Franz Michael Vierthaler

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Franz Michael Vierthaler, * 25. September 1758 in Mauerkirchen, Oberösterreich, † 3. Oktober 1827 in Wien; Schriftsteller, Pädagoge.

Sohn eines Maurermeisters und Stuckateurs. Nach der Pfarrschule in Mauerkirchen 1769 Sängerknabe im salzburgischen Benediktinerstift Michaelbeuern, 1770 Kapellhaus in Salzburg, Gymnasium zuerst in Salzburg, dann in Burghausen. 1776–78 Logikstudium, 1778–83 Jusstudium an der Universität Salzburg. 1783–87 unterrichtete er am Virgilianischen Kollegium und der Pagerie, einem Institut für Edelknaben, Geschichte und klassische Sprachen. Daneben verfasste er das Trauerspiel Der englische Spion, das 1781 mit Erfolg am Salzburger Hoftheater (Theater) uraufgeführt wurde. Vierthaler wurde 1790 Direktor des Lehrerseminars und widmete sich daneben der Förderung von Sonn- und Feiertagsschulen; 1794 wurde sein Schulplan von Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo gebilligt. Auch Vierthaalers Bekanntschaft mit Lorenz Hübner, dem Herausgeber der Oberdeutschen Allgemeinen Litteratur-Zeitung, bewog ihn zu literarischer und wissenschaftlicher Tätigkeit. 1787 erschien seine Philosophische Geschichte der Menschen und Völker, die stark von Johann Gottfried Herder beeinflusst war. 1790 Ernennung zum Direktor des Lehrerseminars und der deutschen Schulen der Stadt Salzburg. 1796 veröffentlichte er seine Geographie von Salzburg, 1799 seine Reisen durch Salzburg, eines der ersten brauchbaren Reisehandbücher (Faksimile-Neudruck 1983). Am 28. Juli 1800 nahm er an der Erstbesteigung des Großglockners teil.

Vierthaler, den man auch den „österreichischen Pestalozzi” nannte, organisierte das Salzburger Schulwesen neu. Er sorgte für bessere Lehrerausbildung, führte auf dem Land Sonn- und Feiertagsschulen ein, entwickelte „moderne” Lehrmethoden und verfasste entsprechende Schul-, Lehr- und Kinderbücher, etwa Der kleine ABC-Schüler (1793), Der kleine Schreib- und Leseschüler (1793). Alexander von Humboldt und dessen Freund, der Geologe Leopold von Buch, stellten Vierthaler ihre umfangreichen wissenschaftlichen Aufzeichnungen zur Abfassung seiner Reisehandbücher über Salzburg zur Verfügung. 1802 heiratete Vierthaler die Tochter des angesehenen Juristen, Diplomaten und Historikers Johann Franz Thaddäus von Kleimayrn. 1800 übernahm er Redaktion und Leitung der Oberdeutschen Allgemeinen Litteratur-Zeitung als Literaturzeitung von Salzburg, die Oberdeutsche Staatszeitung als Staatszeitung von Salzburg und das Salzburger Intelligenzblatt (1800–07). Als die Franzosen 1801 die Stadt besetzten, musste Vierthaler ihnen viele Schätze der Hofbibliothek aushändigen, konnte aber wertvolle Bestände retten, u.a. den berühmten Indiculus Arnonis.

1803 endete das geistliche Fürstentum Salzburg, das im selben Jahr in ein Kurfürstentum unter Erzherzog Ferdinand von Toskana umgewandelt wurde. Vierthaler wurde 1803 kurfürstlicher Hofbibliothekar und „Landesschulendirektor”, 1806 zum Direktor des k.k. Wiener Waisenhauses ernannt und erhielt den Titel „Kaiserlicher Rat”. Er blieb Salzburg jedoch zeitlebens eng verbunden, reorganisierte das Waisenhaus, führte sein 1791 publiziertes Dienstboten-Brevier für Frauen, Goldener Spiegel, als Lesebuch ein und hatte einen geistig regen Freundeskreis (Karoline Pichler, Joseph von Hammer-Purgstall, Franz Grillparzer u.a.). Vierthaler war ein eifriger Aufklärer, ein überregional wirkender Pädagoge und Schriftsteller sowie einer der Wegbereiter der Salzburger Landeskunde.


Literatur:

  • Ulrich Salzmann: Franz Michael Vierthalers Leben. Beilage zu Franz Michael Vierthaler: Reisen durch Salzburg. Meine Wanderungen durch Salzburg, Berchtesgaden und Österreich. 3 Bände, Faksimiledruck Salzburg 1983.
  • Karl Köchl: Franz Michael Vierthalers Leben und Schaffen. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 98, 1958, S. 1ff.

R.R.H.