Franz Michael Vierthaler

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
Version vom 14. November 2016, 14:14 Uhr von Andreas Sanders (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „'''Vierthaler, Franz Michael''', * Mauerkirchen (Innviertel) 25. 9. 1758, † Wien 3. 10. 1827, Schriftsteller, Pädagoge. Sohn eines Maurermeisters und Stukk…“)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Vierthaler, Franz Michael, * Mauerkirchen (Innviertel) 25. 9. 1758, † Wien 3. 10. 1827, Schriftsteller, Pädagoge.

Sohn eines Maurermeisters und Stukkateurs. Nach der Pfarrschule in Mauerkirchen 1769 Sängerknabe im salzburgischen Benediktinerstift →Michaelbeuern, 1770 →Kapellhaus in Salzburg, Gymnasium zuerst in Salzburg, dann in Burghausen (Oberbayern). 1776-78 Logikstudium, 1778-83 Jusstudium an der →Univ. Salzburg, 1783-87 unterrichtete er am Virgilianischen Kollegium und der Pagerie, einem Inst. für Edelknaben, Geschichte und klassische Sprachen. Daneben verfaßte er das Trauerspiel »Der englische Spion«, das 1781 mit Erfolg am Salzburger Hoftheater (→Theater) uraufgeführt wurde. V. wurde 1790 Direktor des →Lehrerseminars und widmete sich daneben der Förderung von Sonn- und Feiertagsschulen; 1794 wurde sein Schulplan von Eb. →Hieronymus Colloredo gebilligt. Auch V.s Bekanntschaft mit L. →Hübner, dem Herausgeber der →»Oberdeutschen Allgemeinen Litteratur-Zeitung«, bewog ihn zu vorwiegend literarischer und wissenschaftlicher Tätigkeit. 1787 erschien seine »Philosophische Geschichte der Menschen und Völker«, die stark von Herder beeinflusst war. 1790 Ernennung zum Direktor des Lehrerseminars und der deutschen Schulen der Stadt Salzburg. 1796 veröffentlichte er seine »Geographie von Salzburg«, 1799 seine »Reisen durch Salzburg«, eines der ersten brauchbaren Reisehandbücher (Faksimile- Neudruck: 1983). Am 28. 7. 1800 nahm er an der Erstbesteigung des Großglockners teil. V., den man nicht zu Unrecht den »österreichischen Pestalozzi« nannte, organisierte das Salzburger Schulwesen neu. Er bildete bessere Lehrer aus, führte auf dem Land Sonn- und Feiertagsschulen ein, entwickelte »moderne« Lehrmethoden und Prinzipien und verfaßte entsprechende Schul-, Lehr- und Kinderbücher, etwa »Der kleine ABC-Schüler« (1793), »Der kleine Schreib- und Leseschüler« (1793). A. v. →Humboldt und dessen Freund, der Geologe Leopold von Buch, borgten V. ihre umfangreichen wissenschaftlichen Aufzeichnungen zur Abfassung seiner Reisehandbücher über Salzburg. 1802 heiratete V. die Tochter des angesehenen Juristen, Diplomaten und Historikers F. Th. v. →Kleimayrn. 1800 übernahm er Redaktion und Leitung der »Oberdeutschen Allgemeinen Litteratur-Zeitung« als »Literaturzeitung von Salzburg«, die »Oberdeutsche Staatszeitung« als »Staatszeitung von Salzburg« und das »Salzburger Intelligenzblatt« (1800-07). Als die Franzosen 1801 die Stadt besetzten, musste V. ihnen viele Schätze der Hofbibl. herausgeben, konnte aber wertvolle Bestände retten, u. a. den berühmten »Indiculus Arnonis«. 1803 endete das geistliche Fürstentum Salzburg, das im selben Jahr in ein Kurfürstentum unter Erzherzog Ferdinand von Toskana umgewandelt wurde. V. wurde 1803 kurfürstlicher Hofbibliothekar und »Landesschulendirektor«. 1806 wurde er zum Direktor des k. k. Wiener Waisenhauses ernannt und erhielt den Titel »Kaiserlicher Rat«. Da die große Ära der Salzburger →Aufklärung zu Ende ging, fiel es V. leichter, die gesicherte und verbesserte Existenz in Wien anzunehmen. Trotzdem blieb er zeitlebens Salzburg eng verbunden. Er reorganisierte das Waisenhaus, führte sein 1791 publiziertes Dienstboten- Brevier für Frauen, »Goldener Spiegel«, als Lesebuch ein und hatte einen geistig regen Freundeskreis (Karoline Pichler, Joseph von Hammer-Purgstall, F. →Grillparzer u. a.). V. war ein eifriger Aufklärer, ein überregional wirkender Pädagoge und Schriftsteller sowie einer der Bahnbrecher der Salzburger →Landeskunde. Gedenktafel an der alten Univ.

Literatur:

  • U. Salzmann: F. M. V.s Leben. Beilage zu F. M. V. Reisen durch Salzburg: Meine Wanderungen durch Salzburg, Berchtesgaden und Österreich, 3 Bde., Faksimiledruck Salzburg 1983.
  • K. Köchl: F. M. V.s Leben und Schaffen. In: MGSLK 98, 1958, S. 1 ff.

R.R.H.