Neue Musik in Salzburg

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Die Hoffnung, dass sich Salzburg als Gründungsstadt der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM) für eine Vorreiterrolle in Sachen Neuer Musik bestens eignen würde, erfüllte sich nicht ohne Weiteres. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg gelang der Aufbau einer zeitgenössischen Musikszene.

Der Musikkreis des Mozarteums (ab 1947/48), eine Arbeitsgemeinschaft zur Pflege Alter und Neuer Musik, die später in die Musica-nova-Konzerte (bis 1967/68) überging, zählte zu den ersten Initiativen. In Kombination mit analytischen Erläuterungen, v.a. durch die Hochschullehrer Robert Wagner, Gerhard Wimberger, Josef Maria Horváth und Andor Losonczy, wurde der Zugang zur zeitgenössischen Musik, vorerst speziell im Hochschulbereich, gefördert. Die Internationale Sommerakademie Mozarteum forciert – damals wie heute – die Auseinandersetzung mit der Musik der Gegenwart sowohl auf dem Gebiet der Komposition als auch der Interpretation. Als Komponisten sind u.a. Paul Hindemith, Carl Orff, Rolf Liebermann, Gottfried von Einem, Iannis Xenakis, Karlheinz Stockhausen, George Crumb und Wolfgang Rihm zu nennen, als Interpreten u.a. Eduard Steuermann, Claude Helffer und Pierre-Laurent Aimard.

Mit einer zunehmenden Anzahl an Uraufführungen wird das zeitgenössische Musikleben durch die Festspiele mitgeprägt. Werke der mit Salzburg eng verbundenen Komponisten Cesar Bresgen, Helmut Eder, Gerhard Wimberger, Alexander Mullenbach, Gerhard E. Winkler kamen bei den Sommerfestspielen im Bereich Oper bzw. Konzert zur Uraufführung. 1993–2001 förderte das von Markus Hinterhäuser und Thomas Zierhofer-Kin initiierte Zeitfluss-Festival die Präsenz zeitgenössischer Kompositionen nachhaltig.

In Opposition und als Alternative zu den Festpielen entwickelte sich die von Alfred Winter 1970 gegründete Szene Salzburg, ein internationales Festival für Tanz, Theater, Musik und Film, das als bis heute bestehende Jugendkulturinitiative experimentelle und Crossover-Projekte anbietet.

Als Klangkörper prägt das 1975 gegründete Österreichische Ensemble für Neue Musik (œnm) das zeitgenössische Musikleben. Durch innovative Ideen wie z.B. die vermehrte Zusammenarbeit mit Schulen, Workshops, Atelierkonzerte und Werkeinführungen setzt das Ensemble eigenständige, auch international beachtete Akzente im Musikleben.

1977 wurde das Internationale Festival zeitgenössischer Musik Aspekte Salzburg von Klaus Ager ins Leben gerufen, das seit der Leitung durch Ludwig Nussbichler 2006 biennal stattfindet. Anliegen der Aspekte ist sowohl die Präsentation verschiedenster Strömungen der Gegenwartsmusik als auch mit der Reihe aspekte Spielräume Kinder und Jugendliche anzusprechen.

Die gemeinsame Präsentation von Alter und Neuer Musik charakterisiert die Konzertprogramme der 1978 gegründeten Internationale Paul Hofhaymer Gesellschaft. Werke von Renaissance-Komponisten wie etwa Hofhaimer stehen neben Auftragswerken u.a. von Herbert Grassl, Johannes Kotschy, Hossam Mahmoud, Klemens Vereno und Gerhard E. Winkler. Ähnlich versucht St-Art – Festival aktueller Musik Tradition und Moderne in seinen Programmen zu verbinden.

Entstanden 1998, durch Zusammenarbeit von ORF Salzburg, Internationaler Stiftung Mozarteum, dem Mozarteum-Orchester Salzburg, der Elisabethbühne und dem œnm, stellt St-Art heute eine mit der ARGEkultur kooperierende Initiative im Bereich der zeitgenössischen Musik dar. Auf Anregung von Klang21 – Verein zur Förderung von zeitgenössischer Musik und darstellender Kunst entstand 2005 das u.a. in der ARGEkultur und im republic angesiedelte biennale Taschenopern-Festival, das Grenzbereiche der aktuellen Musiktheaterproduktion auslotet.

Durch den 1992 vom damaligen Rektor der Universität Mozarteum Wolfgang Roscher eingerichteten, 1993–2000 aktiven Lehrstuhl für Poetik wurden regelmäßig Persönlichkeiten der zeitgenössischen Komponistenszene zu Gastvorträgen vor Studierenden eingeladen, u.a. Isang Yun, Brian Ferneyhough, Luciano Berio, Wilhelm Killmayer, Mauricio Kagel und Giya Kancheli. Gleichfalls 1992 wurde als weitere Initiative zur Förderung der zeitgenössischen Musik die Interessengemeinschaft Komponisten Salzburg (IGKS) gegründet.

Außerhalb der Stadt Salzburg behauptet sich seit 1996 das in Mittersill von Wolfgang Seierl und Christian Heindl initiierte Komponistenforum durch die Verbindung von Workshops mit Aufführungen österreichischer und international anerkannter Komponistinnen und Komponisten. Die 2009 als Festival für Neue Musik ins Leben gerufene Salzburg Biennale hingegen konnte sich nicht erfolgreich etablieren und wurde 2015 eingestellt.

Die Vielfalt der Kompositionsszene drückt sich in einem Stilpluralismus aus, der Impulse erhielt und weiterhin erhält durch die Kompositionsklassen an der Universität Mozarteum, u.a. geleitet von Cesar Bresgen, Helmut Eder, Gerhard Wimberger, Hans Werner Henze, Boguslaw Schaeffer, Reinhard Febel und Adriana Hölszky, die von 2000–15 eine Professur innehatte.

Zu den für das Salzburger Kulturleben bedeutsamen Musikschaffenden zählen weiters Wolfgang Roscher, Herman Regner, Andor Losonczy, Melikof Karaian, Klaus Ager, Herbert Grassl, Werner Raditschnig, Wolfgang Nießner, Franz Zaunschirm, Gerhard Pirklbauer.

Den Bereich der mikrotonalen Musik repräsentieren u.a. Franz Richter-Herf, Rolf Maedel, Johannes Kotschy und Gertraud Steinkogler-Wurzinger. Die Entwicklung der elektronischen Musik in Salzburg ist eng verbunden mit dem Komponisten Irmfried Radauer, der bereits 1958 ein elektronisches Studio gründete, das 1976 durch die Mitinitiative von Horvath, Losonczy und Wimberger in das Computermusik-Rechenzentrum Salzburg (CMRS) überging und 1983 offiziell eröffnet wurde.

Die Kirchenmusik ist vorwiegend durch die Komponisten Joseph Messner, Josef Friedrich Doppelbauer, Ernst Ludwig Leitner und Klemens Vereno vertreten. In jüngster Zeit erfährt das Kulturleben durch die innerhalb ihres Studiums an der Universität Mozarteum kompositorisch und interpretatorisch engagierte jüngste Generation eine Belebung. Die Gründung von NAMES – New Arts and Music Ensemble mit den u.a. Mitwirkenden Alexander Bauer, Marco Döttlinger, Matthias Leboucher und Josef Ramsauer belegt die Lebendigkeit der zeitgenössischen Musikszene Salzburgs.

Lit.:

  • Jahresberichte der Universität Mozarteum 1945–2000/01; Almanache der Universität Mozarteum ab 2011/12.
  • B. Günther (Hg.).: Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich. Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts, Wien 1997.
  • http://www.uni-mozarteum.at/administration.php?o=18725

B.D.