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Version vom 27. Februar 2021, 05:28 Uhr
Kajetan (Kai) Mühlmann, * 26. Juni 1898 in Uttendorf, Pinzgau, † 2. August 1958 in München. Kunsthistoriker, NS-Funktionär; als solcher verantwortlich für die Plünderungen von Kulturgütern in den von den deutschen Truppen besetzten Ländern Polen und den Niederlanden sowie der Ukraine.
Aus bäuerlichen Verhältnissen, Lehrerbildungsanstalt in Salzburg, als 17-jähriger eingerückt und schwer verwundet, 1922–26 Studium der Kunstgeschichte in Innsbruck und Wien, Werbechef der Salzburger Festspiele, 1932 Heirat mit Poldi Wojtek. Ab 1934 mit Arthur Seyss-Inquart illegal als Vertrauensmann für die NSDAP tätig. Nach dem „Anschluss“ wurde er Staatssekretär für Kunst und bekleidete damit das höchste Amt, das ein Salzburger in der NS-Zeit ausübte.
1939 wechselte Mühlmann wegen interner Querelen nach Berlin, wurde nach der Kapitulation Polens durch Göring zum „Sonderbeauftragten für den Schutz und die Sicherung von Kunstwerken in den besetzten Ostgebieten“ ernannt. Nach nur sechs Monaten hatten die Besatzer unter Mühlmanns Führung 95 % der polnischen Kunstsammlungen in Museen, Universitäten, Kirchen und Schlössern konfisziert.
Ende 1940 folgte er Reichskommissar Seyss-Inquart in die Niederlande. In Den Haag baute er die „Dienststelle Mühlmann“ auf, in Brüssel und Paris wurden Außenstellen geschaffen – die in Paris leitete sein Stiefbruder Josef Mühlmann. Wieder ging es um die Erfassung von Kunstbeständen und deren Verschiebung an Nazigrößen und ihre Günstlinge. Vor allem die Beschlagnahmung des Kunstbesitzes geflüchteter Juden brachte Mühlmann hohe Gewinne. Nach der Kriegserklärung Deutschlands an die Sowjetunion wurde am 30. Juni 1941 Lemberg (Lwów) besetzt. Sogleich war auch Mühlmann zur Stelle, um, flankiert von SS-Einheiten, Kulturgüter zu rauben, beispielsweise die Dürer-Zeichnungen des Ossolinski-Museums.
Gegen Kriegsende musste Mühlmann seine Dienststelle nach Wien verlegen und floh schließlich nach Seewalchen am Attersee. Dort wurde er von den Amerikanern festgenommen, doch gelang ihm 1948 die Flucht aus dem Internierungslager in Peuerbach (Oberösterreich). Fortan lebte er am Starnberger See und bestritt seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf von beiseite geschafften und versteckten Kunstwerken.
Lit.:
- W. Thaler: Pinzgauer! Helden–Narren–Pioniere. Wien 2017, S. 148–155.
- B. Schwarz: Nationalsozialistische Raubkunstpolitik im Gau Salzburg. In: Ausstellungskat. Anti:modern, Museum der Moderne. Salzburg 2016, S. 121–131.
- B. Schwarz: Auf Befehl des Führers. Hitler und der NS-Kunstraub. Darmstadt 2014.
- J. Petropoulos: Kunstraub und Sammelwahn. Kunst und Politik im Dritten Reich. Berlin 1999.
N.Sch.