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Seit dem 19. Jahrhundert ist in Folge der Änderung der Lebensverhältnisse und Normen eine schriftliche Tradierung der Sagen durch den Schulunterricht vorherrschend. Dennoch bilden sich auch heute sog. moderne Stadtsagen als Wandersagen oder Lokalsagen aus, z.B. die Tote als Autostopperin (Pinzgau), die Sagen von UFOs und verschwundenen Bergsteigern im Untersberg. Moderne Sagensammlungen beziehen oft Wanderrouten und touristische Wege sowie Attraktionen mit ein. Auch setzen sie ihre Schwerpunkte nach augenblicklichen Bedürfnissen der geschichtlichen Anbindung. | Seit dem 19. Jahrhundert ist in Folge der Änderung der Lebensverhältnisse und Normen eine schriftliche Tradierung der Sagen durch den Schulunterricht vorherrschend. Dennoch bilden sich auch heute sog. moderne Stadtsagen als Wandersagen oder Lokalsagen aus, z.B. die Tote als Autostopperin (Pinzgau), die Sagen von UFOs und verschwundenen Bergsteigern im Untersberg. Moderne Sagensammlungen beziehen oft Wanderrouten und touristische Wege sowie Attraktionen mit ein. Auch setzen sie ihre Schwerpunkte nach augenblicklichen Bedürfnissen der geschichtlichen Anbindung. | ||
− | + | Literatur: | |
− | * W. Morscher, B. Mrugalska-Morscher: Die schönsten | + | * W. Morscher, B. Mrugalska-Morscher: Die schönsten Sagen aus Salzburg. Innsbruck 2010. |
− | * J. Brettenthaler: Das große Salzburger | + | * J. Brettenthaler: Das große Salzburger Sagen-Buch. Krispl 1994. |
− | * R. v. Freisauff: Aus Salzburgs | + | * R. v. Freisauff: Aus Salzburgs Sagen-Schatz. Salzburg 1914 (Salzburger Volkssagen. Wien 1880). Nachdr. In: Salzburg Archiv 15, Salzburg 1993. |
− | * J. Brettenthaler, M. Laireiter: Das Salzburger | + | * J. Brettenthaler, M. Laireiter: Das Salzburger Sagen-Buch. Salzburg 1961. |
U.K. | U.K. |
Version vom 23. Mai 2021, 17:46 Uhr
Zwischen 1860 und 1863 veröffentlichte Franz Zillner in den Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 322 Sagen aus Salzburg. Sie flossen in die umfassendste und bedeutendste Sagensammlung, Salzburger Volkssagen – 1880 vom Salzburger Schriftsteller Rudolf von Freisauff herausgegeben – ein, die durch eine Quellen- und Literatursammlung von Nicolaus Huber ergänzt wird.
Nur in der Ausgabe von 1880 wurden alle Sagenvarianten abgedruckt. Alle weiteren Sagenbücher beziehen sich auf dieses Werk. Über 100 Sagen beschäftigen sich darin mit dem Untersberg (Untersbergsagen). Sowohl die Kaisersage in verschiedenen Varianten als auch Sagen um die überirdischen Wesen rund um den Untersberg finden sich darunter. Neben historischen und Gründungssagen machen die alpinen Sagen um Geister, Hexen und Zauberer einen bedeutenden Teil der Salzburger Sagen aus. Die von Freisauff als fromme Sagen und Legenden bezeichneten Werke zählen zu den verschiedenen Kategorien der Volkssagen.
Im Sinne einer volkskundlichen, vergleichenden Erzählforschung ist heute der geografisch-historische Vergleich ebenso interessant wie die Frage nach Mündlichkeit, Bildlichkeit und Schriftlichkeit der Überlieferung, nach soziologischer und regionaler Bedeutung der Erzählstoffe. In der Sage ist die Bindung an Glauben und Wissen stärker als die erzählerische Komposition.
Auch in den Salzburger Sagen wird die Bindung an den Ort, das Erzählen über seine Geschichte deutlich. Geschichtliche Ursprungs- und Lokalsagen, Toten- und Heldensagen berichten über ikonische Orte oder Personen dieser Region, sie liefern oft auch volkstümliche Erklärungen zur Herkunft von historischen Statuen (Wilder Mann) und Bräuchen (Samson, Bercht/Perchten; Samsonumzug). Motive historischer Wandersagen treten oft in ihnen hervor.
Zu den geschichtlichen Sagen zählen die Theophrastussage, die sich mit der Person des Arztes Paracelsus von Hohenheim beschäftigen, oder die Lungauer Lokalsage vom Zaubererjackl, einem vagierenden Abdeckersohn aus Mauterndorf, der im Bunde mit dem Teufel gestanden sein soll und 1678 hingerichtet wurde. Im Pinzgau etwa stehen die Gasteiner Goldgewerken-Familie Weitmoser und die Vertreibung der Protestanten (Emigranten) im Zentrum von Sagen, die sowohl katholisch-didaktische als auch sozialkritische Inhalte transportieren.
Die dämonologischen Sagen von Almhexen und Nach(t)senninnen, von Kasermandln (Lungau), den Wilden Frauen, vom Teufel, von Frau Percht und Wilder Jagd fügen sich in die gesamteuropäischen Sagenkreise der alpinen Sagen ein, die sowohl dämonische wie Züge der Frevelsage tragen. In den Lungauer Almsagen zeigt sich ein enger Zusammenhang mit jenen des steirischen Mur- und Ennstals. Alm- und Holzwirtschaft, alpine Landwirtschaft im vorindustriellen Status, Wilderei sowie Hierarchie und Zehentwesen treten in den Inhalten der Sagen deutlich hervor.
Die Sagen von Schatzgräbern, Venedigermandln und Speiksuchern (Lungau, Pinzgau, Pongau) beziehen ältere Wirtschaftszweige durch Bodenschätze, Parfüm- und Heilpflanzen und die Bedeutung der Passstraßen für den internationalen Fernhandel mit ein. Warnung, Belehrung und Bestrafung (etwa in den vielen Frevelsagen) – die perpetuierende Einübung von Normen – finden sich in Sagen, die häufig einen schlechten Ausgang nehmen. Das Übernatürliche und Außergewöhnliche, das bei den Menschen, in einer oft schwer in ihren Zusammenhängen erfassbaren bzw. als bedrohlich erlebten Natur oder an besonderen Orten Ängste erzeugt, wird in ihnen artikuliert (u.a. Wassergeister, die Nixe von Seekirchen). So schlägt die Sagen häufig auch Brücken zur Gegenwart. Darüber hinaus werden psychologische Notwendigkeiten und Verbindlichkeiten ausgedrückt, die viel über die Entstehung und Tradierung von Sagen deutlich machen. So finden sich vereinzelt Sagengestalten auch in Bräuchen und Spielen wieder (Kasermandlfahren, Speikmandlspiel im Lungau) bzw. kommt es darüber hinaus, wie bei Frau Percht und den Perchtenumzügen, zur Verquickung und Namensübertragungen von Sagengestalten auf Faschingsbräuche.
Als spezielle Kategorie beschäftigen sich die Zederhauser Sagen (Lungau) mit der Weltabgeschiedenheit, Einfalt und Kraft der Zederhauser. Sie werden, auch mit Motiven der Schildbürgersagen, als Tölpel am Ende der Welt charakterisiert. Auf den seit dem 18. Jahrhundert beliebten Witz und die Weltgewandtheit der Sauschneider, die v.a. aus Zederhaus im Sommer durch Österreich, Ungarn und Rumänien weit nach Südosteuropa wanderten, nehmen die Sagen keinen Bezug.
Die Gasteiner (Pinzgauer) Sagen von Kapuzenmandln und Stollenzwergen ranken sich um die Bergbaugeschichte des Gasteiner Tales und gehören zum Kreis der europäischen Bergwerkssagen. Ätiologische Sagen erklären den Ursprung der heißen Quellen und des Wildbades in der Gastein, die Namen von Vögeln, Wettererscheinungen oder Naturformationen (NocksteinSagen, Sagen um die Entstehung der Salzburger Stadtberge). Die Sagen von Ahasver im Lungau und Pinzgau und die von Doktor Faust im Pinzgau und der Stadt Salzburg (Peterskeller oder Weinkeller der Residenz) sowie von Doktor Pegius und der Welt im Untersberg gehören zum katholisch-didaktischen Sagenschatz Europas.
Seit dem 19. Jahrhundert ist in Folge der Änderung der Lebensverhältnisse und Normen eine schriftliche Tradierung der Sagen durch den Schulunterricht vorherrschend. Dennoch bilden sich auch heute sog. moderne Stadtsagen als Wandersagen oder Lokalsagen aus, z.B. die Tote als Autostopperin (Pinzgau), die Sagen von UFOs und verschwundenen Bergsteigern im Untersberg. Moderne Sagensammlungen beziehen oft Wanderrouten und touristische Wege sowie Attraktionen mit ein. Auch setzen sie ihre Schwerpunkte nach augenblicklichen Bedürfnissen der geschichtlichen Anbindung.
Literatur:
- W. Morscher, B. Mrugalska-Morscher: Die schönsten Sagen aus Salzburg. Innsbruck 2010.
- J. Brettenthaler: Das große Salzburger Sagen-Buch. Krispl 1994.
- R. v. Freisauff: Aus Salzburgs Sagen-Schatz. Salzburg 1914 (Salzburger Volkssagen. Wien 1880). Nachdr. In: Salzburg Archiv 15, Salzburg 1993.
- J. Brettenthaler, M. Laireiter: Das Salzburger Sagen-Buch. Salzburg 1961.
U.K.