Vincenzo Scamozzi: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Scamozzi, Vincenzo''', * Vicenza 1552, † Venedig 7. 8. 1616, ital. Architekt, Ingenieur und Architekturtheoretiker.
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Vincenzo '''Scamozzi''', * 2. September 1548 in Vicenza, † 7. August 1616 in Venedig, Architekt, Ingenieur und Architekturtheoretiker. Ausbildung bei seinem Vater, ab 1572 Studium in Venedig, 1578–80 Aufenthalte in Neapel und Rom, 1599/1600 Reise durch Mitteleuropa und Frankreich, danach ließ er sich in Venedig nieder. 1603/04 Reise nach Salzburg.
  
Das →SMCA verwahrt eine signierte und 1606 datierte Grundrisszeichnung für den von S. geplanten Domneubau in Salzburg. 1969 tauchte in London ein weiteres, bisher vermisstes Ergänzungsblatt auf, das sich seither in Montreal befindet. Es zeigt den Querschnitt und die Fassadenansicht des Projekts, das vermutlich wegen seines Riesenausmaßes nicht verwirklicht wurde. Geplant war ein dreischiffiger Longitudinalbau mit überkuppelter Vierung, mit dreischiffigen, ausladenden Querarmen und einem großzügig angelegten Presbyterium, über dem eine zweite Kuppel angeordnet ist. Chor und Querarme werden durch mächtige Konchen geschlossen, um die schmale Umgänge gelegt sind. Dem Langhaus ist in seiner vollen Breite eine Vorhalle vorgesetzt. Der Außenbau erhebt sich auf einem hohen Sockel. Die äußere und innere Wandgliederung erfolgt durch Halbsäulen. An der Fassade und beiderseits der Querschiffkonchen sind Eingänge über Treppen vorgesehen.
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Auftrag von Erzbischof [[Wolf Dietrich von Raitenau]] für einen neuen [[Dom]] nach Brand und Abbruch des mittelalterlichen Baus. Drei Pläne sind für dieses nicht realisierte Domprojekt bekannt, ein Grundriss (1606) und ein Längsschnitt (ca. 1612/14) im [[Salzburg Museum]] sowie ein 1969 in London aufgetauchtes Blatt mit Querschnitt und Fassade (1607), heute im Canadian Centre for Architecture, Montreal. Geplant war ein dreischiffiger Longitudinalbau mit überkuppelter Vierung, mit dreischiffigen, ausladenden Querarmen und einem großzügig angelegten Presbyterium, über dem eine zweite Kuppel angeordnet ist. Chor und Querarme werden durch mächtige Konchen geschlossen, um die schmale Umgänge gelegt sind. Dem Langhaus ist in seiner vollen Breite eine Vorhalle vorgesetzt. Der Außenbau erhebt sich auf einem hohen Sockel. Die äußere und innere Wandgliederung erfolgt durch Halbsäulen. An der Fassade und beiderseits der Querschiffkonchen sind Eingänge über Treppen vorgesehen.
  
Woher der Kontakt Eb. →Wolf Dietrichs zu diesem gefeierten Palladio-Schüler rührt, den er für den Neubau des 1598 abgebrannten ma. Domes ausersehen hat, ist nicht bekannt. Urk. gesichert ist nur der Salzburg-Aufenthalt S.s im Winter 1603/04. Hauptgegenstand seiner Reise müssen Besprechungen über die Fortführung der Stadtregulierung in Verbindung mit dem Bau des neuen Domes und Erweiterungen von →Residenz und Neubau gewesen sein. In seinem theoretischen Hauptwerk »Dell’idea della architettura universale« (1615) schreibt S., daß er vom Eb. für die Entwürfe des Domes und für die Verbesserung und Erweiterung des Neuen Palastes durch einen Festsaalbau zur Salzach und Gartenanlagen an beiden Seiten nach Salzburg berufen worden sei.
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Dass sich Scamozzi eingehend mit den lokalen Gegebenheiten auseinandergesetzt hatte, geht daraus hervor, dass er in seiner sechs Bände umfassenden Schrift ''L’idea della architettura universale'' (Venedig 1615) die in Salzburg vorkommenden Gesteinssorten sowie deren Verwendbarkeit nennt und weiters die in Salzburg gebräuchlichen Längenmaße mit denen anderer europäischer Städte vergleicht. Scamozzi hielt sich zu Beginn der großen Stadtregulierung durch Erzbischof Wolf Dietrich (1604–12) in Salzburg auf; diese steht mit den Forderungen Scamozzis an eine Idealstadt weitgehend in Übereinstimmung. Wolf Dietrich ließ 55 Häuser sowie den Palast seines Bruders Jakob Hannibal im Dombezirk abbrechen, um den Freiraum für die großen Platzanlagen um den Dom zu schaffen, die seine Nachfolger vollendeten und die Salzburg besonders auszeichnen.
  
Dass sich S. eingehend mit den lokalen Gegebenheiten auseinandergesetzt hat, geht daraus hervor, daß er in seiner »Idea« die in Salzburg vorkommenden Gesteinssorten und deren Verwendbarkeit nennt, weiters die in Salzburg gebräuchlichen Längenmaße mit denen anderer europ. Städte vergleicht. S. hielt sich in Salzburg zu Beginn der großen Stadtregulierung Wolf Dietrichs (1604-12) auf, die weitgehend mit den Forderungen S.s an eine Idealstadt in Übereinstimmung gesehen werden kann. Wolf Dietrich ließ 55 Häuser sowie den Palast seines Bruders Jakob Hannibal im Dombezirk abbrechen, um den Freiraum für die großen Platzanlagen um den Dom zu erhalten, die seine Nachfolger vollendeten und die Salzburg besonders auszeichnen.  
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Lit.:
  
Literatur:
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* W. Schlegel: Baumaßnahmen des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau (1587–1612) In: Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege, 63, Nr. 1/2, 2009.
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* R. Franz: V.S. (1546–1616). Der Nachfolger und Vollender Palladios. Petersberg 1999.
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* W. Lippmann: V.S. und sein Projekt für den Salzburger Dom. In: Zeitschrift des ÖIAV 12 (1995), S. 235–439.
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* G.W. Seunig: Die städtebauliche Entwicklung der Stadt Salzburg unter Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau. Diss. Univ. Zürich 1981.
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* W. Timofiewitsch: Die Grundrißzeichnung V.S. im SMCA. In: FS. f. K. Oettinger, Erlangen 1967, S. 411ff.
  
* R. Franz: V. S. (1546-1616); der Nachfolger und Vollender Palladios. Studien internationaler Architektur- und Kunstgeschichte 3, Petersberg 1999.
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M.O., P.​Hu.
* W. Lippmann: Vincenzo Scamozzi und sein Projekt für den Salzburger Dom. In: Zeitschrift des ÖIAV 12 (1995), S. 235-439.
 
* G.W. Seunig: Die städtebauliche Entwicklung der Stadt Salzburg unter Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau. Diss. Zürich 1981.
 
* W. Timofiewitsch: Die Grundrißzeichnung Vincenzo Scamozzis im SMCA. In: FS. f. K. Oettinger, Erlangen 1967, S. 411 ff.
 
* R. K. Donin: V. S. und der Einfluß Venedigs auf die Salzburger Architektur. Innsbruck 1948.
 
 
 
M.O.
 
  
 
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Aktuelle Version vom 14. Mai 2021, 10:01 Uhr

Scamozzi, Vincenzo - InvNr RO 0060.jpg

Vincenzo Scamozzi, * 2. September 1548 in Vicenza, † 7. August 1616 in Venedig, Architekt, Ingenieur und Architekturtheoretiker. Ausbildung bei seinem Vater, ab 1572 Studium in Venedig, 1578–80 Aufenthalte in Neapel und Rom, 1599/1600 Reise durch Mitteleuropa und Frankreich, danach ließ er sich in Venedig nieder. 1603/04 Reise nach Salzburg.

Auftrag von Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau für einen neuen Dom nach Brand und Abbruch des mittelalterlichen Baus. Drei Pläne sind für dieses nicht realisierte Domprojekt bekannt, ein Grundriss (1606) und ein Längsschnitt (ca. 1612/14) im Salzburg Museum sowie ein 1969 in London aufgetauchtes Blatt mit Querschnitt und Fassade (1607), heute im Canadian Centre for Architecture, Montreal. Geplant war ein dreischiffiger Longitudinalbau mit überkuppelter Vierung, mit dreischiffigen, ausladenden Querarmen und einem großzügig angelegten Presbyterium, über dem eine zweite Kuppel angeordnet ist. Chor und Querarme werden durch mächtige Konchen geschlossen, um die schmale Umgänge gelegt sind. Dem Langhaus ist in seiner vollen Breite eine Vorhalle vorgesetzt. Der Außenbau erhebt sich auf einem hohen Sockel. Die äußere und innere Wandgliederung erfolgt durch Halbsäulen. An der Fassade und beiderseits der Querschiffkonchen sind Eingänge über Treppen vorgesehen.

Dass sich Scamozzi eingehend mit den lokalen Gegebenheiten auseinandergesetzt hatte, geht daraus hervor, dass er in seiner sechs Bände umfassenden Schrift L’idea della architettura universale (Venedig 1615) die in Salzburg vorkommenden Gesteinssorten sowie deren Verwendbarkeit nennt und weiters die in Salzburg gebräuchlichen Längenmaße mit denen anderer europäischer Städte vergleicht. Scamozzi hielt sich zu Beginn der großen Stadtregulierung durch Erzbischof Wolf Dietrich (1604–12) in Salzburg auf; diese steht mit den Forderungen Scamozzis an eine Idealstadt weitgehend in Übereinstimmung. Wolf Dietrich ließ 55 Häuser sowie den Palast seines Bruders Jakob Hannibal im Dombezirk abbrechen, um den Freiraum für die großen Platzanlagen um den Dom zu schaffen, die seine Nachfolger vollendeten und die Salzburg besonders auszeichnen.

Lit.:

  • W. Schlegel: Baumaßnahmen des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau (1587–1612) In: Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege, 63, Nr. 1/2, 2009.
  • R. Franz: V.S. (1546–1616). Der Nachfolger und Vollender Palladios. Petersberg 1999.
  • W. Lippmann: V.S. und sein Projekt für den Salzburger Dom. In: Zeitschrift des ÖIAV 12 (1995), S. 235–439.
  • G.W. Seunig: Die städtebauliche Entwicklung der Stadt Salzburg unter Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau. Diss. Univ. Zürich 1981.
  • W. Timofiewitsch: Die Grundrißzeichnung V.S. im SMCA. In: FS. f. K. Oettinger, Erlangen 1967, S. 411ff.

M.O., P.​Hu.