Richard Wolfram: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Wolfram, Richard''', * Wien 16. 9. 1901, † Traismauer/NÖ. 30. 5. 1995, Volkskundler. | '''Wolfram, Richard''', * Wien 16. 9. 1901, † Traismauer/NÖ. 30. 5. 1995, Volkskundler. | ||
− | Richard Angelus Albert W. entstammte einer bildungsbürgerlich protestantisch-großdeutsch orientierten Familie. Seine Kindheit beschrieb er als Idylle, geprägt durch die Germanen-Verklärung im national orientierten elterlichen Milieu. Dazu kamen Einflüsse von seinem Südtiroler Onkel, dem Volksliedforscher Franz Friedrich Kohl (1851-1924) sowie seine Mitgliedschaft im »Wandervogel«, die ihn Kontakt zu Brauch und Volkstanz brachte. Ab 1920 Studium der Germanistik und Neu-Skandinavistik an der Universität Wien, ddie bereits stark antisemitisch geprägt war; das »erwies sich als idealer Nährboden um seine deutschnationalen Prägungen weiter ein das Korsett einer 'völkischen' Wissenschaft zu zwängen«. Gerade die Germanistik erhob den Anspruch »Kerndisziplin in der Kultur- und Sinnvermittlung« zu sein, in einem Verständnis von Philologie als »Zusammenschau von Sprachentwicklung, Literatur und Volkskunde [als] eine 'Wissenschaft vom Deutschen'« (Höck). 1924'/25 Studienaufenthalt in Kiel und zahlreiche Skandinavienreisen u.a. für seine Dissertation. Auch seine Dissertation (1926) über den politischen Schriftsteller Ernst Moritz Arndt war ethnografisch ausgelegt im Sinne seiner germanophilen Suche nach Geschichtsmythologie wie der Zusammengehörigkeit der »germanischen Völker«; Arndt galt seit 1918 als Identifikationsfläche für die völkische Rechte. Seine Arbeit wurde 1933 in Weimar gedruckt und Otto Höfler rezensierte sie in der Berliner NS-Zeitschrift »Nordische Welt« als äußerst wichtig. 1928 | + | Richard Angelus Albert W. entstammte einer bildungsbürgerlich protestantisch-großdeutsch orientierten Familie. Seine Kindheit beschrieb er als Idylle, geprägt durch die Germanen-Verklärung im national orientierten elterlichen Milieu. Dazu kamen Einflüsse von seinem Südtiroler Onkel, dem Volksliedforscher Franz Friedrich Kohl (1851-1924) sowie seine Mitgliedschaft im »Wandervogel«, die ihn Kontakt zu Brauch und Volkstanz brachte. Ab 1920 Studium der Germanistik und Neu-Skandinavistik an der Universität Wien, ddie bereits stark antisemitisch geprägt war; das »erwies sich als idealer Nährboden um seine deutschnationalen Prägungen weiter ein das Korsett einer 'völkischen' Wissenschaft zu zwängen«. Gerade die Germanistik erhob den Anspruch »Kerndisziplin in der Kultur- und Sinnvermittlung« zu sein, in einem Verständnis von Philologie als »Zusammenschau von Sprachentwicklung, Literatur und Volkskunde [als] eine 'Wissenschaft vom Deutschen'« (Höck). 1924'/25 Studienaufenthalt in Kiel und zahlreiche Skandinavienreisen u.a. für seine Dissertation. Auch seine Dissertation (1926) über den politischen Schriftsteller Ernst Moritz Arndt war ethnografisch ausgelegt im Sinne seiner germanophilen Suche nach Geschichtsmythologie wie der Zusammengehörigkeit der »germanischen Völker«; Arndt galt seit 1918 als Identifikationsfläche für die völkische Rechte. Seine Arbeit wurde 1933 in Weimar gedruckt und Otto Höfler rezensierte sie in der Berliner NS-Zeitschrift »Nordische Welt« als äußerst wichtig. Höfler hatte ab 1934 ein Extraordinariat in Kiel inne und wurde zum ideologischen Ideengeber des »Ahenenerbe der SS« in dessen Rangstreitigkeiten mit dem »Amt Rosenberg«, das sich in den 1920er Jahren aus der »Mondmythologischen Wiener Schule« gebildet hatte. 1928 wurde W. Lektor und erhielt danach Lehraufträge für Schwedisch an der Universität Wien. Ab 1928 Suche nach »volkskundlichen Quellströmen« unter Einfluss von Rudolf Much und zunehmende Radikalisierung gegen Andersdenkende in scharfer politischer Polemik. Für Otto Höfler und W.R. »wurde das Auffinden germanischer Kontinuität zur Obsession«. Die »Wiener Much-Schule« wurde daher auch als »die Ritualisten« bzw. die »Männerbund-Schule« bezeichnet. Dazu zählten auch der Eberhard Kranzmayer (1897-1975), Lily Weiser (1898-1987) u.a. 1932-1934 und ab 1937-1945 Mitglied der NSDAP; 1934-38 »zeitweilig« Wiener Zeitungskorrespondent in Skandinavien. Begründer und Vorstand der ebenfalls politisch tätigen Gesellschaft »Svea«. 1934 Habilitation für germanische Volkskunde über »Schwerttanz und Männerbund« bei Rudolf Much, die aber wegen seiner politischen Tätigkeit erst 1936 angenommen wurde. Lehrtätigkeit ab 1937/38. Der so genannte »Anschluß« wurde für W. zum Karrierebeschleuniger; er wurde von 1938-45 Leiter der am 13. 7. 1938 begründeten »Lehr- und Forschungsstätte für germanisch-deutsche Volkskunde« zugehörig zur »Außenstelle Süd-Ost« des »Ahnenerbe des Reichsführers SS Heinrich Himmler« in Salzburg, die weltanschauliche Grundlagenforschung im Sinne der nationalsozialistischen Wissenschaft zu leisten hatte. W. widmete sich der »Erforschung des Jahreslaufbrauchtums, der volkslichen (!) Gemeinschaftsordnungen, sowie der rassischen und volkslichen (!) Bedingtheiten von Musik, Lied, Tanz, Hausformen, Gefäßformen und Sachgüter«, die Wiedereinführung der Perchtenbräuche und der Schwerttanz standen im Zentrum seiner Interessen. Die Außenstelle sollte der »katholischen Tradition bewußt die nationalsozialistische Wissenschaft entgegenstellen«, sie übernahm Teilbestände des von der SS aufgelösten und geplünderten Instituts für religiöse Volkskunde der Theologischen Fakultät. Das Inst. wurde im »Germanischen Wissenschaftseinsatz« eingesetzt. Als ständige, kurzfristige und freie Mitarbeiter fungierten u. a. F. →Prodinger, Luise Hess, Hans Ernst Schneider (1940-45 »Einsatzstab Niederlande«; ab 1945 Karriere als Universitätsprofessor für Germanistik u. a. in Salzburg und Universitätsrektor in Aachen unter dem Namen Hans Werner Schwerte), K. →Adrian, T. →Reiser, K. →Brandauer und Romuald Pramberger. Diese Stelle stand in ständiger Konkurrenz zur »Arbeitsgemeinschaft für deutsche Volkskunde « des »Amtes Rosenberg« in Salzburg, dem Landesschulrat und Gauschulungsleiter K. →Springenschmid, H. Amanshauser als Leiter der Gauarbeitsgemeinschaft und K. Ruprecht (Hauptstellenleiter Volkskunde) sowie K. →Fiala angehörten. 1939 übernahm W. auch die Leitung des neugegründeten Universitätsinst. für germanisch-deutsche Volkskunde in Wien. In der Zeit seines Berufsverbotes nach 1945/46 »Brauchtumsaufnahmen im Lande Salzburg«. Mitarbeit am Salzburg-Atlas Egon Lendls, der in der NS-Zeit begonnen worden war. 1958-90 Leiter der Gesellschaft für den Österr. Volkskundeatlas an der Österr. Akademie der Wissenschaften. 1954 venia legendi für Volkskunde, 1956 Titel, 1959 Amt des a. o. Prof., 1963-71 Ordinarius für Volkskunde an der Univ. Wien. Seine über 250 Publikationen blieben dem »Kanon der Volkskunde«, der Wiener Mythologischen Schule verhaftet; Sein zentraler Gedanke, die »germanische Kontinuität« aufzuspüren, blieb »ein jeglicher wissenschaftlicher Untersuchung vorgeschalteter Glaubenssatz«. Sein gesamtes WErk blieb stets der nationalen ahistorischen Reliktforschung verhaftet und ist daher nur unter quellen- und zeitkritischer Bearbeitung im Kontext sind seine Feldforschungen, Ton- und Bilddokumentationen zu verwenden. Auf dem Gebiet des Volkstanzes, in Kreisen der Erwachsenenbildung und Brauchtumspflege erlangte W. europaweites Ansehen, was nicht unproblematisch ist und postfaktisch weiterwirkt. Mit zahlreichen Auszeichnungen Schwedens, der Republik Österreich und österr. Bundesländer und Vereinigungen bedacht. |
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Version vom 7. August 2018, 15:59 Uhr
Wolfram, Richard, * Wien 16. 9. 1901, † Traismauer/NÖ. 30. 5. 1995, Volkskundler.
Richard Angelus Albert W. entstammte einer bildungsbürgerlich protestantisch-großdeutsch orientierten Familie. Seine Kindheit beschrieb er als Idylle, geprägt durch die Germanen-Verklärung im national orientierten elterlichen Milieu. Dazu kamen Einflüsse von seinem Südtiroler Onkel, dem Volksliedforscher Franz Friedrich Kohl (1851-1924) sowie seine Mitgliedschaft im »Wandervogel«, die ihn Kontakt zu Brauch und Volkstanz brachte. Ab 1920 Studium der Germanistik und Neu-Skandinavistik an der Universität Wien, ddie bereits stark antisemitisch geprägt war; das »erwies sich als idealer Nährboden um seine deutschnationalen Prägungen weiter ein das Korsett einer 'völkischen' Wissenschaft zu zwängen«. Gerade die Germanistik erhob den Anspruch »Kerndisziplin in der Kultur- und Sinnvermittlung« zu sein, in einem Verständnis von Philologie als »Zusammenschau von Sprachentwicklung, Literatur und Volkskunde [als] eine 'Wissenschaft vom Deutschen'« (Höck). 1924'/25 Studienaufenthalt in Kiel und zahlreiche Skandinavienreisen u.a. für seine Dissertation. Auch seine Dissertation (1926) über den politischen Schriftsteller Ernst Moritz Arndt war ethnografisch ausgelegt im Sinne seiner germanophilen Suche nach Geschichtsmythologie wie der Zusammengehörigkeit der »germanischen Völker«; Arndt galt seit 1918 als Identifikationsfläche für die völkische Rechte. Seine Arbeit wurde 1933 in Weimar gedruckt und Otto Höfler rezensierte sie in der Berliner NS-Zeitschrift »Nordische Welt« als äußerst wichtig. Höfler hatte ab 1934 ein Extraordinariat in Kiel inne und wurde zum ideologischen Ideengeber des »Ahenenerbe der SS« in dessen Rangstreitigkeiten mit dem »Amt Rosenberg«, das sich in den 1920er Jahren aus der »Mondmythologischen Wiener Schule« gebildet hatte. 1928 wurde W. Lektor und erhielt danach Lehraufträge für Schwedisch an der Universität Wien. Ab 1928 Suche nach »volkskundlichen Quellströmen« unter Einfluss von Rudolf Much und zunehmende Radikalisierung gegen Andersdenkende in scharfer politischer Polemik. Für Otto Höfler und W.R. »wurde das Auffinden germanischer Kontinuität zur Obsession«. Die »Wiener Much-Schule« wurde daher auch als »die Ritualisten« bzw. die »Männerbund-Schule« bezeichnet. Dazu zählten auch der Eberhard Kranzmayer (1897-1975), Lily Weiser (1898-1987) u.a. 1932-1934 und ab 1937-1945 Mitglied der NSDAP; 1934-38 »zeitweilig« Wiener Zeitungskorrespondent in Skandinavien. Begründer und Vorstand der ebenfalls politisch tätigen Gesellschaft »Svea«. 1934 Habilitation für germanische Volkskunde über »Schwerttanz und Männerbund« bei Rudolf Much, die aber wegen seiner politischen Tätigkeit erst 1936 angenommen wurde. Lehrtätigkeit ab 1937/38. Der so genannte »Anschluß« wurde für W. zum Karrierebeschleuniger; er wurde von 1938-45 Leiter der am 13. 7. 1938 begründeten »Lehr- und Forschungsstätte für germanisch-deutsche Volkskunde« zugehörig zur »Außenstelle Süd-Ost« des »Ahnenerbe des Reichsführers SS Heinrich Himmler« in Salzburg, die weltanschauliche Grundlagenforschung im Sinne der nationalsozialistischen Wissenschaft zu leisten hatte. W. widmete sich der »Erforschung des Jahreslaufbrauchtums, der volkslichen (!) Gemeinschaftsordnungen, sowie der rassischen und volkslichen (!) Bedingtheiten von Musik, Lied, Tanz, Hausformen, Gefäßformen und Sachgüter«, die Wiedereinführung der Perchtenbräuche und der Schwerttanz standen im Zentrum seiner Interessen. Die Außenstelle sollte der »katholischen Tradition bewußt die nationalsozialistische Wissenschaft entgegenstellen«, sie übernahm Teilbestände des von der SS aufgelösten und geplünderten Instituts für religiöse Volkskunde der Theologischen Fakultät. Das Inst. wurde im »Germanischen Wissenschaftseinsatz« eingesetzt. Als ständige, kurzfristige und freie Mitarbeiter fungierten u. a. F. →Prodinger, Luise Hess, Hans Ernst Schneider (1940-45 »Einsatzstab Niederlande«; ab 1945 Karriere als Universitätsprofessor für Germanistik u. a. in Salzburg und Universitätsrektor in Aachen unter dem Namen Hans Werner Schwerte), K. →Adrian, T. →Reiser, K. →Brandauer und Romuald Pramberger. Diese Stelle stand in ständiger Konkurrenz zur »Arbeitsgemeinschaft für deutsche Volkskunde « des »Amtes Rosenberg« in Salzburg, dem Landesschulrat und Gauschulungsleiter K. →Springenschmid, H. Amanshauser als Leiter der Gauarbeitsgemeinschaft und K. Ruprecht (Hauptstellenleiter Volkskunde) sowie K. →Fiala angehörten. 1939 übernahm W. auch die Leitung des neugegründeten Universitätsinst. für germanisch-deutsche Volkskunde in Wien. In der Zeit seines Berufsverbotes nach 1945/46 »Brauchtumsaufnahmen im Lande Salzburg«. Mitarbeit am Salzburg-Atlas Egon Lendls, der in der NS-Zeit begonnen worden war. 1958-90 Leiter der Gesellschaft für den Österr. Volkskundeatlas an der Österr. Akademie der Wissenschaften. 1954 venia legendi für Volkskunde, 1956 Titel, 1959 Amt des a. o. Prof., 1963-71 Ordinarius für Volkskunde an der Univ. Wien. Seine über 250 Publikationen blieben dem »Kanon der Volkskunde«, der Wiener Mythologischen Schule verhaftet; Sein zentraler Gedanke, die »germanische Kontinuität« aufzuspüren, blieb »ein jeglicher wissenschaftlicher Untersuchung vorgeschalteter Glaubenssatz«. Sein gesamtes WErk blieb stets der nationalen ahistorischen Reliktforschung verhaftet und ist daher nur unter quellen- und zeitkritischer Bearbeitung im Kontext sind seine Feldforschungen, Ton- und Bilddokumentationen zu verwenden. Auf dem Gebiet des Volkstanzes, in Kreisen der Erwachsenenbildung und Brauchtumspflege erlangte W. europaweites Ansehen, was nicht unproblematisch ist und postfaktisch weiterwirkt. Mit zahlreichen Auszeichnungen Schwedens, der Republik Österreich und österr. Bundesländer und Vereinigungen bedacht.
Literatur:
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- A. W. Höck: Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“. In: K. Hruza (Hg.): Österreichische Historiker. Band 1945 ff. Veröff. der ÖAW, Wien erscheint Dez. 2018.
- A. W. Höck: „Der Volkskundler Richard Wolfram und der lange Schatten der deutsch-völkischen Mythenwelt". In: W. Froihofer (Hg.): Volkstanz zwischen den Zeiten. Zur Kulturgeschichte des Volkstanzes in Österreich und Südtirol. o.O. o.J. (Weitra 2012), 227-239. (Kurztext im Buch, Langtext auf beiliegender DVD).
- O. Bockhorn: Die Angelegenheit Dr. Wolfram, Wien. Zur Besetzung der Professur für germanisch-deutsche Volkskunde an der Universität Wien. In: M. G. Ash u.a. (Hg): Geisteswissenschaften im Nationalsozialismus. Das Beispiel der Universität Wien. Göttingen 2010, 199–224.
- Ders.: Der Kampf um die „Ostmark“. Ein Beitrag zur Geschichte der nationalsozialistischen Volkskunde in Österreich. In: G. Heiss u.a. (Hg.): Willfährige Wissenschaft. Die Universität Wien 1938 bis 1945. (= Österr. Texte zur Gesellschaftskritik 43), Wien 1989, 17–38.
- E. Wallnöfer: Die wissenschaftliche Legitimierung des Volkstanzes: Richard Wolfram. In: Wie Anm. 7, Froihofer 2012, 654–671. –
- Konrad Köstlin: Richard Wolfram 1901–1995. (= ÖZV 98), 480–483.
- W. Haas (Hg.): Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg (=SBzVK 8). Salzburg 1996.
- W. Jacobeit, H. Lixfeld, O. Bockhorn (Hg.): Völkische Wissenschaft. Gestalten und Tendenzen der deutschen und österreichischen Volkskunde in der ersten Hälfte des 20. Jh., Wien 1994.
U.K.