Johann Michael Rottmayr

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Johann Michael Rottmayr, * 11. November 1654 in Laufen an der Salzach, † 10. Oktober 1730 in Wien; Maler.

Einer der bedeutendsten Vollender der hochbarocken Monumentalmalerei italienischer Prägung, diese umwandelnd in eigenständiger Durchformung, wobei er sie bis in die Stilhöhe des Rokoko hinführt.

Hauptwerke (Auswahl): Deckenfresken und -bilder in der Salzburger Residenz 1689 und 1709–14; Hochaltarblatt Auferstehung Christi im Kloster Michaelbeuern 1690, Ahnensaal von Schloss Frain (Mähren) 1695; Arbeiten in Wien, Breslau, Schloss Pommersfelden, Melk, Klosterneuburg; Altarblätter für Kollegienkirche Salzburg 1721/22.

Der Vater war Stiftsorganist von Laufen, die Mutter, Margarete Magdalena, Tochter des Fassmalers Zehentner, Malerin. Nach Lehrjahren bei ihr ist 1674 erstmals ein Auftrag, 14 Nothelfer für die heimatliche Wallfahrtskirche Maria Bühel, archivalisch überliefert. Dann bis 1687/88 Aufenthalt in Italien, Jahre, von denen keine Einzelheiten bekannt sind. Sicher ist nur Rottmayrs Mitarbeit in der venezianischen Werkstatt Carl Loths, doch lässt sein Œuvre auch andere Aufenthaltsorte vermuten. Nach der Rückkehr Auftragsarbeiten für Passau (Beweinung 1688/89) und für die Franziskaner in Salzburg (Szenen aus dem Leben des hl. Franz; Verkündigung).

1689 signierte und datierte er die Fresken des Carabinierisaales der Residenz: Zürnender Neptun, Vulkan-Schmiede, Kalydonische Eberjagd und die Hauptwinde bilden ein Vier-Elemente-Programm. Es stellt das erstmals in seiner besonderen monumental-künstlerischen Eigenart erkannte, als Aufgabe bewältigte Beispiel barocker Freskomalerei in Salzburg dar. 1690 Heirat in Maria Bühel am Kirchweihfest (7. August) und Übersiedlung nach Salzburg (Residenzplatz 2). Von hier aus war er bis 1695 tätig, die Übersiedlung nach Wien erfolgte 1696.

Gemeinsam mit Christoph Lederwasch malte er 1690 das riesige Deckenfresko eines Türkenstechens in der Winterreitschule im Festspielhaus.

Die Erhebung in den Adelsstand als Rottmayr de Rosenbrunn (21. Juli 1704) bestätigte dann – wie bei Johann Bernhard Fischer von Erlach – auch gesellschaftlich den hohen Ruhm seines weitgespannten Schaffens. Bei der triumphalen Entfaltung des kaiserlichen „Reichsstiles“ (Hans Sedlmayr) schuf Rottmayr die kongeniale Bildwelt voll Lichtfülle und allegorischer Überzeugungskraft. Seiner erneuten Verbindung mit der Salzburger Heimat verdankt Maria Bühel 1712 als Schenkung eine Heimsuchung Mariä, „von geradezu zärtlicher Ausgestaltung“ (Erich Hubala).

Seit 1710 Arbeit an den Deckendekorationen (Öl auf Leinwand) in den Neuen Zimmern der Residenz, die Erzbischof Franz Anton Graf Harrach (Regierungszeit 1709–27) anlegen ließ. Rottmayr teilte sich den Auftrag mit Martino Altomonte. Bildformen und Programm des Zyklus mit dem Tugendhelden Alexander sind für einen geistlichen Fürsten bemerkenswert heroisch. Die allegorischen Fresken der Schönen Galerie zeigen, die dortige Kunstsammlung paraphrasierend, sichtlich die Bedeutung geistvollen Witzes in den weiblichen Personifikationen der Künste und Wissenschaften (signiert 1711).

Mit dem Fresko in der Wiener Peterskirche 1713/14 variierte er die Komposition in der Salzburger Dreifaltigkeitskirche (1697) und erzielte eine noch weitere Öffnung himmlischer Räume. 1716–22 kulminierte sein Schaffen mit den Fresken in der Klosterkirche Melk: die Via triumphalis des hl. Benedikt in den Himmel ist ein Triumph barocker Imaginationskraft. Umso bedauerlicher, dass die Arbeiten seiner reifsten Zeit, die er 1723/24 im Salzburger Schloss Mirabell für Erzbischof Harrach schuf, 1818 zerstört wurden. Keinerlei Nachricht über Aussehen und Thematik hat sich erhalten. Vorsichtige Rückschlüsse könnten nur die Pommersfeldener Fresken (1717) zulassen: Ein Freudenfest des Lebens in Farben und Formen. Die Glorie der Heiligen Carl Borromäus und Benedikt schließlich (1721/22) an den Querhausaltären der Kollegienkirche sind den wichtigsten Bildern der Spätzeit zuzurechnen.

Rottmayr verbindet venezianisch leuchtendes Kolorit mit der kraftvoll bewegten Vitalität in der Art von Rubens. Seine illusionistischen Mittel liegen nicht wie bei Pozzo in der scheinarchitektonischen Quadratura, sondern er überzeugt durch nuancenreiche Farbkraft und Figurenverkürzungen voll starker Bewegung. Anders als in Melk, wo er die Gewölbeunterteilung als Wegerstreckung künstlerisch ausdeutet, breitet er in Breslau, vier Joche ineinander verschleifend, das Fresko aus: nördlich der Alpen eines der frühesten, zukunftsweisenden Beispiele. Die Verbindung von Architektur, Malerei, Skulptur in höchster Gedankenfülle beim Ahnensaal von Schloss Frain (Mähren) ist für Rottmayrs Schaffen exemplarisch. Seine Malerei übersinnlicher Triumphe ist stets auch eine Apotheose optimistisch-sinnenhafter Weltsicht. Für den künstlerisch-kulturellen Aufschwung in den kaiserlichen Landen war er von ähnlich großer Wirkung wie die Brüder Asam für den süddeutschen Raum.

Lit.:

  • P. Keller (Hg.): J.M.R. Genie der barocken Farbe. Salzburg 2004.
  • G. Groschner: J.M.R. Barock in Salzburg. Salzburg 1994.
  • U. Nefzger: Träumt Alexander? Ein Deutungsversuch zu Gemälden R.s in der Salzburger Residenz. In: Von österr. Kunst. Klagenfurt 1983, S. 125–136.
  • E. Hubala: J.M.R. Wien 1981.
  • F. Fuhrmann, E. Hubala: Kat. der Salzburger Gedächtnisausstellung 1954 in der Residenz. Salzburg 1954.

U.N.