Wolf Dietrich von Raitenau: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Wolf Dietrich von Raitenau''', * Lochau bei Bregenz 26. 3. 1559, † Salzburg 16. 1. 1617, Eb. von Salzburg 1587-1612.
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Wolf Dietrich von '''Raitenau''', * 26. März 1559 in Lochau bei Bregenz, † 16. Jänner 1617 in Salzburg, Erzbischof von Salzburg 1587–1612.
  
W. wurde geprägt vom militärischen Vater und von einem Aufenthalt am Collegium Germanicum in Rom. Er kam im Alter von 28 Jahren zur Regierung und wurde zum unbedingten Verfechter des fürstlichen Absolutismus im Sinne Machiavellis, zum autoritären Regenten vor allem gegenüber dem Domkapitel, das keinerlei Aussicht auf Realisierung seiner Wahlkapitulation hatte, sondern im Gegenteil durch das »Ewige Statut« dem Landesfürsten noch rigoroser unterworfen wurde. Auch die Landstände wurden nach 1592 nicht mehr einberufen. Selbst der kleinliche Streit mit Bischof Sebastian Cattaneo von Chiemsee trägt extrem autoritäre Züge. Seine Schul- und Gesundheitspolitik zeigte durchaus moderne Züge, seine Kirchenpolitik war im Sinne der Gegenreformation. Gegen Protestanten ging er mit dem Einsatz von Kapuzinern und Augustiner-Eremiten sowie mit ersten Ausweisungsmandaten vor, die Wiedertäufer wurden erbarmungslos verfolgt. Erst in späteren Jahren ließ sein militanter Glaubenseifer nach. In der Steuerpolitik bemühte sich der Eb. um eine größere Abgabengerechtigkeit, kritische Äußerungen darüber verfolgte er mit aller Schärfe. So ließ er den Zeller Pfleger Kaspar Vogel hinrichten, ein Justizmord, den W. allerdings später büßen musste. Im wirtschaftlichen Bereich förderte W. den Halleiner Salzabbau nach Kräften, wodurch sich der Gegensatz zu Herzog Maximilian I. von Bayern ständig verschärfte. Diese Animosität wurde noch durch das undiplomatische Verhalten des Eb. gegenüber Bayern in der Frage der 1609 gegründeten kath. »Liga« vertieft, der beizutreten W. strikt ablehnte. Verscherzte er sich schon dabei viele Sympathien, so ist es vor allem die Salzburger Politik während des Türkenkrieges Kaiser Rudolfs II. (1592-1606) gewesen, die durch die inkonsequente Unterstützungsbereitschaft W.s viel politisches Porzellan zerschlug. Zu vielen berechtigten und noch mehr unberechtigten Vorwürfen gegen den Raitenauer kam noch seine persönliche Beziehung zu Salome Alt, die ihm15 Kinder gebar. Als sich W. im Oktober 1611 zu einem Handstreich gegen Berchtesgaden hinreißen ließ, rückte der Bayernherzog mit Waffengewalt ins Erzstift; der Eb. musste fliehen, wurde gefangengenommen, zur Abdankung gezwungen und bis zu seinem Tod (1617) auf der →Festung Hohensalzburg in Haft gehalten. Alle Versuche zur Befreiung oder zur Linderung der Haftbedingungen scheiterten. Dieses tragische Ende W.s hat ihm die Sympathien bis heute bewahrt. Unter seinen Verdiensten steht die Kulturpolitik an erster Stelle.Wenn er auch vieles Alte und Wertvolle demolieren ließ, so wurde er doch der Bauherr des barocken Salzburg, der Protektor einer modernen Stadt und der Förderer und Mäzen aller schönen Künste.
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Wolf Dietrich wurde geprägt vom militärischen Vater und von einem Aufenthalt am Collegium Germanicum in Rom. Er kam im Alter von 28 Jahren zur Regierung und wurde zum unbedingten Verfechter des fürstlichen Absolutismus im Sinne Machiavellis, zum autoritären Regenten v.a. gegenüber dem Domkapitel, das keinerlei Aussicht auf Realisierung seiner Wahlkapitulation hatte, sondern im Gegenteil durch das ''Ewige Statut'' dem Landesfürsten noch rigoroser unterworfen wurde. Auch die Landstände wurden nach 1592 nicht mehr einberufen. Selbst der kleinliche Streit mit Bischof Sebastian Cattaneo von Chiemsee war extrem autoritär geprägt.
  
Literatur:
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Seine Schul- und Gesundheitspolitik zeigte durchaus moderne Züge, seine Kirchenpolitik war im Sinne der Gegenreformation. Gegen Protestanten ging er mit dem Einsatz von Kapuzinern und Augustiner-Eremiten sowie mit ersten Ausweisungsmandaten vor, die Wiedertäufer wurden erbarmungslos verfolgt. Erst in späteren Jahren ließ sein militanter Glaubenseifer nach. In der Steuerpolitik bemühte sich der Erzbischof um eine größere Abgabengerechtigkeit, kritische Äußerungen darüber verfolgte er mit aller Schärfe. So ließ er den Zeller Pfleger Kaspar Vogel hinrichten, ein Justizmord, den Wolf Dietrich allerdings später büßen musste.
  
* Kat. Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau. Gründer des barocken Salzburg, Salzburg 1987.
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Im wirtschaftlichen Bereich förderte Wolf Dietrich den Halleiner Salzabbau nach Kräften, wodurch sich der Gegensatz zu Herzog Maximilian I. von Bayern ständig verschärfte. Diese Animosität wurde noch durch das undiplomatische Verhalten des Erzbischofs gegenüber Bayern in der Frage der 1609 gegründeten katholischen Liga vertieft, der beizutreten Wolf Dietrich strikt ablehnte. Verscherzte er sich schon dabei viele Sympathien, so ist es v.a. die Salzburger Politik während des Türkenkrieges Kaiser Rudolfs II. (1592–1606) gewesen, die durch die inkonsequente Unterstützungsbereitschaft Wolf Dietrichs viel politisches Porzellan zerschlug.
* E. Stahl: W. D. v. Salzburg. Weltmann auf dem Bischofsthron, Wien-München 21987.
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* F. Martin: Salzburgs Fürsten der Barockzeit. Salzburg 41982, S. 13 ff.
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Zu vielen berechtigten, aber noch mehr unberechtigten Vorwürfen gegen den Raitenauer kam noch seine Beziehung zu Salome Alt, die ihm 15 Kinder gebar. Als sich Wolf Dietrich im Oktober 1611 zu einem Handstreich gegen Berchtesgaden hinreißen ließ, rückte der Bayernherzog mit Waffengewalt ins Erzstift; der Erzbischof musste fliehen, wurde gefangengenommen, zur Abdankung gezwungen und bis zu seinem Tod (1617) auf der [[Festung Hohensalzburg]] in Haft gehalten. Alle Versuche zur Befreiung oder zur Linderung der Haftbedingungen scheiterten. Dieses tragische Ende Wolf Dietrichs hat ihm die Sympathien bis heute bewahrt. Unter seinen Verdiensten steht die Kulturpolitik an erster Stelle. Wenn er auch vieles Alte und Wertvolle demolieren ließ, so wurde er doch der Bauherr des barocken Salzburg, der Protektor einer modernen Stadt und der Förderer und Mäzen aller schönen Künste.
* W. Erben: Zur Beurteilung des Salzburger Eb. W. D. v. Raitenau. In: MGSLK 42, 1902, S. 50 ff.
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* A. Ducke, T. Habersatter (Hg.): Kat. W.D.v.R. Auf den Spuren des Fe. im DomQuartier Salzburg. Salzburg 2017.
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* Kat. Fe. W.D.v.R. Gründer des barocken Salzburg, Salzburg 1987.
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* E. Stahl: W.D. v. Salzburg. Wien 1987.
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* F. Martin: Salzburgs Fürsten der Barockzeit. Salzburg 1982, S. 13ff.
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* W. Erben: Zur Beurteilung des Salzburger Eb. W.D.v.R. In: MGSLK 42, 1902, S. 50ff.
  
 
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Aktuelle Version vom 23. Mai 2021, 15:56 Uhr

Wolf Dietrich von Raitenau, * 26. März 1559 in Lochau bei Bregenz, † 16. Jänner 1617 in Salzburg, Erzbischof von Salzburg 1587–1612.

Wolf Dietrich wurde geprägt vom militärischen Vater und von einem Aufenthalt am Collegium Germanicum in Rom. Er kam im Alter von 28 Jahren zur Regierung und wurde zum unbedingten Verfechter des fürstlichen Absolutismus im Sinne Machiavellis, zum autoritären Regenten v.a. gegenüber dem Domkapitel, das keinerlei Aussicht auf Realisierung seiner Wahlkapitulation hatte, sondern im Gegenteil durch das Ewige Statut dem Landesfürsten noch rigoroser unterworfen wurde. Auch die Landstände wurden nach 1592 nicht mehr einberufen. Selbst der kleinliche Streit mit Bischof Sebastian Cattaneo von Chiemsee war extrem autoritär geprägt.

Seine Schul- und Gesundheitspolitik zeigte durchaus moderne Züge, seine Kirchenpolitik war im Sinne der Gegenreformation. Gegen Protestanten ging er mit dem Einsatz von Kapuzinern und Augustiner-Eremiten sowie mit ersten Ausweisungsmandaten vor, die Wiedertäufer wurden erbarmungslos verfolgt. Erst in späteren Jahren ließ sein militanter Glaubenseifer nach. In der Steuerpolitik bemühte sich der Erzbischof um eine größere Abgabengerechtigkeit, kritische Äußerungen darüber verfolgte er mit aller Schärfe. So ließ er den Zeller Pfleger Kaspar Vogel hinrichten, ein Justizmord, den Wolf Dietrich allerdings später büßen musste.

Im wirtschaftlichen Bereich förderte Wolf Dietrich den Halleiner Salzabbau nach Kräften, wodurch sich der Gegensatz zu Herzog Maximilian I. von Bayern ständig verschärfte. Diese Animosität wurde noch durch das undiplomatische Verhalten des Erzbischofs gegenüber Bayern in der Frage der 1609 gegründeten katholischen Liga vertieft, der beizutreten Wolf Dietrich strikt ablehnte. Verscherzte er sich schon dabei viele Sympathien, so ist es v.a. die Salzburger Politik während des Türkenkrieges Kaiser Rudolfs II. (1592–1606) gewesen, die durch die inkonsequente Unterstützungsbereitschaft Wolf Dietrichs viel politisches Porzellan zerschlug.

Zu vielen berechtigten, aber noch mehr unberechtigten Vorwürfen gegen den Raitenauer kam noch seine Beziehung zu Salome Alt, die ihm 15 Kinder gebar. Als sich Wolf Dietrich im Oktober 1611 zu einem Handstreich gegen Berchtesgaden hinreißen ließ, rückte der Bayernherzog mit Waffengewalt ins Erzstift; der Erzbischof musste fliehen, wurde gefangengenommen, zur Abdankung gezwungen und bis zu seinem Tod (1617) auf der Festung Hohensalzburg in Haft gehalten. Alle Versuche zur Befreiung oder zur Linderung der Haftbedingungen scheiterten. Dieses tragische Ende Wolf Dietrichs hat ihm die Sympathien bis heute bewahrt. Unter seinen Verdiensten steht die Kulturpolitik an erster Stelle. Wenn er auch vieles Alte und Wertvolle demolieren ließ, so wurde er doch der Bauherr des barocken Salzburg, der Protektor einer modernen Stadt und der Förderer und Mäzen aller schönen Künste.

Lit:

  • A. Ducke, T. Habersatter (Hg.): Kat. W.D.v.R. Auf den Spuren des Fe. im DomQuartier Salzburg. Salzburg 2017.
  • Kat. Fe. W.D.v.R. Gründer des barocken Salzburg, Salzburg 1987.
  • E. Stahl: W.D. v. Salzburg. Wien 1987.
  • F. Martin: Salzburgs Fürsten der Barockzeit. Salzburg 1982, S. 13ff.
  • W. Erben: Zur Beurteilung des Salzburger Eb. W.D.v.R. In: MGSLK 42, 1902, S. 50ff.

R.R.H.