Irma von Troll-Borostyáni: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Troll-Borostyáni, Irma von''' (Pseud. '''Leo Bergen''', '''Veritas'''), * Salzburg 31. 3. 1847, † Salzburg 10. 2. 1912, Schriftstellerin, Frauenrechtlerin.
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Irma von '''Troll-Borostyáni''', Pseudonyme: Leo Bergen, Veritas, * 31. März 1847 in Salzburg, † 10. Februar 1912 in Salzburg, geboren als Marie (nannte sich ab ca. 1873 Irma) von Troll; Schriftstellerin, Frauenrechtlerin.
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Ab 1862 besuchte die Tochter einer Beamtenfamilie das Erziehungsinstitut des Klosters [[Nonnberg]], das sie 1864 krankheitsbedingt verließ. Danach erwarb sie autodidaktisch ein umfangreiches Wissen und nahm in Wien Klavier- und Schauspielunterricht. Ab 1873 arbeitete sie als Erzieherin und Musiklehrerin bei einer ungarischen Aristokratenfamilie, 1875 heiratete sie den ungarischen Journalisten Nandor Borostyáni. 1882 kehrte Troll-Borostyáni allein nach Salzburg zurück, um ihre Mutter zu pflegen, und blieb nach deren Tod bis zu ihrem Lebensende in Salzburg, wo sie ihren Lebensunterhalt durch Schreiben bestritt.
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Troll-Borostyáni lehnte die Weiblichkeitsvorstellungen ihrer Zeit ab und demonstrierte ihre Haltung, indem sie z.B. kurze Haare und Männersakkos trug. Als antiklerikale, radikale Freidenkerin forderte sie Gleichberechtigung von Mann und Frau in allen Lebensbereichen. Bereits in ihrem ersten Buch ''Die Mission unseres Jahrhunderts. Eine Studie zur Frauenfrage'' (1878) setzte sie sich mit allen Kernthemen der liberalen bürgerlichen Frauenbewegung im ausgehenden 19. Jahrhundert auseinander: Frauenbildung und -studium, Berufstätigkeit, Wahlrecht, Prostitution.
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Troll-Borostyáni veröffentlichte 19 Bücher sowie sozialkritische und belletristische Texte in zahlreichen Zeitschriften, u.a. ''Die Prostitution vor dem Gesetz'' (1893, unter dem Pseudonym Veritas), ''Das Weib und seine Kleidung'' (1897), ''Hunger und Liebe'' (Novellenband, 1899), ''Katechismus der Frauenbewegung'' (1903). Sie war u.a. Mitglied des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins in Wien, Mitglied des Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien, des Schriftsteller-Vereins in Berlin und des Salzburger Freidenkervereins. Troll-Borostyáni korrespondierte mit in- und ausländischen Frauenrechtlerinnen, war mit Vertreterinnen der amerikanischen Frauenbewegung vernetzt und außerhalb Salzburgs v.a. als Vorkämpferin der Frauenemanzipation bekannt.
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Seit 1995 vergeben Stadt und Land Salzburg den Troll-Borostyáni Preis für herausragende Leistungen von und für Frauen.
  
Schon als Kind eigenwillig und auffällig. Vielseitige Bildung: Sie las Englisch, Französisch und Italienisch; lernte Klavier, Kompositionslehre, Zeichnen und Malen. 1864 trat sie nach zwei Jahren aus der Klosterschule Nonnberg aus, 1870 übersiedelte sie nach Wien. Sie fing an, sich für Frauenfragen zu interessieren (Arbeitsverhältnisse, Prostitution usw.) und begann zu schreiben. Sie fand Anschluss an Künstler- und Literatenkreise, 1872 übersiedelte sie nach Budapest, wo sie 1875 den Journalisten Nandor von Borostyáni heiratete. 1878 erschien ihr Buch »Die Mission unseres Jahrhunderts. Eine Studie über die Frauenfrage «; man anerkannte dieses mutige Buch in ganz Mitteleuropa. Sie beteiligte sich auch an der Gründung des »Österreichischen Frauenvereins«. 1882 kehrte T.-B. nach Salzburg zurück und widmete sich hier ihrer schriftstellerischen Arbeit. Ihr Mann lebte in Paris; er starb 1902. In Romanen, Novellen, Gedichten, Essays und Reden setzte sich T.-B. für die Gleichberechtigung der Frau in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ein. Ludwig Büchner, der Bruder Georg Büchners, schrieb das Vorwort zur 3. Aufl. ihres Buches »Gleichstellung der Geschlechter« (1888). Wichtige Werke: »Aus der Tiefe«, Roman (1892), »Die Prostitution vor dem Gesetz. Ein Appell ans deutsche Volk und seine Vertreter« (1893), »Verbrechen der Liebe« (1900), »Das Weib und seine Kleidung« (1897) u. a. T.-B. war eine der bedeutendsten Vorkämpferinnen der Frauenbewegung in Österreich. Der »Troll- Borostyáni-Preis« wird von Stadt und Land Salzburg jährlich am Int. Frauentag an Frauen bzw. Frauenprojekte vergeben. Erinnerungstafel am Geburtshaus, Griesgasse 4.
 
  
 
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* I. v. T.-B.: Ungehalten. Vermächtnis einer Freidenkerin. Hg. v. Ch. Gürtler, Salzburg 1994 (=Sbg. Bibliothek, 2).
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* Irma von Troll-Borostyáni (1847–1912). Vorkämpferin der Frauenemanzipation. Hg. von Christa Gürtler, Sabine Veits-Falk. Salzburg 2012.
* A. Stockklausner: T.-B. Erste Vorkämpferin für das Frauenrecht. In: In Salzburg geboren, S. 198 ff.
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* Irma von Troll-Borostyáni: Ungehalten. Vermächtnis einer Freidenkerin. Hg. von Christa Gürtler. Salzburg 1994.  
* Ausgew. kleinere Schriften. Hg. v. Wilhelmine von Troll. Mit einer Lebensskizze v. H. Widmann, Leipzig 1914.
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S.V.-F.
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A. Has., H.H.
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Aktuelle Version vom 11. Juli 2021, 00:26 Uhr

Irma von Troll-Borostyáni

Irma von Troll-Borostyáni, Pseudonyme: Leo Bergen, Veritas, * 31. März 1847 in Salzburg, † 10. Februar 1912 in Salzburg, geboren als Marie (nannte sich ab ca. 1873 Irma) von Troll; Schriftstellerin, Frauenrechtlerin.

Ab 1862 besuchte die Tochter einer Beamtenfamilie das Erziehungsinstitut des Klosters Nonnberg, das sie 1864 krankheitsbedingt verließ. Danach erwarb sie autodidaktisch ein umfangreiches Wissen und nahm in Wien Klavier- und Schauspielunterricht. Ab 1873 arbeitete sie als Erzieherin und Musiklehrerin bei einer ungarischen Aristokratenfamilie, 1875 heiratete sie den ungarischen Journalisten Nandor Borostyáni. 1882 kehrte Troll-Borostyáni allein nach Salzburg zurück, um ihre Mutter zu pflegen, und blieb nach deren Tod bis zu ihrem Lebensende in Salzburg, wo sie ihren Lebensunterhalt durch Schreiben bestritt.

Troll-Borostyáni lehnte die Weiblichkeitsvorstellungen ihrer Zeit ab und demonstrierte ihre Haltung, indem sie z.B. kurze Haare und Männersakkos trug. Als antiklerikale, radikale Freidenkerin forderte sie Gleichberechtigung von Mann und Frau in allen Lebensbereichen. Bereits in ihrem ersten Buch Die Mission unseres Jahrhunderts. Eine Studie zur Frauenfrage (1878) setzte sie sich mit allen Kernthemen der liberalen bürgerlichen Frauenbewegung im ausgehenden 19. Jahrhundert auseinander: Frauenbildung und -studium, Berufstätigkeit, Wahlrecht, Prostitution.

Troll-Borostyáni veröffentlichte 19 Bücher sowie sozialkritische und belletristische Texte in zahlreichen Zeitschriften, u.a. Die Prostitution vor dem Gesetz (1893, unter dem Pseudonym Veritas), Das Weib und seine Kleidung (1897), Hunger und Liebe (Novellenband, 1899), Katechismus der Frauenbewegung (1903). Sie war u.a. Mitglied des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins in Wien, Mitglied des Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien, des Schriftsteller-Vereins in Berlin und des Salzburger Freidenkervereins. Troll-Borostyáni korrespondierte mit in- und ausländischen Frauenrechtlerinnen, war mit Vertreterinnen der amerikanischen Frauenbewegung vernetzt und außerhalb Salzburgs v.a. als Vorkämpferin der Frauenemanzipation bekannt.

Seit 1995 vergeben Stadt und Land Salzburg den Troll-Borostyáni Preis für herausragende Leistungen von und für Frauen.


Literatur:

  • Irma von Troll-Borostyáni (1847–1912). Vorkämpferin der Frauenemanzipation. Hg. von Christa Gürtler, Sabine Veits-Falk. Salzburg 2012.
  • Irma von Troll-Borostyáni: Ungehalten. Vermächtnis einer Freidenkerin. Hg. von Christa Gürtler. Salzburg 1994.

S.V.-F.