John Heartfield: Unterschied zwischen den Versionen
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− | '''Heartfield | + | John '''Heartfield''', * 19. Juni 1891 in Berlin als Helmut Herzfeld, † 26. April 1968 in Ost-Berlin; Künstler, Bühnenbildner, Fotomonteur, Gebrauchsgrafiker und Begründer der politischen Collage. |
− | + | Heartfields Vater, der sozialistische, wegen Gotteslästerung verfolgte Schriftsteller Franz Held (Herzfeld), fand mit seiner Frau und den Kindern Helmut, Wieland und Hertha 1896 in Aigen bei Salzburg Zuflucht. Das vierte Kind Charlotte Herzfeld (1898–1975) wurde hier geboren; sie verbrachte ihr Leben in Salzburg. Als ausgebildete Kunsthandwerkerin verfertigte sie „feine Vitrinenarbeiten“ und veröffentlichte in den 1960er-Jahren zwei Gedichtbände: ''Frühling und „Alles ist reif!“'' sowie ''Von der Schulbank bis heute'' (Nachlass im [[Literaturarchiv Salzburg]]). | |
− | 1905 | + | Nach dem Nervenzusammenbruch der Eltern nahmen Ignaz und Clara Varnschein die alleingelassenen Kinder 1899 auf. Sie lebten bis 1905 in Salzburg. Dies und andere für Herzfeld als ältestes Kind besonders prägnante Ereignisse skizzierte sein jüngerer Bruder [[Herzfelde, Wieland|Wieland Herzfelde]] in seinem Buch ''Immergrün. Merkwürdige Erlebnisse und Erfahrungen eines fröhlichen Waisenknaben'': „Diese vier Tage und Nächte der Verlorenheit haben sich unauslöschlich in die Züge meines Bruders eingegraben und die eigentümlichste Seite seines Wesens hervorgerufen: Er reagiert auf jegliches Leid, dessen Zeuge er wird, so heftig wie auf einen gegen ihn selbst gerichteten Angriff.“ Ebenso beschreibt er Herzfelds Zeit in der „Zwangserziehungsanstalt“ Johanneum ca. 1904, in der – in ähnlichem Alter – [[Thomas Bernhard]] 1944 lebte (vergleiche dessen autobiografischen Band ''Die Ursache'', 1975). |
− | + | An eine Buchhändlerlehre 1905 in Wiesbaden schloss Helmut Herzfeld / John Heartfield ein Studium an den Kunstgewerbeschulen München und Berlin an und arbeitete als Grafiker. 1916 Anglisierung des Namens aus Protest gegen offizielle Kriegshetze, 1916/17 Gründung des Malik-Verlages gemeinsam mit seinem Bruder. 1918 Mitglied der KPD. Heartfield spielte eine Schlüsselrolle bei der Gründung der Berliner Dadaisten-Gruppe, für welche die Fotomontage als neues künstlerisches Ausdrucksmedium große Bedeutung gewann. Ausstattungsleiter und Bühnenbildner bei Erwin Piscator und [[Reinhardt, Max|Max Reinhardt]] in Berlin. | |
− | + | Heartfield betrat mit seinem Freund George Grosz bei Buch- und Zeitschriftengestaltung typografisches Neuland. Daraus entstanden die politische Fotomontage für die Wochenzeitung AIZ (''Arbeiter Illustrierte Zeitung'') und Plakate, die während der Weimarer Republik und aus dem Prager Exil ab 1933 in hohen Auflagen im Kampf gegen Faschismus und Krieg eingesetzt wurden. 1938 Flucht über Paris nach London, wo sich Heartfield weiterhin aktiv am Widerstand gegen das NS-Regime beteiligte. 1950 Übersiedlung in die DDR, eingeschränkte künstlerische Tätigkeit wegen des Vorurteils gegen die Fotomontage als „Formalismus“, 1956 Mitglied der Akademie der Künste, 1960 Professur an der Berliner Kunstakademie. | |
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+ | * S. Bengesser: Archivgeschichten II: Charlotte Herzfeld. In: SALZ 39, 2013, H. 153, S. 36–38. | ||
+ | * N. Mayr: J.H. und W. Herzfelde. In: SN, 29.11.1997. – Akademie der Künste zu Berlin u.a. (Hg.): J.H. Köln 1991. | ||
+ | * W. Herzfelde: J.H. Dresden 1962. | ||
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Aktuelle Version vom 30. Mai 2021, 20:08 Uhr
John Heartfield, * 19. Juni 1891 in Berlin als Helmut Herzfeld, † 26. April 1968 in Ost-Berlin; Künstler, Bühnenbildner, Fotomonteur, Gebrauchsgrafiker und Begründer der politischen Collage.
Heartfields Vater, der sozialistische, wegen Gotteslästerung verfolgte Schriftsteller Franz Held (Herzfeld), fand mit seiner Frau und den Kindern Helmut, Wieland und Hertha 1896 in Aigen bei Salzburg Zuflucht. Das vierte Kind Charlotte Herzfeld (1898–1975) wurde hier geboren; sie verbrachte ihr Leben in Salzburg. Als ausgebildete Kunsthandwerkerin verfertigte sie „feine Vitrinenarbeiten“ und veröffentlichte in den 1960er-Jahren zwei Gedichtbände: Frühling und „Alles ist reif!“ sowie Von der Schulbank bis heute (Nachlass im Literaturarchiv Salzburg).
Nach dem Nervenzusammenbruch der Eltern nahmen Ignaz und Clara Varnschein die alleingelassenen Kinder 1899 auf. Sie lebten bis 1905 in Salzburg. Dies und andere für Herzfeld als ältestes Kind besonders prägnante Ereignisse skizzierte sein jüngerer Bruder Wieland Herzfelde in seinem Buch Immergrün. Merkwürdige Erlebnisse und Erfahrungen eines fröhlichen Waisenknaben: „Diese vier Tage und Nächte der Verlorenheit haben sich unauslöschlich in die Züge meines Bruders eingegraben und die eigentümlichste Seite seines Wesens hervorgerufen: Er reagiert auf jegliches Leid, dessen Zeuge er wird, so heftig wie auf einen gegen ihn selbst gerichteten Angriff.“ Ebenso beschreibt er Herzfelds Zeit in der „Zwangserziehungsanstalt“ Johanneum ca. 1904, in der – in ähnlichem Alter – Thomas Bernhard 1944 lebte (vergleiche dessen autobiografischen Band Die Ursache, 1975).
An eine Buchhändlerlehre 1905 in Wiesbaden schloss Helmut Herzfeld / John Heartfield ein Studium an den Kunstgewerbeschulen München und Berlin an und arbeitete als Grafiker. 1916 Anglisierung des Namens aus Protest gegen offizielle Kriegshetze, 1916/17 Gründung des Malik-Verlages gemeinsam mit seinem Bruder. 1918 Mitglied der KPD. Heartfield spielte eine Schlüsselrolle bei der Gründung der Berliner Dadaisten-Gruppe, für welche die Fotomontage als neues künstlerisches Ausdrucksmedium große Bedeutung gewann. Ausstattungsleiter und Bühnenbildner bei Erwin Piscator und Max Reinhardt in Berlin.
Heartfield betrat mit seinem Freund George Grosz bei Buch- und Zeitschriftengestaltung typografisches Neuland. Daraus entstanden die politische Fotomontage für die Wochenzeitung AIZ (Arbeiter Illustrierte Zeitung) und Plakate, die während der Weimarer Republik und aus dem Prager Exil ab 1933 in hohen Auflagen im Kampf gegen Faschismus und Krieg eingesetzt wurden. 1938 Flucht über Paris nach London, wo sich Heartfield weiterhin aktiv am Widerstand gegen das NS-Regime beteiligte. 1950 Übersiedlung in die DDR, eingeschränkte künstlerische Tätigkeit wegen des Vorurteils gegen die Fotomontage als „Formalismus“, 1956 Mitglied der Akademie der Künste, 1960 Professur an der Berliner Kunstakademie.
Lit.:
- S. Bengesser: Archivgeschichten II: Charlotte Herzfeld. In: SALZ 39, 2013, H. 153, S. 36–38.
- N. Mayr: J.H. und W. Herzfelde. In: SN, 29.11.1997. – Akademie der Künste zu Berlin u.a. (Hg.): J.H. Köln 1991.
- W. Herzfelde: J.H. Dresden 1962.
N.M., S.B.