Residenz der Erzbischöfe von Salzburg

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Die frühen Bischöfe und Erzbischöfe wohnten als Äbte von St. Peter auch nach der Trennung von Bistum und Abtei im Kloster. Erst Erzbischof Konrad I. von Abenberg verlegte 1110 seine Wohnung und erbaute an der Stelle des heutigen Ostteils der Residenz einen neuen Bischofshof; beim Stadtbrand 1167 wurde dieser vermutlich beschädigt. Erzbischof Matthäus Lang von Wellenburg schuf erzbischöfliche Wohnräume in einem neu aufgestockten Westtrakt über den Stallungen, der über einen Gang mit der Pfarrkirche, dem Pfarrgarten (mit kleinem Weiher und Badestube) sowie mit den repräsentativen Wohnräumen und Sälen im nördlichen Rinderholz (1465 errichtet) verbunden war. Administrator Ernst von Bayern (1540–54) ließ u.a. im südöstlichen Bereich des Hofes einen Saal einbauen. Er beschäftigte auch schon „welsche“ Baumeister. Erzbischof Michael von Kuenburg baute einen Glockenturm im Bereich des Westtraktes. Erzbischof Johann Jakob von Kuen-Belasy baute den erzbischöflichen Hof großzügig aus und gab ihm ein neues Erscheinungsbild: Aufstockung des Rinderholzes und weitgehende Vereinheitlichung der Nordfassade sowie Aufsetzen eines Grabendachs und Bekrönung der Gebäudekanten nach der Mode mit kleinen Ansatztürmchen. Er beschäftigte Salzburger Baumeister: den Maurermeister Peter Schallmooser und den Zimmermeister Stephan Schallmooser.

Der im Vergleich mit anderen Residenzen rückständige mittelalterliche Bau wurde durch Um- und Neubauten unter Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau stark verändert. Möglicherweise lieferte Vincenzo Scamozzi dafür Pläne, denn „kein anderer, auch nur annähernd ähnlich potenter Fachmann ist in dieser Zeit in Salzburg nachweisbar“ (Schlegel). Wolf Dietrich beginnt jedoch 1588 zuerst mit einem Neubau: der Neuen Residenz. Er kam dabei zunächst ohne namhaften Hofbaumeister aus; dies entsprach seiner absolutistischen Gesinnung und Schulung in Zivil- und Militärarchitektur. Bei dem bis 1589 fertiggestellten Osttrakt assistierte ihm vermutlich Johann Baptist Ninguarda. Es folgten ein Baustopp und die Zerstörung bereits errichteter Bauteile. 1591 wandte sich der Erzbischof an seinen Vizedom zu Leibnitz, Hans Jakob von Kuenburg, der ihm Andrea Bertoleto als Hofbaumeister empfahl.

1592 kam es zur Wiederaufnahme der Bauarbeiten am Neugebäude mit einem Abbruch der alten Begrenzungsmauer des Domfriedhofs und zum Neubau eines Verbindungsgangs zum Neugebäude. Die auch in anderen Residenzstädten tätigen Maestri Comacini errichteten den Westtrakt, dann Nord- und Südtrakt, brachen 1597 den Gang wieder ab und schlossen die Lücke durch einen Uhrturm. Das Neugebäude zeichnet sich durch bewusst reduzierte, beinahe spartanische Formensprache am Außenbau und im Innenhof aus (kein Arkadenhof, keine aufwendigen Fensterarchitektur, keine hochwertigen Fresken). Die Innenausstattung zeigt ebenso ein bewusstes Absetzen von römischen Vorbildern (vorwiegend buntfarbiger Stuckdekor von Elia Castello, aber ältester Terrazzoboden nördlich der Alpen in Gelb und Rot; 2006 entfernt).

Wolf Dietrich unterstrich mit den aus dem Fortifikationsbau entnommenen Formen seine militärische Familientradition (Baudekor mit Raitenau-Wappen ohne kirchliche Insignien sowie Wappen seiner Vorfahren der Raitenau, der Hohenems, der Medici und Sirgenstein, starkfarbiger Verputz in Rostrot und Blau bei Bänderungen und Faschen, Stuckdekorationen, bis auf einen Raum ausschließlich profanes Programm). Der Bau ist als Bollwerk der Gegenreformation zu interpretieren, auch im Hinblick auf die schlechten Beziehungen des Erzbischofs zum Papst (u.a. wegen seiner Beziehung zu Salome Alt). 1597 kam es zur Auflassung des Domfriedhofs, 1595 hatte Andrea Bertoleto bereits mit dem Ausbau des Sebastiansfriedhofs begonnen.

Ab 1604 wurde der fünfte Flügel im Südosten angefügt, nachdem man den erst 1594 für den Bruder des Erzbischofs errichteten Hannibalpalast abgerissen hatte. Vincenzo Scamozzi fertigte 1604 einen Plan zur Erweiterung des Neugebäudes. Erzbischof Max Gandolf von Kuenburg ließ um 1670/80 den zweiten größeren Hof mit einem Süd- und West-Flügel schließen. Der Palast erhielt die Hofbibliothek und den Erbämtersaal, auch Beamtenwohnungen und Amtsräume wurden eingerichtet. Erzbischof Johann Ernst Graf von Thun ließ den Turm erhöhen und 1702 das Glockenspiel aufsetzen; weiters errichtete er die Hauptwache, heute Salzburg Museum (seit 2007 befindet sich das Haupthaus des ehemaligen SMCA in der neuen Residenz) und Panorama Museum mit Rundgemälde von Johann Michael Sattler, Amtssitz der Salzburger Landesregierung, Hauptpost.

In der Alten Residenz ließ Erzbischof Wolf Dietrich 1595 die Hofkapelle zur Guardaroba umbauen und verlegte 1597 die erzbischöflichen Wohnräume in den Osttrakt, brach das Rinderholz teilweise ab, stockte vermutlich den dritten Stock auf den Osttrakt auf und baute eine Haupteinfahrt vom großen Hofplatz (Residenzplatz) ein. 1604–06 Bau des ursprünglich mit fünf Bögen (Bezug zum Domprojekt von Vincenzo Scamozzi) ausgestatteten Hofbogengebäudes mit Sala Terrena als auf das Hofgärtl bezogener Gartenraum mit Zugang zum privaten Stiegenaufgang zu den fürstlichen Wohnräumen. Die zwei südlichen Öffnungen wurden schon während der Bauphase geschlossen. Der Erweiterungsbau reichte bis zum Chorumgang auf dem neuen Kapellenkranz in der Franziskanerkirche und den Oratorien. Das neue Fußbodenniveau erforderte einen Ausgleich vom Carabinieri-Saal zum Kaisersaal im Westen durch eine zweiläufige marmorne Treppe.

1605 kam es zum Abbruch des Baubestands im Pfarrgärtl zwischen Pfarrkirche und Salzmarkt und 1607 zur Schließung der Käsgasse. Dafür waren 1605–07 Umbau/Verkleinerung des Franziskanerklosters und die neu angelegte Franziskanergasse notwendig, welche zu den Hofstallungen (ab 1607) führte. Auch ein Verbindungsgangbau vom Kloster zur Kirche und ein neues Südoratorium wurden angelegt. Im Westen entstand ein privater Bereich um zwei Gartenhöfe mit reicher spätmanieristischer Ausstattung (Brunnen-, Grotten- und Statuennischen), einer Voliere und einer Sala terrena mit Groteskenmalerei als Bindeglied: Südhof des großen Gartenhofs (Dietrichsruh), Nordhof (Toskanatrakt) für die Kunstsammlungen (Wandelhallen für Skulpturen im EG, Gemälde- und einzige erhaltene Landkartengalerie nördlich der Alpen nach dem Vorbild des Vatikan, Kartografie). 1610/11 folgen der Einbau der Prunkstiege und des Sintflutgangs sowie eine manieristische Eckbänderung der Südfassade. Unter Erzbischof Wolf Dietrich wurde die Residenz zum weiträumigen, mehrhöfigen Palastkomplex, der trotz unregelmäßigen Baubestands den Eindruck von Regelmäßigkeit erweckt.

Erzbischof Markus Sittikus von Hohenems ließ den nördlichen Trakt des Haupthofes am Alten Markt mit einer Galerie (spätere Schöne Galerie) neu errichten und die Fassade des angrenzenden Landkartentraktes verändern, die unter Erzbischof Paris Graf Lodron vollendet wurde. Unter Erzbischof Guidobald Thun 1656–61 Bau des südlichen Traktes am Domplatz (mit der Langen Galerie) als nun geschlossener Platzraum sowie Verbindung der fürsterzbischöflichen Gemächer mit dem Dom durch Christoph Gottsreitter (nicht Giovanni Antonio Daria). Um 1660 wurde der Hauptflügel um ein Stockwerk und die Attika erhöht und durch einen abgeschrägten Nagelfluhsockel in seiner Wirkung gesteigert. Unter Erzbischof Johann Ernst Thun kam es vor 1690 zur Aufstockung der Hoftrakte im ehemaligen Hofgärtl (heute Wallistrakt).

Erzbischof Franz Anton Harrach ließ nach Plänen Johann Lucas von Hildebrandts 1709–11 die Residenzplatzseite neu fassadieren und die Wohn- und Repräsentationsräume neu gestalten; Johann Michael Rottmayr und Martino Altomonte waren mit der Deckenmalerei betraut. Der letzte hier residierende geistliche Landesherr, Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo, hatte vor, die Trakte um die zwei westlichen Höfe und das Langhaus der Franziskanerkirche abzubrechen und Neubauten zu errichten; der Chor der Franziskanerkirche sollte in ein Mausoleum der Erzbischöfe verwandelt werden. Es blieb bei der Demolierung von Teilen der Dietrichsruh und den Neu- bzw. Umbauten des Gevierts um den Nordwest-Hof an der Churfürststraße/Sigmund-Haffner-Gasse. Am 10. Dezember 1800 verließ Erzbischof Hieronymus Colloredo fluchtartig die Residenz, die in der Folge von mehrmals wechselnden Regenten geplündert wurde und heute nur noch einen Bruchteil ihrer originalen Einrichtung besitzt.

Heute sind hier die Residenzgalerie (seit 2014 im DomQuartier) und Teile der Universität Salzburg untergebracht. Den Zugang vom Residenzplatz gestaltete der Tiroler Künstler Elmar Trenkwalder 2014 mit einem aus mehr als 400 Teilen bestehenden Keramik-Relief.

Lit.:

  • G. Ammerer, I. Hannesschläger (Hg.): Strategien der Macht. Hof und Residenz um 1600. Salzburg 2011.
  • C. Standl: Das Hofbogengebäude der Salzburger Residenz. In: ÖZKD, 64. Jg., H. 4. 2011. S. 344–361.
  • C. Standl: Der Wallistrakt der Salzburger Residenz. Dipl. Univ. Wien 2011.
  • R. Juffinger (Hg.): Zentrum der Macht. Salzburg 2011.
  • I. Walderdorff: Die fürsterzbischöfliche Residenz in Salzburg unter Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo (1772–1803/1812). Diss. Univ. Wien 2010.
  • W. Schlegel: Baumaßnahmen des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau (1587–1612). In: ÖZKD. 63 Jg., H. 1/2, 2009. S. 27–51.
  • M. Freylinger: Die fürsterzbischöfliche Residenz Salzburg unter Wolf Dietrich von Raitenau (1587–1612). Dipl. Univ. Wien 2004.
  • Amt der Salzburger Landesregierung (Hg.): Baudokumentation Universität und Ersatzbauten. Schriftenreihe des Landespressebüros. Salzburg: Umbau Alte Residenz. 1997 (Bd 34); Toskanatrakt der Residenz. 1993 (Bd. 11); Das Neugebäude. 1989 (Bd. 9).

M.O., J.B., D.G.