Gnadenbild
Der katholischen Kirche gelten (trotz heftigen Bilderstreits auf den Konzilen und Synoden zwischen 730 und 843) Bilder als Mittel der sinnlichen Vergegenwärtigung; ihnen wird große Kraft und Wirkung zugeschrieben. Die „veron ikon“, die wahren Abbilder sind Vorläufer der Gnadenbilder.
Diese entstanden zwischen Mittelalter (Holz- und Steinplastiken) und Barock (Plastiken und Bilder), jeweils mit einer Ursprungslegende, die oft den Ort für die Erbauung der Gnadenkirche als Beginn des Wallfahrtszustroms wies. In Salzburg finden sich als Gnadenbild Darstellungen der Heiligen Dreifaltigkeit (Prielau bei Zell am See), christologische Motive (Mariathal, Mariapfarr: wundertätiges Kreuz in der Gruft, Saalbach, St. Blasius in Salzburg), Kindheit Jesu (Filzmoos, Maria Loreto), der gegeißelte Heiland (Oberalm: Nachbildung aus der Wieskirche, Kalvarienberg in Zell am See, Mittersill, Saalfelden).
Marianische Gnadenbilder bilden die größte Gruppe; zu nennen sind u.a. jene der Spätgotik in Großgmain, Dürrnberg, Maria Alm, Maria Kirchenthal, Bramberg, Mariapfarr, Köstendorf, Krimml, Berndorf. Als Gnadenbild verehrte Kopien berühmter Gnadenbilder finden sich u.a. in Kitzbühel, Thomatal, Rattenberg, Erl (Passauer Mariahilf-Bild), in Mülln, Strobl, Böckstein (Maria vom Guten Rat aus Genazzano), Nonnberg (Maria Einsiedeln), St. Peter (Mariazell), Loreto (Altötting). Kopien der Ährenkleidmadonna in St. Peter, Zell am See, Maria Sorg, Franziskanerkirche.
Vesperbilder werden verehrt in Embach, Rattenberg, Salzburg-Gnigl. Neben den Leonhardwallfahrten in Tamsweg und Kundl werden St. Nikolaus in der Torren/Golling und St. Johannes der Täufer auf der Hohen Salve verehrt.
Von der Reliquiengestaltung als Effigies (Abbilder der Heiligen) ausgehend, entwickelte sich eine frühbarocke Tradition der Gestaltung von Gnadenbildern (Perücken, Spitzen-, Brokatkleider und Bortenschmuck, Votivschmuck) und (zunehmend auch privaten) Andachtsgegenständen. Nach einer ersten Hochblüte im 12. Jahrhundert (mystische Versenkung) erfolgte eine zweite im Zuge der Gegenreformation. Die bilderstürmerischen Reformen der Aufklärung führten zum vermehrten Einzug dieser Bildnisse in die Privathaushalte und damit zu deren ausgedehnter Produktion. Kopien und Nachempfindungen der Gnadenbilder auf Bildträgern aller Art (Statuetten, Behältnisse, Votivbilder, Druckgrafik) wurden in den Wallfahrtsorten als Andenken verkauft. Die Berührung mit dem Gnadenbild wird oft durch ein Zertifikat ausgewiesen. Bildniskästchen in Klosterarbeit oder Holz- und Papierstaffage zählten im 18. und 19. Jahrhundert zu den kostbaren und beliebten Stücken.
Im 17. Jahrhundert entstand unter den Einflüssen der rauchfreien Stube, der oberschichtlichen Andachtsgegenstände und der gegenreformatorischen Frömmigkeit in kleinbürgerlichen und bäuerlichen Haushalten der sogenannte Herrgottswinkel über dem Tisch des Hauptwohnraums (Wohnstube, Wohnküche) und eine gezielte Produktion dafür. Dienstboten und weichende Erben besaßen meist nur Druckgrafik, die sie auf die Innenseiten ihrer Gewandtruhendeckel oder Kleiderschranktüren klebten. Neben den von Gnadenbildern ausgehenden Andachtsgegenständen fanden Szenen aus dem Leben Jesu und Mariae (Geburt Christi, Tod und Kreuzigung), aus religiösen Schauspielen des Kirchenjahres (Hochzeit zu Kana, Ölbergszenen, Adam und Eva unter dem Paradiesbaum) und religiösen Lehrbeispielen (Arma Christi, schlafendes Jesukind am Kreuz) große Verbreitung. Ihre Verehrung war jener der Gnadenbilder gleich. Bedeutendere Stücke wurden in Klosterwerkstätten oder von Künstlern im Auftrag derselben erzeugt, einfache Stücke von zunftfreien Handwerkern und in Hausindustrie.
Lit.:
- W. Hartinger: Religion und Brauch. Darmstadt 1992, S. 74–99.
- Salzburgs Wallfahrten in Kult und Brauch. Kat. Dommuseum Salzburg 1986.
- A. Hahnl: Von Wachsbossierern in Salzburg. In: Köstlich altes Wachsgebild. Salzburg 1977, S. 55.
- M. Brauneck: Religiöse Volkskunst. Köln 1978
U.K.