Ilse Aichinger: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Ilse Aichinger''', * Wien 1. 11. 1921, Dichterin.
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Kindheit mit der Zwillingsschwester Helga in Linz, Gymnasium in Wien, 1939 Matura, als »Halbjüdin« durfte A. nicht studieren. Der Vater, Nationalsozialist, trennte sich von der Mutter, die ihren Beruf als Ärztin ausübte.Die Schwester ging zur Tante nach England, A. blieb bei ihrer Mutter. Nach 1945 etliche Semester Studium der Medizin in Wien, dann Lektorin des S. Fischer Verlages; dort erschien 1948 ihr für die österr. Nachkriegsliteratur thematisch und formal wichtiger Roman »Die größere Hoffnung«. Hans Weigel schrieb einen Essay mit dem Titel »Es begann mit Ilse Aichinger«. Ihr »Aufruf zum Mißtrauen« erschien in Otto Basils Zeitschrift »Plan« (1946). A. erregte 1952 bei der Tagung der »Gruppe 47« in Niendorf an der Ostsee Aufsehen, als sie ihre »Spiegelgeschichte « las und den Preis der Gruppe 47 erhielt. 1953 heiratete sie G. →Eich, 1963-84 lebte sie in Großgmain bei Salzburg. A. schrieb Lyrik, Kurzprosa, Szenen und Hörspiele; metaphorische und assoziative Texte, deren Poesie logisch und rational schwer zu interpretieren ist. Salzburg war für A. seit ihrer Kindheit ein wichtiger Bezugspunkt: »Man hat von jedem Ort ein bestimmtes Bild … Erlebt man aber diesen Ort alle Tage, so nimmt man Abschied von diesem Bild.« So war Salzburg für sie, während sie im nahen Großgmain lebte, auch der Alltagsort mit allen Ämtern, in denen man zu tun hat. Die Alltagserfahrung von Salzburg ist für A. ein immer auch literarisch mitgeformtes Erlebnis. G. →Trakl war ihr der »Eröffner zu dem, was man Lyrik nennt. Er war der erste, und er blieb es auch.« Viele Literaturpreise, u. a. Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur 1995, Literaturpreis der Salzburger Wirtschaft 1981.
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Ilse '''Aichinger''', * 1. November 1921 in Wien, † 11. November 2016 in Wien; Schriftstellerin.
  
Lit.:
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Gymnasium in Wien, Matura 1939. Ihre Zwillingsschwester Helga floh mit einem Kindertransport nach England, Aichinger schützte durch ihre Anwesenheit ihre jüdische Mutter als „Mischling 1. Grades“ nach den Rassegesetzen vor der Deportation. Ihre Großmutter, ein Onkel und eine Tante wurden deportiert und ermordet.  
* S. Moser (Hg.): I. Aichinger. Leben und Werk. Frankfurt/M. 1995.
 
* K. Bartsch (Hg.): I. Aichinger. Graz 1993 (=Dossier, 5).
 
* I. Aichinger:Werke in 8 Bänden. Hg. v. R. Reichensperger, Frankfurt/M. 1991 ff.
 
* H. F. Schafroth: I. Aichinger. In: KLG.
 
  
A.Has.
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Am 1. September 1945 erschien ''Das vierte Tor'' im Wiener ''Kurier'' – der erste Text der österreichischen Nachkriegsliteratur, der das Wort „Konzentrationslager“ aussprach. Aichingers ''Aufruf zum Mißtrauen'' beim Übergang in die gefährliche „Normalität“ nach dem Krieg erschien 1946 in der ersten Ausgabe der Zeitschrift ''Plan''. Ihr erster und einziger Roman ''Die größere Hoffnung'' (1948) verfolgt den Weg der jungen Halbjüdin Ellen von der großen Hoffnung auf ein Visum hin zur größeren Hoffnung auf Tod und Frieden in einer jenseitigen Welt. Hier intensiviert sich auch die für Aichingers Schreiben typische Sprach- und Erkenntniskritik, die sich in späteren Texten noch steigert. Gilt der Roman heute als einer der bedeutendsten Texte der österreichischen Literatur nach 1945, so wurde Aichinger dennoch erst 1952 durch den Preis der ''Gruppe 47'' für ihre ''Spiegelgeschichte'' einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Über zwanzig Literaturpreise sollten folgen, darunter der [[Georg-Trakl-Preis für Lyrik|Georg-Trakl-Preis]] 1979, der Große Österreichische Staatspreis für Literatur 1995 und der [[Großer Kunstpreis des Landes Salzburg|Große Kunstpreis des Landes Salzburg]] 2015.
  
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1953 heiratete sie [[Eich, Günter|Günter Eich]], auch der gemeinsame Sohn [[Eich, Clemens|Clemens Eich]] war Schriftsteller. 1957 wurde die Tochter Mirjam geboren. 1963 zog die Familie nach Großgmain bei Salzburg, wo in den 20 Jahren des Aufenthalts große Teile von Aichingers Werk entstanden, oft in engem künstlerischen Austausch mit Günter Eich. 1983 übersiedelte die Autorin auf Einladung des S. Fischer Verlags nach Frankfurt und kehrte 1988 nach Wien zurück, in jene Stadt, die für ihr Leben und Werk die größte Rolle spielte.
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Sprachlich ist in ihrem Werk, das Prosa, Hörspiel und Lyrik umfasst, eine zunehmende Verknappung und Präzisierung zu erkennen. Der Band ''Kleist, Moos, Fasane'', der in großem zeitlichen Abstand zu den vorhergehenden Publikationen 1987 entstand, stellt inhaltlich und auch sprachlich einen Übergang zu Aichingers Spätwerk dar. Im Jahr 2000 eröffnete sich – vorerst durch Aichingers Leidenschaft für das Kino – eine neue Werkschiene. Die Tageszeitung ''Der Standard'' druckte ihr Viennale-Tagebuch und startete dann eine wöchentliche Kolumne ''Journal des Verschwindens'', gefolgt von ''Unglaubwürdige Reisen'' (2001–03) und ''Schattenspiele'' (2003; ab 2004 im ''Spectrum'' der ''Presse''). Die Kolumnen erschienen später jeweils gesammelt in Buchform. 2006 veröffentlichte Aichinger ihr letztes Buch, ''Subtexte''.
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Literatur:
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* Irene Fußl, Christa Gürtler (Hg.): Ilse Aichinger: „Behutsam kämpfen“. Würzburg 2012.
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* Roland Berbig (Hg.): Ilse Aichinger. München 2007 (= Text + Kritik 175).
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* Samuel Moser (Hg.): Ilse Aichinger. Leben und Werk. Frankfurt am Main 1995.
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* Kurt Bartsch, Gerhard Melzer (Hg.): Ilse Aichinger. Graz u.a. 1993 (= Dossier 5).
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I.F.
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Aktuelle Version vom 27. März 2022, 21:56 Uhr

Ilse Aichinger

Ilse Aichinger, * 1. November 1921 in Wien, † 11. November 2016 in Wien; Schriftstellerin.

Gymnasium in Wien, Matura 1939. Ihre Zwillingsschwester Helga floh mit einem Kindertransport nach England, Aichinger schützte durch ihre Anwesenheit ihre jüdische Mutter als „Mischling 1. Grades“ nach den Rassegesetzen vor der Deportation. Ihre Großmutter, ein Onkel und eine Tante wurden deportiert und ermordet.

Am 1. September 1945 erschien Das vierte Tor im Wiener Kurier – der erste Text der österreichischen Nachkriegsliteratur, der das Wort „Konzentrationslager“ aussprach. Aichingers Aufruf zum Mißtrauen beim Übergang in die gefährliche „Normalität“ nach dem Krieg erschien 1946 in der ersten Ausgabe der Zeitschrift Plan. Ihr erster und einziger Roman Die größere Hoffnung (1948) verfolgt den Weg der jungen Halbjüdin Ellen von der großen Hoffnung auf ein Visum hin zur größeren Hoffnung auf Tod und Frieden in einer jenseitigen Welt. Hier intensiviert sich auch die für Aichingers Schreiben typische Sprach- und Erkenntniskritik, die sich in späteren Texten noch steigert. Gilt der Roman heute als einer der bedeutendsten Texte der österreichischen Literatur nach 1945, so wurde Aichinger dennoch erst 1952 durch den Preis der Gruppe 47 für ihre Spiegelgeschichte einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Über zwanzig Literaturpreise sollten folgen, darunter der Georg-Trakl-Preis 1979, der Große Österreichische Staatspreis für Literatur 1995 und der Große Kunstpreis des Landes Salzburg 2015.

1953 heiratete sie Günter Eich, auch der gemeinsame Sohn Clemens Eich war Schriftsteller. 1957 wurde die Tochter Mirjam geboren. 1963 zog die Familie nach Großgmain bei Salzburg, wo in den 20 Jahren des Aufenthalts große Teile von Aichingers Werk entstanden, oft in engem künstlerischen Austausch mit Günter Eich. 1983 übersiedelte die Autorin auf Einladung des S. Fischer Verlags nach Frankfurt und kehrte 1988 nach Wien zurück, in jene Stadt, die für ihr Leben und Werk die größte Rolle spielte.

Sprachlich ist in ihrem Werk, das Prosa, Hörspiel und Lyrik umfasst, eine zunehmende Verknappung und Präzisierung zu erkennen. Der Band Kleist, Moos, Fasane, der in großem zeitlichen Abstand zu den vorhergehenden Publikationen 1987 entstand, stellt inhaltlich und auch sprachlich einen Übergang zu Aichingers Spätwerk dar. Im Jahr 2000 eröffnete sich – vorerst durch Aichingers Leidenschaft für das Kino – eine neue Werkschiene. Die Tageszeitung Der Standard druckte ihr Viennale-Tagebuch und startete dann eine wöchentliche Kolumne Journal des Verschwindens, gefolgt von Unglaubwürdige Reisen (2001–03) und Schattenspiele (2003; ab 2004 im Spectrum der Presse). Die Kolumnen erschienen später jeweils gesammelt in Buchform. 2006 veröffentlichte Aichinger ihr letztes Buch, Subtexte.


Literatur:

  • Irene Fußl, Christa Gürtler (Hg.): Ilse Aichinger: „Behutsam kämpfen“. Würzburg 2012.
  • Roland Berbig (Hg.): Ilse Aichinger. München 2007 (= Text + Kritik 175).
  • Samuel Moser (Hg.): Ilse Aichinger. Leben und Werk. Frankfurt am Main 1995.
  • Kurt Bartsch, Gerhard Melzer (Hg.): Ilse Aichinger. Graz u.a. 1993 (= Dossier 5).

I.F.