Osterbräuche

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Die Bräuche des Osterfestkreises umfassen die gesamte Fastenzeit, die Karwoche, das Osterfest und den Zeitraum bis Christi Himmelfahrt.

Die Osterbräuche überschneiden sich teilweise bei katholischen, evangelischen und orthodoxen Christen; im Wesentlichen haben sich zur Zeit des Staatskirchentums die katholischen Bräuche als allgemein herausgebildet. Die Karwoche beginnt mit der Palmprozession am Palmsonntag (nördlich der Alpen seit dem 4. Jahrhundert), bei der „Palmen“, grüne Zweige der Region in einer als besonders bewerteten Anzahl (sieben oder neun Sorten von Palmweide, Stechpalme, Buchsbaum, Wacholder, Zeder, Sebenbaum, Erika, Olivenholz u.a.) gesegnet werden (in Europa seit dem 9. Jahrhundert nachweisbar). Aus der antiken Huldigungspalme entwickelte sich im Glauben der Bevölkerung der Segens- und Abwehrzweig. Im Flachgau werden ganze Palmbuschen in die Felder und Wiesen gesteckt, daher auch große Gebinde aus kleinen Buschen geweiht. Einzelne Palmbuschen werden an Verwandte ohne Landwirtschaft vor der Kirche verschenkt.

In der Woche nach Ostern werden die Zweige der Palmbuschen im Pinzgau, Pongau, Lungau mit Spänen der Weihholzscheiter von der Feuerweihe bei der Auferstehungsfeier zu Kreuzen gebunden und in Felder und Äcker gesteckt. Im Lungau finden sich bänder- und brezengeschmückte Formen der Palmbuschen, ganze ungeschmückte Weidenbäume im Pongau und Tennengau; von Berchtesgaden ausgehend über den Flachgau setzten sich im 20. Jahrhundert Buschen mit bunten Hobelscharten durch. Bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts trugen nur Bauernburschen (die Hoferben) einen großen geschmückten Palmbuschen auf einer Stange zur Kirche und erhielten dafür beim Heimkommen (Wettlauf der Burschen) ein Osterei und Festessen, während die übrige Bevölkerung in Stadt und Land einzelne Zweige oder kleine Sträuße trug (Frauen in der Hand, Männer am Hut).

Mit der Vergrößerung und Idyllisierung der Formen in den letzten Jahrzehnten sowie über Initiative von Organisationen (u.a. Heimatwerk, Landjugend, Pfadfinder, Pfarren) verbreiteten sich diese Sonderformen weithin. Rund um den Palmbuschen entstanden viele Bräuche und volkstümliche Redensarten. Seit dem frühen Mittelalter (10. Jahrhundert Bamberg) wurde in der Palmprozession auch der Einzug Jesu Christi spielhaft nachvollzogen. Auch das Stift Nonnberg besaß einen mittelalterlichen Palmesel. In Puch bei Hallein hat sich der barocke hölzerne Palmesel mit Christusfigur aus Hallein erhalten. In Thomatal im Lungau führte Pfarrer Valentin Pfeiffenberger den Ritt auf dem lebenden Palmesel in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder ein und fand Nachahmung in Hintersee. Diese im Barock weitverbreiteten Figurationen waren 1783 von Kaiser Josef II. für das Reich und 1785 von Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo neben vielen anderen Bräuchen verboten worden; die Objekte mussten abgeliefert oder zerstört werden; nur wenige haben sich erhalten.

Als Relikt barocker Passions- und Osterspiele ist auch das Leiden-Christi-Singen zu bezeichnen. Das spätbarocke Passions-Spiel Pinzgau (Salzburger Passion, Handschrift im Salzburg Museum), vermutlich für Maria Kirchental (Wallfahrt) geschrieben, wurde vom Salzburger Komponisten Cesar Bresgen inhaltlich gekürzt (u.a. Kreuztragung und Sterbeszene im nationalsozialistischen Geist eliminiert), bearbeitet und mit Volksliedern angereichert. Nach ersten Versuchen in Großgmain wird die Salzburger Passion seit 1983 vereinzelt in den Wallfahrtskirchen Großgmain und Maria Kirchental aufgeführt. Im Mittelpunkt steht das Loferlied aus dem Besitz einer Holsteiner Familie, deren Vorfahre Claas Schütt 1598 nach mehrjähriger Gefangenschaft in St. Martin bei Lofer geflohen war.

Für die Tage der Karwoche gelten für viele Salzburger noch Bräuche und religiöse wie abergläubische Bedeutungen. Am Gründonnerstag (grün von greinen, weinen), dem „Antlaßpfingstag“ (einst der Tag, an dem neu zu Taufende aus der Kirchenbuße entlassen wurden), werden grüne Speisen aus Kräutern und Spinat gegessen. Vielfach werden in den Kirchen wieder Heilige Gräber errichtet, die v.a. in der Barockzeit (Höhepunkt 14. Jahrhundert und Gegenreformation), ebenso wie die figurierten Schauprozessionen in der Karwoche, große Bedeutung in der volkstümlichen Verehrung hatten. Das Heilige Grab im Salzburger Dom ist ab 1545 urkundlich erwähnt, die Generalvisitationen 1658–83 weisen eine Fülle aus (etwa das Heilige Grab der Corporis-Christi-Bruderschaft in der Roten Bruderschaftskapelle in der Kaigasse, 17. Jahrhundert, oder die Grabwache der Dürrnberger Bergleute). Seit 1997 wird im Stift St. Peter das wiederentdeckte barocke Heilige Grab aufgebaut. Auf Initiative des Heimatwerks entstehen in den letzten Jahren kunsthandwerklich und in Laienarbeit nach dem Vorbild spätbarocker Andachtsgegenstände wieder Fastenkrippen, Arma-Christi-Kreuze (mit Leidenswegzeugen), Abendmahl- und Ölbergszenen.

Vereinzelt laufen vom Zeitpunkt der Ölbergandacht Christi bis zur Auferstehungsfeier noch Ratscherbuben in den Ortschaften, ein Brauch, dessen Einführung für Laufen an der Salzach zur Zeit der Gegenreformation dokumentiert ist. Das Ratschen stellt eine von den Reformationsorden volkstümlich erweiterte Form des Gebetsklapperns (im 8. Jahrhundert aus der Liturgie des jüdischen Purimfestes übernommen) in den „Pumpermetten“, Trauermetten der Gründonnerstag- und Karfreitagnacht, dar. Es ist Aufgabe der Ministranten, die für das außerkirchliche Ratschen Gaben (Ostereier, Fleisch, Brot und Geld zur Aufbesserung ihres Jahreslohnes) erhielten. Nach der Volksmeinung fliegen die Kirchenglocken beim Gloria der Gründonnerstagsmesse nach Rom und kehren erst zur Auferstehungsfeier wieder. Ihr Läuten wird durch Klanghölzer ersetzt. In Salzburg waren Fähnchenratschen (vgl. Kinder- oder Berchtesgadener Symphonie, neuerdings Edmund Angerer zugeschrieben), Klappern und große Kastenratschen (auf Kirchtürmen, vor den Kirchen) in Gebrauch. In der NS-Zeit wurde das Ratschen zu heidnisch-germanischem Lärmzauber umgedeutet. Das Ratschen verschwand erst nach dem Zweiten Weltkrieg im Zuge der veränderten Lebensbedingungen am Land.

Dagegen entwickelt sich in städtischen Pfarren vielfach anstelle der Karfreitagsandacht zur Sterbestunde Christi ein bekenntnishafter Gang über Straßen und Plätze. Die bis ins vorige Jahrhundert weithin üblichen Fastenbrezen, Geschenke für die erfüllte Osterbeichte, werden heute nur noch im Lungau gebacken. Noch heute gelten jene Eier, die Hennen von Gründonnerstag bis Karfreitag legen, als „Antlaßeier“ mit besonderer Segenswirkung. Sie werden, wie die Palmkätzchen, gegen Halsweh und Krankheiten gegessen, dem Vieh eingegeben, in Lawinen- und Murenhängen vergraben, gegen Blitz und Feuer über das Hausdach geworfen oder unter den Firstbalken gelegt. Gesondert gefärbt zählen sie zu den bedeutsamen Ostergeschenken. „Die Weich“, der Weihkorb für die Segnung der Speisen nach der Osternachtsliturgie und am Ostersonntag, wird vielfach in der Form der Senninnenkörbe mit gestickten Tüchern geschmückt oder umwunden. Er enthält die traditionellen Osterspeisen, Rauchfleisch, weißes Osterbrot, Eier (oft traditionell mit Zwiebelschalen marmoriert oder mit Kräuterdruck verziert), Salz und Kren. Die Butter dafür wird gerne aus einem Model mit Segenszeichen geschlagen, zu einem Lamm modelliert oder wie im Lungau zu einem Weihstock aus Model und Lamm aufgebaut.

Im Lungau wird aus ca. sieben kg Butter ein reich verzierter Butterstock für die Osterspeisenweihe mit vier Modeln (eingeschnittene religiöse Motive) und einem quadratischen Pyramidenstumpf hergestellt, der mit gedrehten Buttersäulen an den Kanten, Butterstreuseln auf der Deckplatte und einem mit Modeln gefertigten Butterosterlamm verziert wird. Vereinzelt wird diesen Lämmern noch eine Kreuzfahne beigegeben. Biskuitlämmer in alten und neuen Formen schmücken Ostertische wie Schaufenster. Die Milchgebäckhasen stellen eine neue Form dar, ebenso wie die Ostereiersträuße, die erst ab den 1920er-Jahren immer weitere Verbreitung fanden und in der NS-Zeit als antikirchliches Symbol gefördert wurden. Historische Osterbrote waren weiße Scheibenbrote und große Weißbrote (Flachgauer Schlögel). Kränze aus Buchsbaum und gefärbten Ostereiern zieren heute auch in Salzburg die Haustüren, ein Brauch, der über Medien und Wirtschaft aus Schwaben in den letzten Jahrzehnten zu uns kam. Die Ostereierspiele der Kinder und Erwachsenen sind im Verschwinden begriffen. Dagegen entstehen immer mehr karitative und gewerbliche Ostermärkte, die teils auch zu kreativem Gestalten anregen.

Osterfeuer sind Holzstapel auf weithin sichtbaren Höhen bzw. in der Nähe von Bauernhöfen, die auf Privatinitiative nach der Auferstehungsfeier am Karsamstag (oft mit dem vom kirchlichen Osterfeuer mitgebrachten Funken) als Freudenfeuer entzündet werden. Eine Sonderform stellen die Lungauer Osterfeuer dar, vier bis sechs Meter hohe „Kästen“ in Form eines Pyramidenstumpfes, die von sieben bis acht Burschen aus Holzstämmen und Brettern gezimmert, genagelt und mit Reisig gefüllt werden. Wie weit sich in den Osterfeuern auch vorchristliche Bräuche erhalten haben, ist heute schwer zu sagen. Die NS-Zeit förderte Osterfeuer als germanische Relikte und gemeinschaftsbildende Fanale von der SS ausgehend bis in alle Unterorganisationen und gab dazu Schulungshefte heraus. Im benachbarten Tirol etwa dienten Osterfeuer während der NS-Zeit auch zu Geheimtreffen des katholischen Widerstandes. Heute sind die Landesgesetze dazu zu beachten.

Das Böllerschießen in der Osternacht wird nur noch vereinzelt geübt, auch die Osterritte, „Emmausritte“, sind mit dem Abkommen der Pferde im Alltag verschwunden.

Lit.:

  • U. Kammerhofer: Osterbräuche. In: L. Luidold u.a. (Hg.): Bräuche im Salzburger Land. CD-ROM 2. Salzburg 2003.
  • U. Kammerhofer-Aggermann: Karwochenratschen in der Stadt Salzburg. In: Museumsgespräche Spittal 1992.
  • D. R. Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Brauchformen der Gegenwart in kulturgeschichtlichen Zusammenhängen. Graz 1983.

U.K.