Hugo von Hofmannsthal: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Hofmannsthal, Hugo von''', * Wien 1. 2. 1874, † Rodaun 15. 7. 1929. Schriftsteller, Mitbegründer der Salzburger →Festspiele.
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Hugo von '''Hofmannsthal''', eigentlich Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal, * 1. Februar 1874 in Wien, † 15. Juli 1929 in Rodaun bei Wien; Schriftsteller, Mitbegründer der [[Salzburger Festspiele]].
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Hofmannsthal lernte Stadt und Land Salzburg früh persönlich kennen: Sommerferien in Bad Fusch (ab 1890, dann mit Unterbrechungen bis 1908) und im Salzkammergut (1890–94 in Strobl, später in St. Gilgen und im steirischen Bad Aussee, dort ab 1907 alljährlich mit Frau und Kindern), erster längerer Salzburg-Aufenthalt anlässlich der Mozart-Centenarfeier 1891. Etliche Jugendwerke entstanden in Bad Fusch, viele Werke im Salzkammergut. Im August 1911 vollendete er in Aussee den ''[[Jedermann]]'' (Uraufführung 1911 durch [[Reinhardt, Max|Max Reinhardt]] im Zirkus Schumann in Berlin). 1918 entwarf Hofmannsthal in einem von Reinhardt unterzeichneten „Memoire“ die geplanten Festspiele als „Friedenswerk“, bei dem „von Österreich aus“ die zerbrechende „europäische Kulturgemeinschaft“ wieder zusammengefügt werden sollte; ab 1919 gehörte er dem 1917 gegründeten Kunstrat der „Salzburger Festspielhaus-Gemeinde“ an.
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Am 22. August 1920 Beginn der ersten Festspielsaison mit der Erstaufführung des ''Jedermann'' unter Max Reinhardts Regie auf dem Domplatz (Titelrolle: Alexander Moissi); seither steht Hofmannsthals Stück über die Herrschaft des Geldes und die Notwendigkeit einer Besinnung auf christliche Werte alljährlich auf dem Spielplan des Festivals (mit Ausnahme der Jahre 1922-25 und der NS-Zeit 1938-45). 1919–22 entstand in Bad Aussee ''Das Salzburger Große Welttheater'' (Uraufführung am 12. August 1922 in der Kollegienkirche; Regie: Max Reinhardt), in dem sich Hofmannsthals konservatives Weltbild über die zentrale Figur des Bettlers ausdrückt: Nach kurzem Aufbegehren gegen die irdische Ungleichheit fügt er sich in die hierarchisch gegliederte soziale Ordnung.
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In mehreren Aufsätzen versuchte Hofmannsthal, Konzept und Programm der Festspiele zu modifizieren und weiterzuentwickeln. Seine bereits früh (z.B. ''Deutsche Festspiele zu Salzburg'', 1919) geäußerte Grundidee ging davon aus, dass die süddeutschen (bayerisch-österreichischen) „Stämme“ in besonderer Weise Träger eines „theatralischen Vermögens“ seien. Dieses Vermögen sah Hofmannsthal in [[Mozart, Wolfgang Amadeus|Wolfgang Amadeus Mozarts]] Opern, aber auch in [[Goethe, Johann Wolfgang von|Johann Wolfgang von Goethes]] ''Faust'', in dem sich Puppenspiel, katholisches Mysterienspiel und opernhafte Darstellung vereinen würden, sowie bei österreichischen Autoren wie [[Franz Grillparzer]] und Ferdinand Raimund zum Ausdruck gebracht.
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Für das Projekt der Festspiele betrachtete er Salzburg als idealen Schauplatz, mit seiner Verschmelzung von Landschaft und Kunst, abseits der modernen Großstädte, mit Mozart als Zentralfigur und europaweiten Traditionsbezügen (v.a. griechische Antike, Calderón und Shakespeare). Den geistigen Kontext bildeten u.a. die stammesgeschichtliche Konzeption des später durch seine NS-Nähe diskreditierten Germanisten Josef Nadler und Hofmannsthals Vorstellung einer „konservativen Revolution“, der es um die Wiederherstellung von „Bindung“ in einer Zeit des Wertezerfalls ging.
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Das Programm der Festspiele prägte Hofmannsthal nicht nur durch seine Arbeiten fürs Sprechtheater (außer den genannten Stücken z.B. ''Der Schwierige'', 1921; ''Der Unbestechliche'', 1923), sondern bis heute auch durch seine Libretti für Opern von [[Strauss, Richard|Richard Strauss]] (u.a. ''Elektra'', 1908; ''Der Rosenkavalier'', 1911; ''Ariadne auf Naxos'', 1911; ''Die Frau ohne Schatten'', 1919; ''Arabella'', 1933). Ein Aufenthalt Hofmannsthals in Bad Fusch von 1924 bildet das Sujet des Romans ''Der Fliegenpalast'' (2009) von [[Kappacher, Walter|Walter Kappacher]].
  
Der Wiener H. lernte Stadt und Land Salzburg früh persönlich kennen. Er verlebte seine Sommerferien in Bad Fusch (1890 mit Unterbrechungen bis 1908) und im Salzkammergut (zuerst Strobl, 1890- 94, später Aussee). Die Stadt Salzburg galt als Treffpunkt mit Freunden, war Ort für Begegnungen und Gespräche (etwa mit H. →Bahr, R. →Strauss, M. →Reinhardt). Da der Sommer für H. meist eine produktive Zeit war, schrieb er etliche Jugendwerke in Bad Fusch, viele Werke später im Salzkammergut. Im August 1911 vollendete er in Aussee den »Jedermann«, der am 1. 12. 1911 durch M. Reinhardt in Berlin (Zirkus Schumann) uraufgeführt wurde. Zwischen August und November 1919 fuhr H. von Aussee aus mehrmals nach Salzburg, um die Gründung der Salzburger Festspiele vorzubereiten. H. gehörte nämlich seit 1918 dem Kunstrat der »Salzburger Festspielhaus- Gemeinde« an, die 1917 gegründet worden war. 1919 veröffentlichte er den Programmentwurf »Deutsche Festspiele in Salzburg«. Am 22. 8. 1920 fand die Erstaufführung seines »Jedermann« unter der Regie von Max Reinhardt auf dem Domplatz statt: das war der Beginn der Salzburger Festspiele. 1921 veröffentlichte H. seinen Aufsatz »Festspiele in Salzburg«. Im gleichen Jahr schrieb er in Aussee das »Salzburger Große Welttheater«, das am12. 8. 1922 in der Kollegienkirche uraufgeführt wurde (Regie: Max Reinhardt). H. berichtet davon im »Reinhardt«-Aufsatz und im »3. Wiener Brief«. Auch im Festspiel- Almanach 1925 schreibt H. über Werden und Namensgebung des »zweiten Versuchs« für Salzburg: »jenem alten traditionellen Stoff: das Welttheater, auf welchem die Menschen vor Gott ihr Lebensspiel aufführen, einen neuen Gehalt geben, worin der Zeitgeist zum Ausdruck käme ….« Dem so entstandenen Spiel für immer den Namen des »Salzburger Welttheaters« zu geben, »war eine Regung der Dankbarkeit für das durch ein Zusammentreffen unschätzbarer Umstände hier erfahrene Gute«. In den folgenden Jahren besuchte H. aus verständlicher Verbundenheit regelmäßig die Salzburger Festspiele. Am13. 8. 1925 war er bei der Eröffnung des →Festspielhauses mit dem »Salzburger Großen Welttheater« anwesend. In immer neuen Aufsätzen (»Das Salzburger Programm«, 1926; »Zum Programm der Salzburger Festspiele«, 1928; »Das Publikum der Salzburger Festspiele «, 1928) ging es ihm darum, Konzept und Programm der Salzburger Festspiele zu modifizieren und weiterzuentwickeln. Die früh geäusserte Grundidee H.s bestand darin, »den süddeutschen (bayerisch-österreichischen) Theatergeist anschaulich zu machen, indem man theatralische Werke der verschiedensten Sphären vors Publikum bringt, deren Gemeinsames in der gemeinsamen Abstammung vom älteren süddeutschen Theaterwesen liegt«. Die Verkörperung dieses süddeutschen Theaterwesens sah H. in →Mozarts Opern, zwischen Tragik und Komik, in →Goethes »Faust«, in dem Puppenspiel, kath. Mysterienspiel und opernhaftes Festspiel sich vereinen, über die Wiener Volkstheatertradition eines Nestroy und Raimund bis hin zu Richard Strauss. Das letzte Mal war H. am 3. und 4. 12. 1928 in Salzburg, um mit Max Reinhardt geschäftliche Probleme der Festspiele zu besprechen. Salzburg und vor allem die Festspiele boten H. in besonderer Weise die kreativen Möglichkeiten, seine Ideen zu verwirklichen. In Essays würdigte er die kulturelle Bedeutung Salzburgs.
 
  
 
Literatur:
 
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* H. A. Koch: H. v. H. Hg. v.M. Sulzer-Reichel,München 2000.
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* Mathias Mayer, Julian Werlitz (Hg.): Hofmannsthal-Handbuch. Stuttgart 2016.
* W. Volke: H. v. H. in Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten. Reinbek b. Hamburg 1997.
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* Wilhelm Hemecker, Konrad Heumann (Hg.): Hofmannsthal. Orte. 20 biographische Erkundungen. Wien 2014.
* M. Mayer: H. v. H. Stuttgart 1993.– W. Willaschek (Red.): 70 Jahre Jedermann. Ausst. Salzburg 1990.
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* Norbert Chritian Wolf: Eine Triumphpforte österreichischer Kunst. Hugo von Hofmannsthals Gründung der Salzburger Festspiele. Salzburg u.a. 2014.
* G. Erken: Hofmannsthal- Chronik. In: Litwiss. Jb. Im Auftrag der Görres- Gesellschaft. Hg. von H. Kunisch. NF, 3. Bd,. Berlin 1962, S. 239 ff.
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A.​Has., Ma.M.
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A.Has.
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Aktuelle Version vom 10. Juli 2021, 20:38 Uhr

Hugo von Hofmannsthal

Hugo von Hofmannsthal, eigentlich Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal, * 1. Februar 1874 in Wien, † 15. Juli 1929 in Rodaun bei Wien; Schriftsteller, Mitbegründer der Salzburger Festspiele.

Hofmannsthal lernte Stadt und Land Salzburg früh persönlich kennen: Sommerferien in Bad Fusch (ab 1890, dann mit Unterbrechungen bis 1908) und im Salzkammergut (1890–94 in Strobl, später in St. Gilgen und im steirischen Bad Aussee, dort ab 1907 alljährlich mit Frau und Kindern), erster längerer Salzburg-Aufenthalt anlässlich der Mozart-Centenarfeier 1891. Etliche Jugendwerke entstanden in Bad Fusch, viele Werke im Salzkammergut. Im August 1911 vollendete er in Aussee den Jedermann (Uraufführung 1911 durch Max Reinhardt im Zirkus Schumann in Berlin). 1918 entwarf Hofmannsthal in einem von Reinhardt unterzeichneten „Memoire“ die geplanten Festspiele als „Friedenswerk“, bei dem „von Österreich aus“ die zerbrechende „europäische Kulturgemeinschaft“ wieder zusammengefügt werden sollte; ab 1919 gehörte er dem 1917 gegründeten Kunstrat der „Salzburger Festspielhaus-Gemeinde“ an.

Am 22. August 1920 Beginn der ersten Festspielsaison mit der Erstaufführung des Jedermann unter Max Reinhardts Regie auf dem Domplatz (Titelrolle: Alexander Moissi); seither steht Hofmannsthals Stück über die Herrschaft des Geldes und die Notwendigkeit einer Besinnung auf christliche Werte alljährlich auf dem Spielplan des Festivals (mit Ausnahme der Jahre 1922-25 und der NS-Zeit 1938-45). 1919–22 entstand in Bad Aussee Das Salzburger Große Welttheater (Uraufführung am 12. August 1922 in der Kollegienkirche; Regie: Max Reinhardt), in dem sich Hofmannsthals konservatives Weltbild über die zentrale Figur des Bettlers ausdrückt: Nach kurzem Aufbegehren gegen die irdische Ungleichheit fügt er sich in die hierarchisch gegliederte soziale Ordnung.

In mehreren Aufsätzen versuchte Hofmannsthal, Konzept und Programm der Festspiele zu modifizieren und weiterzuentwickeln. Seine bereits früh (z.B. Deutsche Festspiele zu Salzburg, 1919) geäußerte Grundidee ging davon aus, dass die süddeutschen (bayerisch-österreichischen) „Stämme“ in besonderer Weise Träger eines „theatralischen Vermögens“ seien. Dieses Vermögen sah Hofmannsthal in Wolfgang Amadeus Mozarts Opern, aber auch in Johann Wolfgang von Goethes Faust, in dem sich Puppenspiel, katholisches Mysterienspiel und opernhafte Darstellung vereinen würden, sowie bei österreichischen Autoren wie Franz Grillparzer und Ferdinand Raimund zum Ausdruck gebracht.

Für das Projekt der Festspiele betrachtete er Salzburg als idealen Schauplatz, mit seiner Verschmelzung von Landschaft und Kunst, abseits der modernen Großstädte, mit Mozart als Zentralfigur und europaweiten Traditionsbezügen (v.a. griechische Antike, Calderón und Shakespeare). Den geistigen Kontext bildeten u.a. die stammesgeschichtliche Konzeption des später durch seine NS-Nähe diskreditierten Germanisten Josef Nadler und Hofmannsthals Vorstellung einer „konservativen Revolution“, der es um die Wiederherstellung von „Bindung“ in einer Zeit des Wertezerfalls ging.

Das Programm der Festspiele prägte Hofmannsthal nicht nur durch seine Arbeiten fürs Sprechtheater (außer den genannten Stücken z.B. Der Schwierige, 1921; Der Unbestechliche, 1923), sondern bis heute auch durch seine Libretti für Opern von Richard Strauss (u.a. Elektra, 1908; Der Rosenkavalier, 1911; Ariadne auf Naxos, 1911; Die Frau ohne Schatten, 1919; Arabella, 1933). Ein Aufenthalt Hofmannsthals in Bad Fusch von 1924 bildet das Sujet des Romans Der Fliegenpalast (2009) von Walter Kappacher.


Literatur:

  • Mathias Mayer, Julian Werlitz (Hg.): Hofmannsthal-Handbuch. Stuttgart 2016.
  • Wilhelm Hemecker, Konrad Heumann (Hg.): Hofmannsthal. Orte. 20 biographische Erkundungen. Wien 2014.
  • Norbert Chritian Wolf: Eine Triumphpforte österreichischer Kunst. Hugo von Hofmannsthals Gründung der Salzburger Festspiele. Salzburg u.a. 2014.

A.​Has., Ma.M.