Jakob Haringer: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Haringer, Jakob''' (eigentlich: Johann Franz Haringer) * Dresden 16. 3. 1898, † Zürich 5. 4. 1948, Lyriker.
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Jakob '''Haringer''', eigentlich Johann Franz Haringer, * 16. März 1898 in Dresden, † 3. April 1948 in Zürich; Lyriker.
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Pflicht- und Realschule in Salzburg und Traunstein, Schulabbruch, Lehrling, Gelegenheitsarbeiter. 1916 Soldat in Flandern, Lazarett, Sympathisant der Münchner Räterevolution 1918/19, Haft. Gedichte in zahlreichen expressionistischen Publikationen. Erste Gedichtsammlung ''Hain des Vergessens'' (1919) im Dresdner Expressionistenkreis. Neben Hermann Hesse förderte ihn v.a. Alfred Döblin, der eine Werkausgabe beim Gustav Kiepenheuer Verlag (1925) erreichte. Haringer lebte zeitweise als Vagant. Gerhart-Hauptmann-Preis 1925 (nicht ausbezahlt), zweimal Kandidat für den Kleist-Preis. Ab 1929 gab Haringer die Zeitschrift ''Die Einsiedelei. Ein Stundenblatt'' heraus. Zahlreiche Prozesse, u.a. wegen Gotteslästerung.
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Ende der 1920er-Jahre in Bad Reichenhall, Morzg, Anif, Hellbrunn, Aigen; 1931 kaufte Haringer ein Haus (Klammhäusl) in Ebenau bei Salzburg. Sein Freund [[Rendl, Georg|Georg Rendl]] vermittelte die Veröffentlichung der ''Vermischten Schriften'' (1935) im Salzburger [[Verlag Anton Pustet]]. 1936 Ausbürgerung durch die Nationalsozialisten aus Deutschland, staatenlos. März 1938 Flucht über Prag und Frankreich in die Schweiz, dort längere Zeit interniert; Hilfe durch angesehene Schweizer Familien. 1946 letzter Gedichtband ''Das Fenster''.
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Haringers Thema sind sein Leben und der Verlust der Kindheit; erst spät gelang ihm Distanz zur eigenen Biografie. Arnold Schönberg vertonte drei seiner Gedichte (op. 48). Haringer ist die Hauptfigur von [[Hochwälder, Fritz|Fritz Hochwälders]] Märchendrama ''Der verschwundene Mond''. Einzelne Manuskripte im [[Literaturarchiv Salzburg]].
  
Pflicht- und Realschule in Salzburg und Traunstein, Schulabbruch, Lehrling, Gelegenheitsarbeiter. 1916 Soldat in Flandern, Lazarett, Sympathisant der Münchner Räterevolution 1918/19, Haft. Gedichte in zahlreichen expressionistischen Publikationen. Erste Gedichtsammlung »Hain des Vergessens« (1919) im Dresdner Expressionistenkreis. Neben H. Hesse förderte ihn vor allem A. Döblin, er erreichte eine Werkausgabe beim Gustav Kiepenheuer Verlag (1925). H. lebte als Vagant, Autorenkollegen unterstützten ihn. Gerhart-Hauptmann-Preis 1925 (nicht ausbezahlt), zweimal Kandidat des angesehenen Kleist-Preises. Ab 1929 gab H. die Zeitschrift »Die Einsiedelei. Ein Stundenblatt« heraus. Sein wütender Angriff auf den Literaturbetrieb, »Leichenhaus der Literatur oder über Goethe« (1929), und die drei Bände »Das Schnarchen Gottes« (1931) verschreckten viele Freunde. Zahlreiche Prozesse, u. a. wegen Gotteslästerung. Ende der 20er Jahre in Reichenhall, Morzg, Anif, Hellbrunn, Aigen; 1931 kaufte H. ein kleines Haus in Ebenau bei Salzburg. Sein Freund G. →Rendl vermittelte die Veröffentlichung der »Vermischten Schriften« (1935) im Salzburger Pustet Verlag. 1936 Ausbürgerung durch die Nationalsozialisten aus Deutschland, staatenlos. Befreundet mit dem Salzburger Maler J. →Schulz. März 1938 Flucht über Prag und Frankreich in die Schweiz, dort längere Zeit interniert, Hilfe durch angesehene Schweizer Familien. 1946 letzter Gedichtband »Das Fenster «. H.s Thema ist seine Person, sein Leben, der Verlust der Kindheit. Erst spät gelang ihm Distanz zur eigenen Biographie, die Gespanntheit und Aggressivität der expressionistischen Gedichte machte sehr musikalischen, ruhigen, auch volksliedhaften Gedichten Platz. Arnold Schönberg vertonte drei Gedichte H.s (op. 48), Peter Härtling, Ludwig Fels, Jürgen Serke u. a. setzten sich für H.s Werk ein. H. ist in F. →Hochwälders Märchendrama »Der verschwundene Mond« die Hauptfigur (UA bei den →Rauriser Literaturtagen 1985).
 
  
 
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* J. H. Aber des Herzens verbrannte Mühle tröstet ein Vers. Ausgewählte Lyrik, Prosa und Briefe, hg. v. H. Holl, Nachwort v. W. Kirsten, Salzburg 1988.
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* Dieter Braeg: Einleitung. In: Jakob Haringer: Du bist für keinen Stern, kein Glück geboren! Berlin 2017.
* J. H.: In die Dämmerung gesungen. Ausgew. Gedichte, hg. und Nachwort v. W. Kirsten, Berlin-Weimar 1982.
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* Wulf Kirsten: Nachwort. In: Jakob Haringer: Aber des Herzens verbrannte Mühle tröstet ein Vers. Hg. von Hildemar Holl. Salzburg 1988.
* J. H.: Das Schnarchen Gottes und andere Gedichte. Hg. und Nachwort v. J. Serke, München 1979.
 
  
 
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Aktuelle Version vom 3. Juli 2021, 17:45 Uhr

Jakob Haringer, eigentlich Johann Franz Haringer, * 16. März 1898 in Dresden, † 3. April 1948 in Zürich; Lyriker.

Pflicht- und Realschule in Salzburg und Traunstein, Schulabbruch, Lehrling, Gelegenheitsarbeiter. 1916 Soldat in Flandern, Lazarett, Sympathisant der Münchner Räterevolution 1918/19, Haft. Gedichte in zahlreichen expressionistischen Publikationen. Erste Gedichtsammlung Hain des Vergessens (1919) im Dresdner Expressionistenkreis. Neben Hermann Hesse förderte ihn v.a. Alfred Döblin, der eine Werkausgabe beim Gustav Kiepenheuer Verlag (1925) erreichte. Haringer lebte zeitweise als Vagant. Gerhart-Hauptmann-Preis 1925 (nicht ausbezahlt), zweimal Kandidat für den Kleist-Preis. Ab 1929 gab Haringer die Zeitschrift Die Einsiedelei. Ein Stundenblatt heraus. Zahlreiche Prozesse, u.a. wegen Gotteslästerung.

Ende der 1920er-Jahre in Bad Reichenhall, Morzg, Anif, Hellbrunn, Aigen; 1931 kaufte Haringer ein Haus (Klammhäusl) in Ebenau bei Salzburg. Sein Freund Georg Rendl vermittelte die Veröffentlichung der Vermischten Schriften (1935) im Salzburger Verlag Anton Pustet. 1936 Ausbürgerung durch die Nationalsozialisten aus Deutschland, staatenlos. März 1938 Flucht über Prag und Frankreich in die Schweiz, dort längere Zeit interniert; Hilfe durch angesehene Schweizer Familien. 1946 letzter Gedichtband Das Fenster.

Haringers Thema sind sein Leben und der Verlust der Kindheit; erst spät gelang ihm Distanz zur eigenen Biografie. Arnold Schönberg vertonte drei seiner Gedichte (op. 48). Haringer ist die Hauptfigur von Fritz Hochwälders Märchendrama Der verschwundene Mond. Einzelne Manuskripte im Literaturarchiv Salzburg.


Literatur:

  • Dieter Braeg: Einleitung. In: Jakob Haringer: Du bist für keinen Stern, kein Glück geboren! Berlin 2017.
  • Wulf Kirsten: Nachwort. In: Jakob Haringer: Aber des Herzens verbrannte Mühle tröstet ein Vers. Hg. von Hildemar Holl. Salzburg 1988.

H.H.