Republikanische Schutzbund“ entwaffnet werden. Vermutlich am 18.2.1934 fand eine Hausdurchsuchung nach Waffen auch in Z.s Haus am Kapuzinerberg statt. Der zutiefst getroffene Z. fuhr nach London und gab in der Folge seinen Salzburger Wohnsitz auf. Am 18.5.1937 verkaufte seine Frau Friderike Zweig das Haus am Kapuzinerberg.

Z. lebte damals schon in London, führte aber noch immer seine Geschäftskorrespondenz gemeinsam mit Friderike Z. und seiner langjährigen Sekretärin Anna Meingast in Salzburg; diese besaß sein sogenanntes „Hauptbuch“, in dem Z. genaue Aufzeichnungen über seine Publikationen, Übersetzungen, Honorarabrechnungen etc. führte. 1938 wurden S. Zweig und Friderike Z. geschieden. Er heiratete im Jahr darauf seine Sekretärin Lotte Altmann. 1939 übersiedelte er von London nach Bath, 1941 nach Petropolis bei Rio de Janeiro. Am 23.2.1942 nahm er sich gemeinsam mit seiner Frau das Leben. Im selben Jahr erschien postum seine Autobiographie #Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers#.

Das offizielle Salzburg hat den immerhin 1934 ins Exil vertriebenen Z. nach anfänglicher Zurückhaltung als bedeutenden ehemaligen Mitbürger gewürdigt. Seit 1961 fanden mehrere Ausstellungen statt; vor allem jene aus dem Jahr 1992 entfaltete große internationale Wirkung, sie wurde als Wanderausstellung ab 1995 rund um den Globus in zahlreichen Stationen gezeigt. 1992 und 1998 wurden erstmals internationale S.-Z.-Kongresse in Salzburg abgehalten. 1998 konstituierte sich ebf. in Salzburg die „Intern. S.-Z.-Gesellschaft“. 2008 wurde als Kooperation von Universität, Land und Stadt Salzburg das →S. Z. Zentrum gegründet, 2014 wurde die Pädagogische Hochschule Salzburg nach dem Autor benannt.

Das →Literaturarchiv Salzburg verwahrt wertvolle Ms. und Archivalien Z.s, darunter (aus dem Bestand der →Adolf Haslinger Literaturstiftung) das „Hauptbuch“, das Wilhelm Meingast, der Sohn von Z.s Sekretärin Anna Meingast, zusammen mit weiteren Z.-Materialien der damaligen Stiftung Salzburger Literaturarchiv geschenkt hatte. Mehrere Ankäufe des 2012 gegründeten Literaturarchivs folgten, darunter 2014 ein umfangreicher Teilnachlass aus dem Büro der Agentur Atrium Press in London mit der wichtigsten Sammlung von Z.s literarischen Notizbüchern sowie sämtlichen erhaltenen Tagebüchern des Autors und Manuskripten mehrerer Werke.


Lit.:

  • O. Matuschek: Das Salzburg des S.Z. Mit Photographien v. A. Fischer. Berlin 2008.
  • O. Matuschek: S.Z. Drei Leben. Eine Biographie. Frankfurt/M. 2006.
  • G. Kerschbaumer: S.Z. Der fliegende Salzburger. Salzburg u.a. 2003.
  • K. Renoldner, H. Holl, P. Karlhuber (Hg.): S.Z. Bilder, Texte, Dokumente. Salzburg 1993.
  • D.A. Prater: S.Z. Das Leben eines Ungeduldigen. München, Wien 1981.

A.Has./Ma.M.