Walter Kappacher: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Kappacher, Walter''', * Salzburg 24.10.1938, Schriftsteller.
 
'''Kappacher, Walter''', * Salzburg 24.10.1938, Schriftsteller.
  
Lebt in Salzburg, seit 1996 in Obertrum, Lehr- und Gesellenjahre als Kraftfahrzeugmechaniker, seit 1959 verschiedene Berufe, schreibt seit 1964. Sammelband #Nur Fliegen ist schöner und andere Geschichten# (1973), 1975 die Romane: #Morgen# und #Die Werkstatt#. Als Martin Walser den Roman #Morgen# in der #Zeit# überschwänglich lobte („Ich begann, Walter Kappacher zu bewundern“), wurde eine größere literarische Öffentlichkeit auf K. aufmerksam. Auch in der Erzählung #Rosina# (1978) und im Roman #Der lange Brief# (1982) gestaltet K. die Entfremdung durch unbefriedigende Arbeits- und Lebensumstände. Obgleich diese Werke „zu den aufhebenswerten Exemplaren der Belletristik über die Arbeits- und Lebenswelt der Angestellten“ gehören, sind sie mehr als „Literatur der Arbeitswelt“. In vielen Werken K.s ist die Topographie Salzburgs zu erkennen. Ironie und Zeitkritik werden auch in neueren kleineren Prosaarbeiten, Hörspielfassungen und Filmszenarien deutlich, z. B. in #Der Zauberlehrling# (auch als Film). Für seine kunstvoll gebaute Erzählung #Gipskopf# (1984) erhielt er 1985 den Länderbank-Literaturpreis. Weitere Preise: →Rauriser Förderungspreis (1975), Förderungspreis zum Österr. Staatspreis für Literatur (1977), Literaturpreis der Salzburger Wirtschaft (1990), H. Hesse- Stipendium / Stadtschreiber in Calw (1997), Hermann-Lenz-Preis (2004), Großer Kunstpreis des Landes Salzburg (2006), Ehrendoktorat der →Univ. Salzburg (2008), Georg-Büchner-Preis (2009). Weitere Werke: #Cerreto# (Erz., 1988), #Touristomania# (Erz., 1990), #Ein Amateur# (Rom, 1993), #Wer zuerst lacht# (Erzn., 1997), #Silberpfeile# (2000), #Selina oder Das andere Leben# (2005), #Der Fliegenpalast# (2009), #Land der roten Steine# (2012), #Die Amseln von Parsch und andere Prosa# (2013), #Trakls letzte Tage & Mahlers Heimkehr# (2014). Teilvorlass im →Literaturarchiv Salzburg.
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K. wuchs in Salzburg auf und absolvierte zunächst Lehr- und Gesellenjahre als Motorradmechaniker. Nach einer Phase der Begeisterung für den Motorrad-Rennsport begann er 1960 eine Ausbildung in einer Münchner Schauspielschule, die er wieder abbrach, als sich aus der sich intensivierenden Lektüre die eigene schriftstellerische Arbeit herausbildete. Ab 1964 arbeitete K. als Reisebüro-Kaufmann und unternahm selbst regelmäßig Reisen nach Italien. 1967 veröffentlichte er erste Kurzgeschichten, 1975 die Romane #Morgen# u. #Die Werkstatt#, 1978 den Roman #Rosina#. Im Mittelpunkt dieser Bücher steht die sensibel-genaue Darstellung des Berufsalltags von Arbeitern und Angestellten; Martin Walser sprach in einer respektvollen Rezension von „brutaler Zurückhaltung“ und prägte für K.s Literatur die Formel von der „Prüfung einer Lebensart“.
 
   
 
   
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1978 entschloss sich K. zu einer Laufbahn als freier Schriftsteller; neben einer Reihe von Romanen und Erzählungen (z.B. #Der lange Brief#, 1982; #Gipskopf#, 1984) folgten mehrere Hörspiele und Fernsehdrehbücher (u.a. für Peter Keglevic). Ein längerer Aufenthalt in einem steinernen Bauernhaus bei Arezzo Anfang der 1980er-Jahre führte zum Band #Cerreto# (1989); 1993 erschien der autobiographisch grundierte Roman #Ein Amateur#. Der kunstvoll gebaute Roman #Silberpfeile# (2000) beschäftigt sich u.a. mit den Versuchen, im oberösterreichischen Ort Redl-Zipf kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs die V2-Rakete zu entwickeln. Der Roman #Selina oder Das andere Leben# (2005) handelt vom Versuch einer Neuorientierung, die ein Salzburger Gymnasiallehrer in einer abgeschiedenen italienischen Gegend unternimmt. So wie hier auf das Romanfragment #Selina oder über die Unsterblichkeit# (1827) von Jean Paul Bezug genommen wird, bildet Literaturgeschichtliches auch den Ausgangspunkt von K.s Roman #Der Fliegenpalast# (2009), in dem ein kurzer Urlaubsaufenthalt des 50-jährigen H.v. →Hofmannsthal im Salzburger Gebirgs-Kurort Bad Fusch (1824) eine zwiespältige Selbstreflexion des Festspiel-Mitbegründers angesichts einer künstlerischen Krise an der Schwelle zum Alter auslöst. Der Roman #Land der roten Steine# (2012) geht auf eine USA-Reise K.s zurück. 2014 wurde bei den Salzburger Festspielen sein Stück #Trakls letzte Tage# uraufgeführt; in diesem Jahr übersiedelte K. wieder nach Salzburg, nachdem er ab 1996 mit seiner Frau Teresa in Obertrum gelebt hatte. Dort war auch sein 2009 erschienener Fotoband #Schönheit des Vergehens# entstanden.
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Unter K.s zahlreichen Auszeichnungen ragt der Georg-Büchner-Preis 2009 heraus; außerdem u.a. Rauriser Literaturpreis 1985, Hermann-Lenz-Preis 2004, Großer Kunstpreis des Landes Salzburg 2006, Ehrendoktorat der Univ. Salzburg 2008.
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* M. Mittermayer, U. Tanzer (Hg.): W. K. Person und Werk. Salzburg 2013.
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* M. Mittermayer, U. Tanzer (Hg.): W.K. Person und Werk. Salzburg, Wien 2013.
* Salz 93/1998.
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* L. Freudenthaler: „Wie die Menschen leben oder nicht leben“. Utopische Momente im Werk von W.K. Dipl.-Arb. Univ. Wien
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* SALZ. Zeitschrift für Literatur 24, 1998, H. 93: W.K.
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Ma.M.
  
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Version vom 6. März 2018, 00:05 Uhr

Kappacher, Walter, * Salzburg 24.10.1938, Schriftsteller.

K. wuchs in Salzburg auf und absolvierte zunächst Lehr- und Gesellenjahre als Motorradmechaniker. Nach einer Phase der Begeisterung für den Motorrad-Rennsport begann er 1960 eine Ausbildung in einer Münchner Schauspielschule, die er wieder abbrach, als sich aus der sich intensivierenden Lektüre die eigene schriftstellerische Arbeit herausbildete. Ab 1964 arbeitete K. als Reisebüro-Kaufmann und unternahm selbst regelmäßig Reisen nach Italien. 1967 veröffentlichte er erste Kurzgeschichten, 1975 die Romane #Morgen# u. #Die Werkstatt#, 1978 den Roman #Rosina#. Im Mittelpunkt dieser Bücher steht die sensibel-genaue Darstellung des Berufsalltags von Arbeitern und Angestellten; Martin Walser sprach in einer respektvollen Rezension von „brutaler Zurückhaltung“ und prägte für K.s Literatur die Formel von der „Prüfung einer Lebensart“.

1978 entschloss sich K. zu einer Laufbahn als freier Schriftsteller; neben einer Reihe von Romanen und Erzählungen (z.B. #Der lange Brief#, 1982; #Gipskopf#, 1984) folgten mehrere Hörspiele und Fernsehdrehbücher (u.a. für Peter Keglevic). Ein längerer Aufenthalt in einem steinernen Bauernhaus bei Arezzo Anfang der 1980er-Jahre führte zum Band #Cerreto# (1989); 1993 erschien der autobiographisch grundierte Roman #Ein Amateur#. Der kunstvoll gebaute Roman #Silberpfeile# (2000) beschäftigt sich u.a. mit den Versuchen, im oberösterreichischen Ort Redl-Zipf kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs die V2-Rakete zu entwickeln. Der Roman #Selina oder Das andere Leben# (2005) handelt vom Versuch einer Neuorientierung, die ein Salzburger Gymnasiallehrer in einer abgeschiedenen italienischen Gegend unternimmt. So wie hier auf das Romanfragment #Selina oder über die Unsterblichkeit# (1827) von Jean Paul Bezug genommen wird, bildet Literaturgeschichtliches auch den Ausgangspunkt von K.s Roman #Der Fliegenpalast# (2009), in dem ein kurzer Urlaubsaufenthalt des 50-jährigen H.v. →Hofmannsthal im Salzburger Gebirgs-Kurort Bad Fusch (1824) eine zwiespältige Selbstreflexion des Festspiel-Mitbegründers angesichts einer künstlerischen Krise an der Schwelle zum Alter auslöst. Der Roman #Land der roten Steine# (2012) geht auf eine USA-Reise K.s zurück. 2014 wurde bei den Salzburger Festspielen sein Stück #Trakls letzte Tage# uraufgeführt; in diesem Jahr übersiedelte K. wieder nach Salzburg, nachdem er ab 1996 mit seiner Frau Teresa in Obertrum gelebt hatte. Dort war auch sein 2009 erschienener Fotoband #Schönheit des Vergehens# entstanden.

Unter K.s zahlreichen Auszeichnungen ragt der Georg-Büchner-Preis 2009 heraus; außerdem u.a. Rauriser Literaturpreis 1985, Hermann-Lenz-Preis 2004, Großer Kunstpreis des Landes Salzburg 2006, Ehrendoktorat der Univ. Salzburg 2008.

Lit.:

  • M. Mittermayer, U. Tanzer (Hg.): W.K. Person und Werk. Salzburg, Wien 2013.
  • L. Freudenthaler: „Wie die Menschen leben oder nicht leben“. Utopische Momente im Werk von W.K. Dipl.-Arb. Univ. Wien
  • SALZ. Zeitschrift für Literatur 24, 1998, H. 93: W.K.

Ma.M.