Constanze Mozart

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
Version vom 19. Februar 2018, 18:50 Uhr von Gerhard Walterskirchen (Diskussion | Beiträge) (in großen Teilen neu verfasster Text und neue Literaturangaben)

Wechseln zu: Navigation, Suche

Mozart, Constanze (geb. Weber, verh. Nissen), * Zell im Wiesenthal (Breisgau) 5. 1. 1762, † Salzburg 6. 3. 1842, Sängerin, Ehefrau von W. A. →Mozart.

W. A. →M. hatte sie und ihre Familie bereits 1777 in Theaterkreisen in Mannheim kennengelernt, seine Aufmerksamkeit galt damals allerdings ihrer älteren Schwester Aloisia. Ab September 1779 wohnte die Witwe Cäcilia Weber mit ihren Töchtern in einer Wohnung nahe dem Deutschordenshaus in Wien. Dort war M. 1781 im Gefolge des Eb.s →Hieronymus Graf Colloredo eingetroffen, blieb dann in Wien und war ab Mai 1781 Untermieter von Cäcilia Weber. Gegen den Widerstand des Vaters, der die Verbindung zumindest anfangs als eine Mesalliance ansah, heiratete W. A. M. am 4. 8. 1782 C. Weber im Wiener Stephansdom. Sie war ihm das «liebste beste Weibchen», um dessen Befinden er sehr besorgt war, da C. nach der Geburt ihrer sechs Kinder zeitweise von labiler Gesundheit war. Die Ehe gilt als glücklich. Von ihren Kindern blieben nur C. T. →M. und F. X. W. →M. am Leben. C. M. war Sopranistin mit einer ausgebildeten Stimme, reichte aber als Sängerin an ihre Schwestern Aloisia und Josepha nicht heran, sie spielte aber auch Klavier und wird im «Jahrbuch der Tonkunst von Wien und Prag» 1796 unter den «Virtuosen und Dilettanten in Wien» geführt. Während ihres Salzburg-Aufenthalts mit W. A. M. von Juli bis Oktober 1783 sang C. M. am 26. 10. 1783 in der Stiftskirche →St. Peter die Sopranpartie einer nicht eindeutig bestimmten Messe, bei der es sich wahrscheinlich um die Erstaufführung der nur teilweise fertiggestellten Missa in c-Moll KV 427 handelte. Nach dem Tod ihres hochverschuldeten Mannes am 5. 12. 1791 in Wien erhielt C. M. nur eine kleine Gnadenpension. Sie erwies sich aber bei der Vermarktung des urheberrechtlich nicht geschützten musikalischen Nachlasses ihres Mannes von Anfang als geschäftstüchtig, sorgte für die Fertigstellung des unvollendeten Requiems (zunächst vergeblich durch Joseph Eybler und später durch Franz Xaver Süßmayr) und veranlasste von 1795 an verschiedene Erstdrucke (u. a. das Klavierkonzert C-Dur KV 503 und das sogenannte «Bandl»-Terzett KV 441); in den 1790er-Jahren unternahm sie mit ihrer Schwester Aloisia ausgedehnte Konzertreisen durch deutschsprachige Länder mit Werken von W. A. M., bei denen sie auch als Gesangssolistin auftrat. Mit Blick auf Verkaufsverhandlungen mit Musikverlegern, bei denen sich schließlich Ende 1799 der in Offenbach a. M. tätige Musiker und Musikverleger Johann Anton André durchsetzte, ließ sie den ungeordneten Nachlass W. A. M.s durch Maximilian Stadler und ihren Untermieter G. N. Nissen, sichten, der für sie von da an die Geschäftskorrespondenz führte. Im Besitz von C. M. verblieben an musikalischen Werken nur damals als unbrauchbar angesehene, meist kürzere Fragmente und Skizzenblätter. Ihre Rolle bei der Erziehung ihrer Kinder, die sie teilweise bei Prager Freunden in Obhut ließ, wird heute zwiespältig gewertet. Mit ihrem zweiten Mann G. N. Nissen, den sie 1809 im ungarischen Pressburg geheiratet hatte, zog sie 1810 nach Kopenhagen, wo dieser eine Zensorenstelle wahrnahm. Nach ausgedehnten Reisen durch Europa ab 1821 übersiedelte sie mit ihm 1824 nach Salzburg, wo sich später auch ihre Schwestern Sophie, verw. Haibl, und Aloisia Lange niederließen. C. M. wirkte - auch durch gezieltes Verschenken von Memorabilien - entscheidend daran mit, dass die Verehrung für ihren ersten Mann nachhaltig wuchs; sie ließ die beim Tode Nissens im Jahre 1826 unfertige «Biographie W. A. Mozart’s», für das Nissen von Salzburg aus Material gesammelt hatte, mit Hilfe von A. Jähndl, M. Keller und J. H. Feuerstein 1828 fertigstellen und veröffentlichen, wobei sie auf die Ausstattung des auf zwei Teile erweiterten Bandes mit Lithografien, Notenbeilagen sowie einem Faksimile aktiv Einfluss nahm. V. →Novello besuchte C. M. im Sommer 1829 mit seiner Frau Mary in Salzburg und würdigte ihre Freundlichkeit und sprachliche Gewandtheit. C. M. erlebte noch die Gründung des Dommusikverein und →Mozarteum im Jahre 1841, den sie von Anfang an unterstützte, sowie die Vorbereitungsarbeiten, jedoch nicht mehr die Enthüllung des Mozart-Denkmals in Salzburg, an dessen Aufstellung sie anfangs sehr interessiert war. Ihr Nachlass, dessen Wert mit fast 30.000 Gulden beziffert wurde, ging zu gleichen Teilen an die Söhne C. T. M. und F. X. W. M., von wo aus bedeutende Teile als Vor- und Nachlässe an den Dommusikverein und Mozarteum gelangten und so den Grundstock für die Sammlungen und die Museen der Int. Stiftung →Mozarteum bildeten.

Lit.:

  • A. Morgenstern: C. Nissen in Salzburg 1824–1842. Neue Aspekte zur Entstehung des Mozartkults. In: Salzburgs Musikgeschichte im Zeichen des Provinzialismus? hg. v. D. Šedivý. Wien 2014.
  • G. Finke: Die Komponistenwitwe Constanze M.. Musik bewahren und Erinnerung gestalten. Univ. Diss. Oldenburg i. O. 2012. Köln u.a. 2013.
  • R. Angermüller (Hg.): Constanze Nissen-M.: Tagebuch meines Briefwechsels in Betref der Mozartischen Biographie (1828–1837). Bad Honnef 1999.
  • A. Schurig (Hg.): Constanze M. Briefe–Aufzeichnungen–Dokumente 1782-1842. Dresden 1922.

U.L.