Spitäler

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Spitäler standen in Salzburg, wie überall in Europa, im Hochmittelalter zunächst unter geistlicher Führung. Sowohl das Domkapitel als auch die Klöster verfügten über eigene Spitäler, die nicht nur der Kranken-, sondern v.a. der Alterspflege und als Herbergen für Pilger und Reisende dienten. So geht das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder auf ein Spital des Stiftes St. Peter zurück, das 1150 dem hl. Laurentius geweiht wurde.

Barmherzige Brüder, Domspital, St.-Erhards-Spitalskirche, Leprosenhaus

1685 errichtete Giovanni Gaspare Zuccalli eine neue Kirche, ein Kloster und ein Priesterseminar, das bis 1809 unter der Leitung der Theatiner stand, 1923 wurde die Anlage dem Orden der Barmherzigen Brüder als Krankenhaus übergeben. Das Spital des Domkapitels, 1143 bestätigt, ursprünglich östlich des Doms, im Areal des späteren Neugebäudes, wurde unter Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau in den Bereich des ehemaligen Spitals des Klosters Nonnberg im Nonntal transferiert. Wolf Dietrich erwarb das bestehende „Frawensiechenhaus“ samt Kirche und verlegte das Domspital in dieses, da die Residenz Neugebäude an der Stelle des Domspitals errichtet wurde; 1677 wurde rechts der Kirche der Männertrakt errichtet und 1685–89 die gotische St.-Erhards-Spitalskirche durch einen Neubau von Zuccalli ersetzt. Das Sundersiechenhaus (Leprosenhaus) am Müllner Hügel aus dem Jahr 1282 beherbergte bis zum Jahr 2013 durchgehend (unheilbar) Kranke, wenn auch mit sehr unterschiedlicher Zielsetzung (seit 1947 Landespflegeanstalt).

Pestspitäler

Die wiederkehrenden Pestepidemien machten wie auch andernorts die zeitweise Errichtung von Pestspitälern notwendig; so 1310 eines durch das Kloster Nonnberg, 1553 eines auf dem „Schanzl“ bei der Sebastianskirche, wenig später ein weiteres bei der Müllnerkirche, und den bekannten Bau des Rochusspitals in Maxglan 1636–40, das spätere Zucht- und Arbeitshaus (heute das Gebiet der Stiegl-Brauerei). Das „spitalhaus an der prukhen“, vor 1322 in der Klampferergasse in der Nähe der Stadtbrücke nachgewiesen, wurde 1327 von Erzbischof Friedrich III. als bürgerliches Versorgungs- und Altersheim gestiftet. Die wirtschaftliche Grundlage dieser Einrichtung bestand in Grund- und Hausbesitz, Nutzungsrechten und Geldzuwendungen (das Bürgerspital avancierte in der Frühen Neuzeit zur wichtigsten Bank und zum bedeutendsten Wirtschaftskörper der Stadt Salzburg).

1350 wurde die Kirche dem hl. Blasius geweiht; der dreijochige Hallenchor im Osten als Sakralraum genutzt, der vierjochige Westteil als „Communestube“. 1410–28 wurde im Westteil eine Empore eingezogen. Von besonderer Bedeutung war der entlang der Mönchsbergwand 1557–62 errichtete und auf zwei obere Stockwerke verteilte Arkadentrakt, der je 15 in den Felsen geschlagene gleich große Pfründnerzellen zur Verfügung stellte, die sich sozial-distinktiv von den „gemeinen“ Stuben absetzten. Um 1600 endgültige Aufhebung der Kirchenherberge, 1898 Verlegung in das zentrale Versorgungshaus Nonntal. Seit 1327 durften die Insassen auch das nachgewiesene Spitalsbad im Badergässchen meist jeden zweiten Montag benützen, um sich zu reinigen und den Aderlass vorzunehmen.

Bruderhaus

Als zweites, wichtiges Hospital fungierte seit 1496 das von Salzburger Bürgern gegründete Bruderhaus St. Sebastian in der Linzer Gasse, das aufgrund seiner Lage – zwischen dem Oster- und dem Galgentor, also noch innerhalb der Stadt, jedoch bereits an der Peripherie – nach dem Bürgerspial rangierte. Im Bruderhaus kann intensivere Krankenpflege als im Bürgerspital nachgewiesen werden, doch mussten Schwerkranke ins Siechenhaus transportiert werden. 1778–1818 (Stadtbrand) lässt sich auch ein „Tollhaus“ für psychisch Erkrankte dokumentieren. 1898 erfolgte ebenfalls die Transferierung der Anstalt in das zentrale Versorgungshaus Nonntal.

St. Johanns-Spital / Landeskrankenhaus / Uniklinikum

Erzbischof Johann Ernst Graf von Thun und Hohenstein stiftete in Mülln für Pilger und Kranke das St. Johanns-Spital, das 1695–1704 von Johann Bernhard Fischer von Erlach ausgeführt wurde, zuerst der linke Flügel als Männerabteilung, dann die Kirche (Weihe 24. Juni 1704) und der rechte Flügel als Frauenabteilung für insgesamt ca. 120 Patienten. Gleichzeitig wurde ein eigener Friedhof angelegt. Dieses Areal bildet den Nukleus des Landeskrankenhauses (Uniklinikum); eine erste Erweiterungsphase erfolgte ab 1890 mit der Errichtung der Augenklinik nach Plänen von Ferdinand Neusser (zuvor existierte bereits die Augenheilanstalt von Rosa Kerschbaumer) und einer Kinderklinik durch Franz von Gruber (Wien), ein Spezialist für Spitalsbauten, 1899. In einer weiteren Phase Errichtung des Kinderspitals im Geiste der Neuen Sachlichkeit nach Plänen von Josef Wojtek 1929–34. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts umfangreiche Erweiterungsbauten, die sich weitgehend am von Fischer von Erlach geschaffenen Typus orientierten; erst der Abschluss der Anlage gegen Westen mit Chirurgie West von Markus Pernthaler / Reinhold Tinchon 2001 und 2011 (zweiter Bauabschnitt) durchbricht dieses System mit einem geschwungenen Baukörper.

Landesnervenklinik / Christian-Doppler-Klinik

Parallel zur ersten Erweiterungsphase des St. Johannsspitals begann die Errichtung der Landesnervenklinik – heute Christian-Doppler-Klinik – 1896–1908. Für die Gestaltung des revolutionären Pavillon-Systems zeichnet August Wallner, für das ärztliche Konzept Josef Schweighofer verantwortlich. Das Unfallkrankenhaus von Paul Geppert, Josef Holzinger, Josef Hawranek und Wolfgang Bauer 1953 repräsentiert trotz nachteiliger Um- und Zubauten den vom Funktionalismus geprägten Spitalsbau der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts; ein Versuch, den hochkomplexen Maschinerien (Otto Kapfinger) im Spitalsbau der Gegenwart etwas entgegenzuwirken, zeigt das der Postmoderne verpflichtete Spital der Diakonie in Salzburg-Aigen von Ganz+Rolfes (Berlin) 1991. Es verbindet die kammartig strukturierte Großform des Spitals mit einem System von Pavillons für Seniorenbetreuung.

Weitere Spitalsbauten siehe Richard Bandian, Wunibald Deininger, Fidelius Schmid.

Lit.:

  • M. Scheutz, A.S. Weiß: S. als Lebensform. Österreichische S.-Ordnungen und S.-Instruktionen der Neuzeit. 2 Bde., Wien 2015.
  • H. Schwerdel-Schmidt: Les Invalides in Salzburg. Fischer von Erlachs St. Johannss. und die Genese des barocken Anstaltenbaues in Österreich und Deutschland. In: Salzburg Archiv. Bd. 28, 2002, S. 61–84.
  • T. Weidenholzer, E. Marx (Hg.): Hundert Jahre „Versorgungshaus“ Nonntal. Salzburg 1998.
  • N. Hibler: Zur Architektur der Krankenhäuser der Stadt Salzburg. Diss. Salzburg 1988.

M.O., R.H., A.S.W.