Albert Birkle: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Albert '''Birkle''', * 21. April 1900 in Berlin-Charlottenburg, † 29. Jänner 1986 in Salzburg; Maler. | |
− | Albert '''Birkle''', * 21. April 1900 in Berlin-Charlottenburg, † 29. Jänner 1986 in Salzburg | ||
Als sich Birkle 1932 in Salzburg ansiedelte, konnte er bereits auf ein bemerkenswertes Frühwerk verweisen. | Als sich Birkle 1932 in Salzburg ansiedelte, konnte er bereits auf ein bemerkenswertes Frühwerk verweisen. | ||
− | Das Berlin der 20er Jahre formte den Sohn eines Dekorationsmalers zum engagierten Künstler vom Schlage eines Dix, Grosz und Beckmann. Birkle prangerte Arbeiterelend, Großstadtlaster und Entmenschung an, indem er sie – typisch für seine Stellung zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit – ins Phantastische, Spuk- und Zerrbildhafte überzeichnete und vielfach in einen direkten Bezug zur christlichen Passion stellte. | + | Das Berlin der 20er-Jahre formte den Sohn eines Dekorationsmalers zum engagierten Künstler vom Schlage eines Dix, Grosz und Beckmann. Birkle prangerte Arbeiterelend, Großstadtlaster und Entmenschung an, indem er sie – typisch für seine Stellung zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit – ins Phantastische, Spuk- und Zerrbildhafte überzeichnete und vielfach in einen direkten Bezug zur christlichen Passion stellte. |
''Die Große Kreuzigung'', in ihrer expressiven Deformation an Spätmittelalterliches (Grünewald) anschließend, erregte schon 1922 großes Aufsehen. Auch im Porträt äußerte sich die Ambivalenz zwischen stechendem Pathos und dumpfem Fatalismus in grotesker Physiognomik. Gewissermaßen antithetisch zu den Straßenbildern malte Birkle Landschaften von nicht minder übersteigerter Idyllik. Der oftmals durchbrechende unheilvolle Unterton milderte sich in den folgenden Jahren in Richtung Heimatkunst. Die Umgebung seines Salzburger Künstlerheims am Gaisberg regte ihn zu pessimistisch gestimmten Landschaften und Darstellungen von Außenseitern der Gesellschaft an. | ''Die Große Kreuzigung'', in ihrer expressiven Deformation an Spätmittelalterliches (Grünewald) anschließend, erregte schon 1922 großes Aufsehen. Auch im Porträt äußerte sich die Ambivalenz zwischen stechendem Pathos und dumpfem Fatalismus in grotesker Physiognomik. Gewissermaßen antithetisch zu den Straßenbildern malte Birkle Landschaften von nicht minder übersteigerter Idyllik. Der oftmals durchbrechende unheilvolle Unterton milderte sich in den folgenden Jahren in Richtung Heimatkunst. Die Umgebung seines Salzburger Künstlerheims am Gaisberg regte ihn zu pessimistisch gestimmten Landschaften und Darstellungen von Außenseitern der Gesellschaft an. | ||
− | Auch während des Krieges, in dem er sich als Kriegsmaler zur Verfügung stellte, blieb Birkle seiner künstlerischen Auffassung treu und konnte sich nur mit Mühe und dank guter Beziehungen vor dem drohenden Verdikt als „entarteter Künstler“ retten. 1940 | + | Auch während des Krieges, in dem er sich als Kriegsmaler zur Verfügung stellte, blieb Birkle seiner künstlerischen Auffassung treu und konnte sich nur mit Mühe und dank guter Beziehungen vor dem drohenden Verdikt als „entarteter Künstler“ retten. 1940 führte Albert Birkle einen Freskoauftrag in der Erzherzog-Rainer-Kaserne (jetzt Red Bull Headquarter) in Elsbethen-Glasenbach aus (siehe [[Wandmalerei]]). |
− | + | Nach dem Krieg fand Birkle eine neue Form künstlerischen Engagements im sakralen Glasfenster, das bei ihm vereinzelt in die 30er-Jahre zurückreicht. Beginnend mit der Salzburger Blasiuskirche (1947–50) schuf er Fensterzyklen u.a. in Graz, Konstanz und Washington und tauschte damit seine koloristisch eher verhaltene, von filigraner Präzision geprägte Malweise gegen kräftige Stilisierung und intensive Leuchtkraft ein. Besonders eindringliche Wirkung erzielte er in der von ihm bevorzugten Dalle-Betonglastechnik. Gleichzeitig entstand ein umfangreiches zeichnerisches Werk, dessen zeitkritische Schärfe und anklägerisches Pathos vielfach ins Bizarre oder Apokalyptische überspannt ist. Ab ca. 1975, als sein malerisches Frühwerk wiederentdeckt wurde, widmete sich Birkle wieder stärker der Ölmalerei, die stilistisch im Zeichen eines unbändigen „Altersexpressionismus“ steht. | |
− | Nach dem Krieg fand Birkle eine neue Form künstlerischen Engagements im sakralen Glasfenster, das bei ihm vereinzelt in die 30er Jahre zurückreicht. Beginnend mit der Salzburger Blasiuskirche (1947–50) schuf er Fensterzyklen u.a. in Graz, Konstanz und Washington und tauschte damit seine koloristisch eher verhaltene, von filigraner Präzision geprägte Malweise gegen kräftige Stilisierung und intensive Leuchtkraft ein. Besonders eindringliche Wirkung erzielte er in der von ihm bevorzugten Dalle-Betonglastechnik. Gleichzeitig entstand ein umfangreiches zeichnerisches Werk, dessen zeitkritische Schärfe und anklägerisches Pathos vielfach ins Bizarre oder Apokalyptische überspannt ist. Ab ca. 1975, als sein malerisches Frühwerk wiederentdeckt wurde, widmete sich Birkle wieder stärker der Ölmalerei, die stilistisch im Zeichen eines unbändigen „Altersexpressionismus“ steht. | + | |
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+ | Datei:Birkle, Albert, Bergwiese mit Bauern, 1932, Öl auf Pappe, 51,5 x 71,5 cm, Privatsammlung Salzburg, Foto M. Baschata.jpg|Bergwiese mit Bauern (1932) | ||
+ | Datei:Birkle, Albert, Glasfenster in der Bürgerspitalskirche St. Blasius, 1948, Detail linkes Fenster. VG Bild-Kunst, Bonn, Foto M. Baschata.JPG|Glasfenster in der Bürgerspitalskirche St. Blasius (1948) | ||
+ | Datei:Birkle, Albert, Überlingen am Bodensee - Landungsstelle, Öl auf Pappe, 49,7 x 69,7 cm, Privatsammlung Salzburg, Foto M. Baschata.jpg|Landungsstelle Überlingen am Bodensee | ||
+ | Datei:Birkle, Albert, Aufbruch Barbarossas aus dem Untersberg, 1940, Fresko an der ehem. Erzherzog-Rainer-Kaserne in Elsbethen. VG Bild-Kunst Bonn, Foto M. Baschata.JPG|Fresko an der ehem. Erzherzog-Rainer-Kaserne in Elsbethen, 1940 | ||
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Aktuelle Version vom 19. Februar 2022, 14:44 Uhr
Albert Birkle, * 21. April 1900 in Berlin-Charlottenburg, † 29. Jänner 1986 in Salzburg; Maler.
Als sich Birkle 1932 in Salzburg ansiedelte, konnte er bereits auf ein bemerkenswertes Frühwerk verweisen.
Das Berlin der 20er-Jahre formte den Sohn eines Dekorationsmalers zum engagierten Künstler vom Schlage eines Dix, Grosz und Beckmann. Birkle prangerte Arbeiterelend, Großstadtlaster und Entmenschung an, indem er sie – typisch für seine Stellung zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit – ins Phantastische, Spuk- und Zerrbildhafte überzeichnete und vielfach in einen direkten Bezug zur christlichen Passion stellte.
Die Große Kreuzigung, in ihrer expressiven Deformation an Spätmittelalterliches (Grünewald) anschließend, erregte schon 1922 großes Aufsehen. Auch im Porträt äußerte sich die Ambivalenz zwischen stechendem Pathos und dumpfem Fatalismus in grotesker Physiognomik. Gewissermaßen antithetisch zu den Straßenbildern malte Birkle Landschaften von nicht minder übersteigerter Idyllik. Der oftmals durchbrechende unheilvolle Unterton milderte sich in den folgenden Jahren in Richtung Heimatkunst. Die Umgebung seines Salzburger Künstlerheims am Gaisberg regte ihn zu pessimistisch gestimmten Landschaften und Darstellungen von Außenseitern der Gesellschaft an.
Auch während des Krieges, in dem er sich als Kriegsmaler zur Verfügung stellte, blieb Birkle seiner künstlerischen Auffassung treu und konnte sich nur mit Mühe und dank guter Beziehungen vor dem drohenden Verdikt als „entarteter Künstler“ retten. 1940 führte Albert Birkle einen Freskoauftrag in der Erzherzog-Rainer-Kaserne (jetzt Red Bull Headquarter) in Elsbethen-Glasenbach aus (siehe Wandmalerei).
Nach dem Krieg fand Birkle eine neue Form künstlerischen Engagements im sakralen Glasfenster, das bei ihm vereinzelt in die 30er-Jahre zurückreicht. Beginnend mit der Salzburger Blasiuskirche (1947–50) schuf er Fensterzyklen u.a. in Graz, Konstanz und Washington und tauschte damit seine koloristisch eher verhaltene, von filigraner Präzision geprägte Malweise gegen kräftige Stilisierung und intensive Leuchtkraft ein. Besonders eindringliche Wirkung erzielte er in der von ihm bevorzugten Dalle-Betonglastechnik. Gleichzeitig entstand ein umfangreiches zeichnerisches Werk, dessen zeitkritische Schärfe und anklägerisches Pathos vielfach ins Bizarre oder Apokalyptische überspannt ist. Ab ca. 1975, als sein malerisches Frühwerk wiederentdeckt wurde, widmete sich Birkle wieder stärker der Ölmalerei, die stilistisch im Zeichen eines unbändigen „Altersexpressionismus“ steht.
Lit.:
- Ausstellungskat. SMCA 2001 und 1980.
- AKL 11, 1995.
- R. Zimmermann: Expressiver Realismus. Malerei der verschollenen Generation. München 1994.
- R. Pfefferkorn: A. B. Leben und Werk. Hamburg 1983.
N.Sch.