Industrie- und Fabriksbauten: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Industrie- und Fabriksbauten'''.
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Die Hauptmerkmale einer Fabrik sind die Vereinigung mehrerer Arbeitsprozesse unter einem Dach sowie der Einsatz von Maschinen, also eine die Industrialisierung bestimmende Technisierung zur Steigerung der Produktivität. Nicht hinzugeordnet werden hier Bauten, die nur dem Vertrieb und Verkauf oder der weiteren Verarbeitung fertiger Produkte dienen.
  
Die Hauptmerkmale einer Fabrik sind die Vereinigung mehrerer Arbeitsprozesse unter einem Dach sowie der Einsatz von Maschinen, also eine die Industrialisierung bestimmende Technisierung, zur Steigerung der Produktivität. Nicht hinzugeordnet werden hier Bauten, die nur dem Vertrieb, Verkauf oder weiteren Verarbeitung fertiger Produkte dienen (Pressegroßvertrieb, Montagehalle Meingast, ÖFAG, Autohaus Pletzer, Autohaus Schmidt, Mercedes Benz, Lagerhäuser etc.).
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== Brauereien ==
  
Von den fabriksmäßig betriebenen Industrien Salzburgs ist die Bierproduktion bes. hervorzuheben. Für die gewerbliche Entwicklung der Brauereien aus der alten Hauswirtschaft, meist durch Korporationen wie Klöster, Spitäler oder Bruderschaften, seltener durch einzelne vermögende Personen, war die bevorzugte Lage eines Brauhauses maßgeblich (Roh- und Betriebsstoffe, kühler Ort für den Keller, Feuersicherheit). Der erste Braumeister »praxator Tagno« wird Mitte des 13. Jh.s in →St. Peter genannt.
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==== Hallein und Stadt Salzburg ====
1475 wird von Hans Elsenheimer (dem Schilcher) in Kaltenhausen/Hallein eine Brauerei gegründet, aus der sich nach der Übernahme durch Eb. Johann III. (1486) die Hofbrauerei entwickelt, 1648 Zweigniederlassung im hf. Kalten Brauhaus im Kai (beim Nonntaler Tor). Ende des 17. Jh.s - aus merkantilistischen Überlegungen an den Grenzen des Erzstiftes - Hofbrauereien in Teisendorf, Lueg/St. Gilgen, Lofer, Henndorf, Zillertal. Mit dem Ende des Erzstiftes Auflösung und Verkauf der Hofbrauereien ebenso wie einiger Kloster- (z. B. Augustiner-Chorherren Höglwörth) und Herrschaftsbrauereien (z. B. Sighartstein). Die neuen Inhaber von Kaltenhausen, Kurfürstin Maria Leopoldine von Pfalzbayern und ihr Sohn Maximilian Graf Arco-Zinneburg, machten aus der Brauerei u.a. durch die Errichtung der Mälzerei 1873 (Abbruch 2016) einen der führenden Industriebetriebe des 19. Jh.s.
 
In der Gründerzeit lief ein erbitterter Verdrängungswettbewerb der Brauereien, der - wie hier - meist durch Umwandlung in eine Aktiengesellschaft und kontinuierliche Technisierung für sich gewonnen wurde. 1864 von V. →Ceconi erbautes Ensemble der Brauerei Gut Guggenthal am schattigen Fuß des Gaisbergs, als Erweiterung der Meierei des alten Jagdschlosses Guggenthal mit Braugasthof und Schmiede durch ein riesiges Brauereigebäude, Kirche und Villa. Seit Jahrzehnten leerstehend. 1875/76 sowie 1888 ebenfalls durch V. →Ceconi in ehem. Steinbruch errichtete Lagerkeller der Sternbrauerei in der Riedenburg. Die expandierende Produktion wurde von der beengten Altstadt (wo Mälzerei und eine Gaststätte verblieben) unter langem Streit mit den Anwohnern hierher verlegt (1896-1907 Sud- und Kesselhaus, Gärkeller und Gastbetrieb, von J. →Ceconi). 1956 Schließung, 1972 Schornstein-Sprengung, 2005-14 Abbruch weiter Teile des Ensembles und Neubau durch Wohnanlage von Hariri & Hariri.
 
Auch Brauereibesitzer Josef Sigl V. betrieb eine Verdrängungsstrategie der Konkurrenz durch Aufkauf. 1909/10 hochmoderne Brauerei mit Sudhaus, Kühlschiff, Eis-, Gär- und Lagerkellern erb. durch R. →Wagner (Geb. Wagner), Erweiterungen 1920/30er und 1960/70er Jahre.
 
Nach Münchner Vorbild wurden 1908-26 das Müllner (Augustiner-) Bräustübl (K. →Pirich, F. →Zell), 1900-26 der Stieglkeller (J. →Ceconi, Franz Zell) ausgebaut/eingerichtet.
 
Für die 1534 errichtete Papiermühle Lengfelden (siehe →Papiererzeugung) deren Papier die Familie Mozart verwendete, war Wasser wichtiger Rohstoff. Auch für eine der erfolgreichsten Firmengründungen zur Zeit Eb. →Hieronymus Colloredos war es notwendig: die klassizistische Lederfabrik nach holländischem Vorbild von Christian Zezi am Äußeren Stein (1787 von J. G. →Laschenzky unter Nutzung eines Bestandsbaus erb.); 1801 Beteiligung an einer Chemischen oder Schwefelsäure und Rosoliofabrik in St. Leonhard, 1809/10 Alleineigentümer.
 
  
Neben seiner Funktion als Rohstoff für die Bierproduktion, war Wasser ein wichtiger Energielieferant für das sich immer mehr technisierende Gewerbe. Schon 1422 bestand in Maxglan die Lohstampfmühle Schliesselberger, deren Lohe in der Ledergerberei in der Altstadt weiterverarbeitet wurde. Vor dem Ersten Weltkrieg wurde sie südlich der Stiegelbrauerei zur Lederfabrik mit einer Turbine ausgebaut (1977/78 Abbruch für eine Wohnanlage).  
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Von den fabrikmäßig betriebenen Industrien Salzburgs ist die Bierproduktion besonders hervorzuheben. Für die gewerbliche Entwicklung der Brauereien aus der alten Hauswirtschaft, meist durch Korporationen wie Klöster, Spitäler oder Bruderschaften, seltener durch einzelne vermögende Personen, war die bevorzugte Lage eines Brauhauses maßgeblich (Roh- und Betriebsstoffe, kühler Ort für den Keller, Feuersicherheit). Der erste Braumeister „praxator Tagno“ wurde Mitte des 13. Jahrhunderts in der [[St. Peter|Benediktiner-Erzabtei St. Peter]] genannt. 1475 gründete Hans Elsenheimer (der Schilcher) in Kaltenhausen bei Hallein eine Brauerei, aus der sich nach der Übernahme durch Erzbischof Johann III. (1486) die Hofbrauerei entwickelte, 1648 wurde eine Zweigniederlassung im hochfürstlichen Kalten Brauhaus im Kai (beim Nonntaler Tor) eingerichtet.
Die meisten Gewerbebetriebe die mit Wasserkraft arbeiteten, erreichten kein industrielles Ausmaß. Eine Ausnahme ist die seit 1330 nachweisbare k.k. priv. Kunstmühle Fisslthaler (1934-2011 Rauchmühle). Sie konnte – weil an der Bahnlinie - durch ihren Patriarchen Franz Fisslthaler ab 1879 kontinuierlich industrialisiert werden (Ensemble bestehend aus Mühlhaus, Wohn- und Bürohaus von J. →Ceconi 1898, Silo 1912). Durch Einsatz der Initiative Um+Bau+Kultur Salzburg Sicherung der wesentlichen Bestandsgebäude für Kultur und Büros im neuen Wohnquartier.
 
  
Das Festungsrevers war bis 1860 wesentliches Hindernis für gründerzeitliche Industrieanlagen im Stadtbereich, weshalb die meisten in den Vorstädte lagen. Ein Industriestandort war auch Parsch: 1839 erwarb Franz Zeller die Handlung »Andre Hoffer« (Platzl 2); 1848 eröffnete er als Erweiterung einer ehem. Mühle ein Produktionsunternehmen für Feigenkaffee und Schokolade (dazugehörige Villa, 1966 und 1977 Abbruch zweier Flügel der u-förmigen Anlage); 1873 zweite Fabrik in Freilassing. 1854 eröffnete Matthias Gschnitzer mit Franz Gessele in Lehen eine k. k. priv. Kunstwoll- (shoddy-)Fabrik auf dem Gelände einer Mühle; 1863 wurde in Sinnhubstraße 10 eine neue Produktionsstätte bei einer ehem. Hammerschmiede unter der Leitung von Baumeister O. →Laschenzky erb.; 1893 dazugehörige Villa von J. →Wessiken (als letzter Teil des Ensembles erhalten). 1922 in einem Wirtschaftsgebäude begründete Orgelbauanstalt Cäcilia, 1923/6 neoklassizistischer Anbau durch P. →Geppert, Abbruch um 1970.
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Ende des 17. Jahrhunderts entstanden – aus merkantilistischen Überlegungen an den Grenzen des Erzstiftes – Hofbrauereien in Teisendorf, Lueg/St. Gilgen, Lofer, Henndorf und im Zillertal. Mit dem Ende des Erzstiftes wurden die Hofbrauereien sowie einige Kloster- (z. B. Augustiner-Chorherren Höglwörth) und Herrschaftsbrauereien (z. B. Sighartstein) aufgelöst und verkauft. Die neuen Inhaber von Kaltenhausen, Kurfürstin Maria Leopoldine von Pfalzbayern und ihr Sohn Maximilian Graf Arco-Zinneburg, machten aus der Brauerei u.a. durch die Errichtung der Mälzerei 1873 (Abbruch 2016) einen der führenden Industriebetriebe des 19. Jahrhunderts.
1921 Gründung der Gesellschaft der bis heute wichtigen Gebus-Lokomotiven durch Moriz Gelinek und die Ing. Buchleitner und Strizek und Fertigung in den Montagehallen der Brückenbaufirma Janisch. 1928 Abwanderung nach Wien. Auch die Salzburger Marmorwerke von Friedrich Mayr von Melnhof entstanden hier (Anlieferung des Materials aus den Steinbrüchen von Fürstenbrunn und Adnet durch die neue Schienenverbindung der „Roten Elektrischen“ (→Bauten des Verkehrs). 1906/08 durch B. →Grüner erweitert (Abbruch 1977, heute Areal der Finanzlandesdirektion).  
 
  
Die 1894 gegründete Tischlerei Preimesberger entwickelte sich zum Industriebetrieb und übersiedelte 1935 mit der Möbelfabrik nach Schallmoos (heutige Position des 1996 eröffneten ZIB, 1988).  
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In der Gründerzeit lief ein erbitterter Verdrängungswettbewerb unter den bestehenden Brauhäusern der Stadt. 1875/76 sowie 1888 errichtete [[Valentin Ceconi]] im ehemaligen Steinbruch in der Riedenburg den Lagerkeller der Sternbrauerei. Die expandierende Produktion wurde von der Altstadt (wo Mälzerei und Gaststätte verblieben) unter langem Streit mit den Anwohnern hierher verlegt (1896–1907 Sud- und Kesselhaus, Gärkeller und Gastbetrieb, von [[Jakob Ceconi]]), 1956 Schließung, 2005–14 Abbruch von Teilen des Ensembles und Bau einer Wohnanlage von Hariri&Hariri.
Auch die Stadt selbst errichtete Fabriksanlagen oder kaufte diese auf: 1859 errichtetes, ab 1905 Städtisches Gaswerk (1968 Verwaltungsgebäude J. →Hawranek und →E. Horvath, Neubebauung ab 2006 durch verschiedene Architekturbüros). 1955 Städtisches Fernheizkraftwerk, auf dem Areal des ehemaligen Schlachthofes errichtet und mit Trimmelkamer Braunkohle betrieben (1986 Rauchgasreinigung, 1995 Umspannwerk, 2000 Betriebsgebäude, 2002 Heizkraftwerk, alles von Bétrix & Consolascio). Die Süßwarenfabrik Rajsigl wurde nach 1903 in der nur kurzfristig arbeitenden Ceconischen Tischlerei untergebracht.Wegen der Feuergefahr übersiedelte die Glockengießerei Oberascher 1919 nach Kasern, wo sie sich bis 2003 als Gießerei und Maschinenbau-Unternehmen entwickelte (Umbau 2006-2007 sowie Erweiterung 2012 durch LP architektur, strobl architekten, hobby a., Forsthuber Scheithauer). Die 1920er Jahre warteten mit zwei Hauptwerken auf: 1923 Lebensmittelwerke Union von Hubert Geßner und 1927 Druck- und Verlagshaus R. Kiesel von W. →Deininger (Abbruch des Druckereitraktes 1989). Architektonisch herausragende Industriebauten von 1960: Fabrikshalle 4711 sowie Bürogebäude mit Penthouse des Direktors von Walter Baumgartner und Abfüllhalle und Bürotrakt Bluna-Werk Salzburg (Limonade) von selben sowie Hans Schillig aus Köln, beide nahe der Münchner Bundesstraße (Abbruch 2000er Jahre).
 
  
Als wichtigste Industriestadt im Land gilt wohl Hallein: Neuanlage der Saline auf der Pernerinsel 1854-62 nach Plänen von Franz von Schwind nach Auflassung der Pfannhäuser in der Altstadt. 1989 stillgelegt, dann Kulturforum Hallein, seit 1995 Internationale Sommerakademie (Klasse Architekur), 1992-2000 Spielort für die →Szene Salzburg, seit 1993 für die →Salzburger Festspiele). 1869 wurde hier die k. k. Tabakfabrik in Hallein gegründet und 1970 ein Neubau eröffnet, zur Arbeitsbeschaffung für arbeitslos gewordene Salinenarbeiter, 1939 stillgelegt (heute Branchen-Mix). 1890-93 entstand die Halleiner Zellulosefabrik wegen der Lage am Wasser, dem Holzrechen und der Sole, 1893 Errichtung der Roten Villa (Abbruch), 1895 und 1897 sowie 1953 Arbeiter-/Angestellten-Wohnhäuser, 1898 Angliederung einer Papierfabrik, seit 2009 nur mehr Zellulose-Produktion. 1928 Übernahme der elektromechanischen Fabrik auf der Pernerinsel durch die Firma Solvay, die aus Sole und elektrischer Energie chemische Produkte herstellte. 1953 neues Werk (auch zur Kunststoffproduktion im Halvic-Werksteil) in Oberalm.
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Schon 1863 wurde die Stiegl-Brauerei, heute die größte in Privatbesitz befindliche Brauerei Österreichs, aus dem erstmals 1492 erwähnten Betrieb in der Gstättengasse nach Maxglan verlegt und seitdem trotz Rückschlägen (Brand 1875) ständig erweitert (z.B. 1901 um die Rochuskaserne). Nach Münchner Vorbild wurden 1908–26 das Müllner (Augustiner-)Bräustübl ([[Pirich, Karl|Karl Pirich]], [[Franz Zell]]), 1900–26 der seit 1820 als Lager genutzte Stieglkeller (Jakob Ceconi, Franz Zell) ausgebaut bzw. eingerichtet.
  
Aber auch anderswo gab es Fabriken: 1585- 1875 Messingwerk und Eisenhammer in Ebenau, dort 1636 auch Ansiedlung der Gewehrfabrikanten Klett. Entdeckung eines Kalkmergelvorkommens bei Gartenau, zur Herstellung von Roman-Zement - daraufhin 1854 Gründung des Zementwerks, ab 1864 im Besitz der Firma Gebr. Leube. 1884 Zinnoxidfabrik in Thalgau-Unterdorf durch Erweiterung eines Drahtzuges durch den Fabrikanten Nicolaus Gaertner und Baumeister Eduard Reindl (Standortfaktoren: Wasserkraft des Brunnbaches, Anbindung über die Salzkammergut-Lokalbahn und Brennmaterial Torf; seit 1997 Revitalisierung als Red Bull Leistungsdiagnostikzentrum).  
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==== Land Salzburg ====
In Bürmoos: Seit 1862 Torfabbau, 1947-2000 großindustrielle Herstellung von Brenntorf und Torfmull. 1866-1868 Teer-Fabrik, 1873-1929 Glasfabrik für eine Aktiengesellschaft errichtet, ab 1879 von Emigranten aus Böhmen übernommen (Standortfaktoren: Quarzsand vom Haunsberg, Kalkstein von der Salzach und Torf als Heizmaterial; 1967 siedelte sich W&H Dentalwerk im Leerstand an). 1898/99 erste Aluminiumfabrik der Monarchie in Lend eröffnet; Werkshalle und Arbeiterwohnhäuser von J. →Ceconi 1906. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch bemerkenswerte Bauten: Am Beginn der Arbeit von G. →Garstenauer in Salzburg standen industrielle Bauten wie 1963–67 Bürohaus und Produktionshalle Bleckmann & Co in Lamprechtshausen von G. →Garstenauer und W. →Soyka (1980 Industriehalle). Aber auch W. →Soyka war bedeutend: 1965 Rakoll Werke Gebr. Koitz (Lackfabrik) und 1975 Firma Geislinger (Erweiterung/Aufstockung Volkmar Burgstaller 2011 und 2015), beide Hallwang.
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Auch auf dem Land modernisierte man Brauereien; so erweiterte Valentin Ceconi 1864 die Meierei des alten Jagdschlosses Guggenthal durch Brauereigebäude, Kirche und Villa. Seit Jahrzehnten leer stehend, brannte das Brauereigebäude vermutlich nach Brandstiftung 2018 ab, dem völligen Abbruch wurde noch 2018 zugestimmt. In Obertrum modernisierte Josef Sigl V. 1911 seine Brauerei durch Bauten von [[Richard Wagner (Gebrüder Wagner)]]: Sudhaus, Kühlschiff, Eis-, Gär- und Lagerkeller.
→Bergbau
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== Leder, Papier, Mehl ==
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Wasser war sowohl wichtiger Energielieferant als auch Produktionsmittel. Schon 1422 bestand in Maxglan die Lohstampfmühle Schliesselberger, deren Lohe in der Ledergerberei in der Altstadt weiterverarbeitet wurde. Die 1534 errichtete Papiermühle Lengfelden benötigte Wasser für die [[Papiererzeugung]]. Auch für eine der erfolgreichsten Firmengründungen zur Zeit von [[Hieronymus Graf Colloredo|Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo]] war Wasser notwendig: für die klassizistische Lederfabrik nach holländischem Vorbild von Christian Zezi am Äußeren Stein (1787 [[Laschenzky|Johann Georg Laschenzky]] unter Nutzung eines Bestandbaus).
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Die meisten Gewerbebetriebe, die mit Wasserkraft arbeiteten, erreichten kein industrielles Ausmaß. Eine Ausnahme ist die seit 1330 nachweisbare k. k. privilegierte Kunstmühle Fisslthaler (1934–2011 Rauchmühle). Sie wurde durch Franz Fisslthaler ab 1879 kontinuierlich industrialisiert (Ensemble aus Mühl-, Wohn- und Bürohaus von Jakob Ceconi 1898, Silo 1912). Durch Einsatz der Initiative Um+Bau+Kultur Salzburg erfolgte die Sicherung wesentlicher Bestandsgebäude der 2011 eingestellten Rauchmühle, in denen von 2018–2020 ein offenes Kreativzentrum hätte entstehen sollen. Das Projekt wurde jedoch im Mai 2019 wegen zu hoher Kosten (ca. 21 Millionen Euro) aufgegeben.
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== Industriebauten in den Vorstädten ==
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==== Parsch ====
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1848 eröffnete Franz Zeller, der 1839 die Handlung ''Andre Hofer'' (Platzl 2) erworben hatte, in der Gaisbergstraße 6 ein bis zum Zweiten Weltkrieg äußerst erfolgreiches Produktionsunternehmen für Feigenkaffee und Schokolade. Die zum Firmen-Ensemble gehörende Villa wurde nach Teil-Abbruch 1966 und 1977 im Jahr 1979–80 durch einen Anbau nach Plänen von [[Wilhelm Holzbauer]] für den [[Residenz Verlag]] erweitert (Anbau 2009 abgerissen).
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1922 schlossen sich mehrere Orgelbaufirmen zur Orgelbau-AG Cäcilia in der Fürbergstraße 50 zusammen, 1923–26 neoklassizistischer Anbau durch [[Paul Geppert d. Ä.|Paul Geppert]], Abbruch um 1970. Ebenfalls in der Fürbergstraße begann 1921 die Produktion der bis heute wichtigen Gebus-Lokomotiven (Ingenieure Moriz Gelinek, Adolf Buchleitner und Franz Strizek), Fertigung in den Montagehallen der Brückenbaufirma Janisch, 1928 Abwanderung nach Wien. Auch die – neben den Werken in Oberalm und Adnet vor allem architektonisch bemerkenswerten – Salzburger Marmorwerke von Friedrich Mayr-Melnhof befanden sich in Parsch, in der Nähe des Volksgartens, heute Finanzlandesdirektion, Prälat-Winkler-Straße 10. Die Anlieferung des Materials erfolgte aus den Steinbrüchen von Fürstenbrunn und Adnet durch die neue Schienenverbindung der ''Roten Elektrischen'' ([[Bauten des Verkehrs]]). 1906–08 durch [[Bruno Grüner]] erweitert, Abbruch 1977.
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==== Lehen, Riedenburg, Schallmoos, Kasern ====
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1854 eröffnete Matthias Gschnitzer mit Franz Gessele in Lehen eine k. k. privilegierte Kunstwollfabrik (Shoddy) auf dem Gelände einer Mühle; 1863 wurde in der Sinnhubstraße 10 eine neue Produktionsstätte bei einer ehemaligen Hammerschmiede unter der Leitung von Baumeister [[Laschenzky|Otto Laschenzky]] erbaut; 1893 dazugehörige Villa von [[Josef Wessicken]] (als letzter Teil des Ensembles erhalten). Die 1894 gegründete Tischlerei Preimesberger entwickelte sich zum Industriebetrieb und übersiedelte 1935 mit der Möbelfabrik nach Schallmoos. Anfang der 1950er-Jahre begann Preimesberger mit der Serienproduktion von Küchen (''Mirabella-Küchen''), das Unternehmen schloss 1988. Die seit 1765 in der Stadt Salzburg bestehende Glockengießerei Oberascher zog 1919 nach Kasern um, wo sie sich bis 2003 als Gießerei und Maschinenbau-Unternehmen entwickelte; Umbau der Fabrikhallen zu modernem Gewerbestandort 2006‒07 (''Gusswerk'') sowie Erweiterung 2012.
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== Industriebauten in der Stadt Salzburg ==
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Auch die Stadt selbst errichtete Fabrikanlagen oder kaufte diese auf: 1859 in Lehen errichtetes, ab 1905 Städtisches Gaswerk (1968 Verwaltungsgebäude von [[Josef Hawranek]] und [[Erich A. Horvath|Erich Horvath]], Neubebauung ab 2006 als ''Stadtwerk Lehen''). 1903 zog die Süßwarenfabrik Rajsigl in der nur kurzfristig arbeitenden Ceconischen Tischlerei ein. Die Glockengießerei Oberascher übersiedelte 1919 nach Kasern, wo sie sich bis 2003 als Gießerei und Maschinenbau-Unternehmen entwickelte; Umbau der Fabrikhallen zu modernem Gewerbestandort 2006-07 sowie Erweiterung 2012. Die 1920er-Jahre warteten mit zwei Hauptwerken der Industriearchitektur auf: 1923 Lebensmittelwerke Union von Hubert Geßner an der Fanny-von-Lehnert-Straße und 1927 Druck- und Verlagshaus R(einhard) Kiesel von [[Wunibald Deininger]] (Abbruch des Druckereitraktes 1989). 1955 Bau des Städtischen Fernheizkraftwerks am Elisabethkai, das mit Trimmelkamer Braunkohle betrieben wurde. Erweiterungen auf dem Areal des ehemaligen Schlachthofes (heute Gebirgsjägerplatz): 1986 Rauchgasreinigung, 1995 Umspannwerk; Neuaufbau 1999‒2003: 2000 Betriebsgebäude, 2002 Heizkraftwerk, alle von Marie-Claude Bétrix & Eraldo Consolascio.
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Fabrikhalle 4711 mit Bürogebäude samt Penthouse von Walter Baumgartner sowie die Abfüllhalle mit Bürotrakt der Bluna-Limonaden-Werke von Walter Baumgartner und Hans Schilling aus Köln, an der Münchner Bundesstraße (Abbruch 2000er-Jahre).
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== Industriebauten in Hallein ==
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Als wichtigste Industriestadt im Land gilt Hallein: Neubau der Saline auf der Pernerinsel 1852–64 (Entwurf: Franz von Schwind) nach Auflassung der Pfannhäuser in der Altstadt. 1989 Einstellung der Salzproduktion; seither temporäre kulturelle Nutzungen, darunter seit 1993 für die [[Salzburger Festspiele]]. 1869 Gründung der k.k. Tabakfabrik zur Arbeitsbeschaffung für arbeitslose Salinenarbeiterinnen und -arbeiter, 1939 stillgelegt. 1890‒93 entstand die Halleiner Zellulosefabrik, 1893 Errichtung der Roten Villa (Abbruch) und von Arbeiter-/Angestellten-Wohnhäusern (1895 und 1897 sowie 1953), 1898 Angliederung einer Papierfabrik, die bis zu ihrer Schließung 2009 mehrfach den Eigentümer wechselte; seitdem nur noch Zellstoffproduktion. 1928 Übernahme der elektromechanischen Fabrik auf der Pernerinsel durch die Firma Solvay, die mittels Elektrolyse des aus der Halleiner Saline gelieferten Kochsalzes die Basis für diverse chemische Produkte herstellte. 1953 neues Werk zur PVC-Produktion im Halvic-Werksteil (Einstellung 1997).
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== Wichtige Produktionsstandorte im Land Salzburg ==
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1585‒1875 Messingwerk und Eisenhammer in Ebenau, dort 1636 auch Ansiedlung der Gewehrfabrikanten Klett. In Oberalm, im Ortsteil Hammer, ebenfalls 1585 Messingwerk, im 19. Jahrhundert Umwandlung in eine chemische Fabrik, ab 1856 Gründung der Marmorwerke, siehe [[Bauten des Berg- und Hüttenwesens]]; 1854 Gründung des Zementwerks bei Gartenau, ab 1864 im Besitz der Firma Gebrüder Leube. 1884 Errichtung einer Zinnoxidfabrik in Thalgau-Unterdorf durch Erweiterung einer Drahtzieherei durch den Fabrikanten Nicolaus Gaertner und Baumeister Eduard Reindl, seit 1997 Revitalisierung als Red Bull Leistungsdiagnostik- und Trainingszentrum Thalgau.
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In Bürmoos gab es seit 1862 Torfabbau, 1866‒68 Teer-Fabrik, 1873-1929 mit Torf beheizte Glasfabrik, wurde ab 1881 vom aus Böhmen stammenden Industriellen Ignaz Glaser, mit dem einige Glasbläser-Familien mitkamen, ausgebaut. 1947‒2000 großindustrielle Herstellung von Brenntorf und Torfmull.
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1898/99 wurde die erste Aluminiumfabrik der Monarchie in Lend eröffnet; Werkshalle und Arbeiterwohnhäuser von Jakob Ceconi 1906. Bemerkenswerte Bauten aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts.: 1963–67 Bürohaus und Produktionshalle Bleckmann & Co in Lamprechtshausen von [[Gerhard Garstenauer]] und [[Soyka, Wolfgang|Wolfgang Soyka]] (1980 Industriehalle), 1965 Rakoll Werke Gebrüder Koitz (Lackfabrik) und 1975 Firma Geislinger von Wolfgang Soyka (Erweiterung/Aufstockung Volkmar Burgstaller 2011 und 2015), beide in Hallwang.([[Bergbau]])
  
 
Lit.:
 
Lit.:
* J. Breuste: Transmissions, turbines and silos. How the production process determines the form. The change of mill typologies during the period of industrialization. In: M. Nová / M. Opartná (Hrsg.): Content-Form. The Proceedings of the International Conference for Doctoral Students. Prag 2017. S. 255-263.
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* J. Breuste: Aufbruch gegen Abbruch Das Ensemble der Fisslthaler Kunstmühle. Ein wertvoller Teil der Architektur- und Industriegeschichte Salzburgs. In: Denkma(il)l, Schwerpunktausgabe zum Thema historische Mühlengebäude, Nr. 22, Jänner-April 2016, erschienen im August 2016.
+
* J. Breuste: Aufbruch gegen Abbruch - Das Ensemble der Fisslthaler Kunstmühle. In: Denkma(il), Nr. 22, 2016.
* I. Bauer: „Tschikweiber haums uns g`nennt…“. Die Zigarrenfabriksarbeiterinnen von Hallein. Erw. Neuausg, Wien 2015.
+
* C. Willi: Die Lokomotivenfabrik in der Fürbergstraße (1923–1928). In: Parscher Journal. H. 3, 2012/13, S. 31–33.
* C. Willi: Die Lokomotivenfabrik in der Fürbergstraße (1923-1928). In: Parscher Journal. H. 3, 2012/13, S. 31-33.
+
* dies.: Die Feigenkaffeefabrik Andre Hofer. Die Orgelbau-Anstalt „Cäcilia“. Beide in: H. Lohmann, H. Laimer, C. Willi: Parsch erzählt. Salzburg 2008. S. 46ff. u. S. 89ff.
* G. Ammerer / H. Waitzbauer: Wege zum Bier – 600 Jahre Braukultur. Salzburg 2011.
+
* R. Sturm: Industrie-, Gewerbe- und Verkehrsbauten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in der Stadt Salzburg und Umgebung. Dipl. Univ. Salzburg 2006.
* O. Kapfinger / R. Höllbacher / N. Mayr: Baukunst in Salzburg seit 1980. Ein Führer zu 600 sehenswerten Beispielen in Stadt und Land. Salzburg 2010
+
* H. Klackl: Der Almkanal. Salzburg 2002.
* C: Die Feigenkaffeefabrik Andre Hofer. Die Orgelbau-Anstalt „Cäcilia“. Beide in: H. Lohmann / H. Laimer / C. Willi: Parsch erzählt. Geschichte und Geschichten eines Salzburger Stadtteils. Salzburg 2008. S. 46-48 sowie S. 89-92.
+
* W. Schobersberger: Bauten der Technik und Industrie in Stadt und Land Salzburg. Diss. Univ. Salzburg 1996.
* R. Sturm: Industrie-, Gewerbe- und Verkehrsbauten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in der Stadt Salzburg und Umgebung. Dipl.arb. Univ. Salzburg. 2006.
+
* G. Barth: Einige Unternehmer und Unternehmungen in der Stadt Salzburg im 19. Jahrhundert Dipl. Univ. Salzburg 1981.
* N. Mayr: Stadtbühne und Talschluss. Baukultur in Stadt und Land Salzburg. Salzburg/Wien 2006, S. 183-184 und S. 215-216.
 
* H. Klackl: Der Almkanal. Seine Nutzung einst und jetzt. Salzburg 2002.
 
* M. Fischer W. K. / C. Dirninger / R. Höllbacher / F. Lorber : Historische Wirtschaftsarchitektur in Salzburg. Bauten – Einrichtungen – Werkzeuge. Salzburg 1997. –W. Schobersberger: Bauten der Technik und Industrie in Stadt und Land Salzburg (zwischen 1860 und 1938 anhand ausgewählter Objekte). Diss. Salzburg 1996.
 
* C. Braumann: Stadtplanung in Österreich von 1918 bis 1945 unter besonderer Berücksichtigung der Stadt Salzburg. Wien 1986. S. 545-550.
 
* E. M. Schalk: Die Mühlen im Land Salzburg. Salzburg, 1986.
 
* G. Barth: Einige Unternehmer und Unternehmungen in der Stadt Salzburg im 19. Jh. Ein Beitrag zur einer Salzburger Wirtschaftsgeschichte, Hausarb. Univ. Salzburg 1981.
 
* H. Kreibich: Die Geschichte der Salzburger Hofbrauereien 1498-1815. Diss. Innsbruck 1957.
 
 
* S. Kaufmann: Das Halleiner Heimatbuch. Leoben 1954.
 
* S. Kaufmann: Das Halleiner Heimatbuch. Leoben 1954.
* N.N.: Maxglan – und seine Industrie. Vom „Stieglbräu“ und anderen Betrieben. In: Demokratisches Volksblatt. 17./18. Juni 1950. S. 9.
 
  
M.O., J.B.
+
[[Benutzer:Monika Oberhammer|Monika Oberhammer]], [[Benutzer:Jana Breuste|Jana Breuste]]
  
 
[[Kategorie:Architektur]]
 
[[Kategorie:Architektur]]
 
[[Kategorie:Kein GND Eintrag]]
 
[[Kategorie:Kein GND Eintrag]]
 
[[Kategorie:Freigabe Autor]]
 
[[Kategorie:Freigabe Autor]]
 +
[[Kategorie:Freigabe Bereichsleitung]]

Aktuelle Version vom 8. November 2021, 01:09 Uhr

Die Hauptmerkmale einer Fabrik sind die Vereinigung mehrerer Arbeitsprozesse unter einem Dach sowie der Einsatz von Maschinen, also eine die Industrialisierung bestimmende Technisierung zur Steigerung der Produktivität. Nicht hinzugeordnet werden hier Bauten, die nur dem Vertrieb und Verkauf oder der weiteren Verarbeitung fertiger Produkte dienen.

Brauereien

Hallein und Stadt Salzburg

Von den fabrikmäßig betriebenen Industrien Salzburgs ist die Bierproduktion besonders hervorzuheben. Für die gewerbliche Entwicklung der Brauereien aus der alten Hauswirtschaft, meist durch Korporationen wie Klöster, Spitäler oder Bruderschaften, seltener durch einzelne vermögende Personen, war die bevorzugte Lage eines Brauhauses maßgeblich (Roh- und Betriebsstoffe, kühler Ort für den Keller, Feuersicherheit). Der erste Braumeister „praxator Tagno“ wurde Mitte des 13. Jahrhunderts in der Benediktiner-Erzabtei St. Peter genannt. 1475 gründete Hans Elsenheimer (der Schilcher) in Kaltenhausen bei Hallein eine Brauerei, aus der sich nach der Übernahme durch Erzbischof Johann III. (1486) die Hofbrauerei entwickelte, 1648 wurde eine Zweigniederlassung im hochfürstlichen Kalten Brauhaus im Kai (beim Nonntaler Tor) eingerichtet.

Ende des 17. Jahrhunderts entstanden – aus merkantilistischen Überlegungen an den Grenzen des Erzstiftes – Hofbrauereien in Teisendorf, Lueg/St. Gilgen, Lofer, Henndorf und im Zillertal. Mit dem Ende des Erzstiftes wurden die Hofbrauereien sowie einige Kloster- (z. B. Augustiner-Chorherren Höglwörth) und Herrschaftsbrauereien (z. B. Sighartstein) aufgelöst und verkauft. Die neuen Inhaber von Kaltenhausen, Kurfürstin Maria Leopoldine von Pfalzbayern und ihr Sohn Maximilian Graf Arco-Zinneburg, machten aus der Brauerei u.a. durch die Errichtung der Mälzerei 1873 (Abbruch 2016) einen der führenden Industriebetriebe des 19. Jahrhunderts.

In der Gründerzeit lief ein erbitterter Verdrängungswettbewerb unter den bestehenden Brauhäusern der Stadt. 1875/76 sowie 1888 errichtete Valentin Ceconi im ehemaligen Steinbruch in der Riedenburg den Lagerkeller der Sternbrauerei. Die expandierende Produktion wurde von der Altstadt (wo Mälzerei und Gaststätte verblieben) unter langem Streit mit den Anwohnern hierher verlegt (1896–1907 Sud- und Kesselhaus, Gärkeller und Gastbetrieb, von Jakob Ceconi), 1956 Schließung, 2005–14 Abbruch von Teilen des Ensembles und Bau einer Wohnanlage von Hariri&Hariri.

Schon 1863 wurde die Stiegl-Brauerei, heute die größte in Privatbesitz befindliche Brauerei Österreichs, aus dem erstmals 1492 erwähnten Betrieb in der Gstättengasse nach Maxglan verlegt und seitdem trotz Rückschlägen (Brand 1875) ständig erweitert (z.B. 1901 um die Rochuskaserne). Nach Münchner Vorbild wurden 1908–26 das Müllner (Augustiner-)Bräustübl (Karl Pirich, Franz Zell), 1900–26 der seit 1820 als Lager genutzte Stieglkeller (Jakob Ceconi, Franz Zell) ausgebaut bzw. eingerichtet.

Land Salzburg

Auch auf dem Land modernisierte man Brauereien; so erweiterte Valentin Ceconi 1864 die Meierei des alten Jagdschlosses Guggenthal durch Brauereigebäude, Kirche und Villa. Seit Jahrzehnten leer stehend, brannte das Brauereigebäude vermutlich nach Brandstiftung 2018 ab, dem völligen Abbruch wurde noch 2018 zugestimmt. In Obertrum modernisierte Josef Sigl V. 1911 seine Brauerei durch Bauten von Richard Wagner (Gebrüder Wagner): Sudhaus, Kühlschiff, Eis-, Gär- und Lagerkeller.

Leder, Papier, Mehl

Wasser war sowohl wichtiger Energielieferant als auch Produktionsmittel. Schon 1422 bestand in Maxglan die Lohstampfmühle Schliesselberger, deren Lohe in der Ledergerberei in der Altstadt weiterverarbeitet wurde. Die 1534 errichtete Papiermühle Lengfelden benötigte Wasser für die Papiererzeugung. Auch für eine der erfolgreichsten Firmengründungen zur Zeit von Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo war Wasser notwendig: für die klassizistische Lederfabrik nach holländischem Vorbild von Christian Zezi am Äußeren Stein (1787 Johann Georg Laschenzky unter Nutzung eines Bestandbaus).

Die meisten Gewerbebetriebe, die mit Wasserkraft arbeiteten, erreichten kein industrielles Ausmaß. Eine Ausnahme ist die seit 1330 nachweisbare k. k. privilegierte Kunstmühle Fisslthaler (1934–2011 Rauchmühle). Sie wurde durch Franz Fisslthaler ab 1879 kontinuierlich industrialisiert (Ensemble aus Mühl-, Wohn- und Bürohaus von Jakob Ceconi 1898, Silo 1912). Durch Einsatz der Initiative Um+Bau+Kultur Salzburg erfolgte die Sicherung wesentlicher Bestandsgebäude der 2011 eingestellten Rauchmühle, in denen von 2018–2020 ein offenes Kreativzentrum hätte entstehen sollen. Das Projekt wurde jedoch im Mai 2019 wegen zu hoher Kosten (ca. 21 Millionen Euro) aufgegeben.

Industriebauten in den Vorstädten

Parsch

1848 eröffnete Franz Zeller, der 1839 die Handlung Andre Hofer (Platzl 2) erworben hatte, in der Gaisbergstraße 6 ein bis zum Zweiten Weltkrieg äußerst erfolgreiches Produktionsunternehmen für Feigenkaffee und Schokolade. Die zum Firmen-Ensemble gehörende Villa wurde nach Teil-Abbruch 1966 und 1977 im Jahr 1979–80 durch einen Anbau nach Plänen von Wilhelm Holzbauer für den Residenz Verlag erweitert (Anbau 2009 abgerissen).

1922 schlossen sich mehrere Orgelbaufirmen zur Orgelbau-AG Cäcilia in der Fürbergstraße 50 zusammen, 1923–26 neoklassizistischer Anbau durch Paul Geppert, Abbruch um 1970. Ebenfalls in der Fürbergstraße begann 1921 die Produktion der bis heute wichtigen Gebus-Lokomotiven (Ingenieure Moriz Gelinek, Adolf Buchleitner und Franz Strizek), Fertigung in den Montagehallen der Brückenbaufirma Janisch, 1928 Abwanderung nach Wien. Auch die – neben den Werken in Oberalm und Adnet vor allem architektonisch bemerkenswerten – Salzburger Marmorwerke von Friedrich Mayr-Melnhof befanden sich in Parsch, in der Nähe des Volksgartens, heute Finanzlandesdirektion, Prälat-Winkler-Straße 10. Die Anlieferung des Materials erfolgte aus den Steinbrüchen von Fürstenbrunn und Adnet durch die neue Schienenverbindung der Roten Elektrischen (Bauten des Verkehrs). 1906–08 durch Bruno Grüner erweitert, Abbruch 1977.

Lehen, Riedenburg, Schallmoos, Kasern

1854 eröffnete Matthias Gschnitzer mit Franz Gessele in Lehen eine k. k. privilegierte Kunstwollfabrik (Shoddy) auf dem Gelände einer Mühle; 1863 wurde in der Sinnhubstraße 10 eine neue Produktionsstätte bei einer ehemaligen Hammerschmiede unter der Leitung von Baumeister Otto Laschenzky erbaut; 1893 dazugehörige Villa von Josef Wessicken (als letzter Teil des Ensembles erhalten). Die 1894 gegründete Tischlerei Preimesberger entwickelte sich zum Industriebetrieb und übersiedelte 1935 mit der Möbelfabrik nach Schallmoos. Anfang der 1950er-Jahre begann Preimesberger mit der Serienproduktion von Küchen (Mirabella-Küchen), das Unternehmen schloss 1988. Die seit 1765 in der Stadt Salzburg bestehende Glockengießerei Oberascher zog 1919 nach Kasern um, wo sie sich bis 2003 als Gießerei und Maschinenbau-Unternehmen entwickelte; Umbau der Fabrikhallen zu modernem Gewerbestandort 2006‒07 (Gusswerk) sowie Erweiterung 2012.

Industriebauten in der Stadt Salzburg

Auch die Stadt selbst errichtete Fabrikanlagen oder kaufte diese auf: 1859 in Lehen errichtetes, ab 1905 Städtisches Gaswerk (1968 Verwaltungsgebäude von Josef Hawranek und Erich Horvath, Neubebauung ab 2006 als Stadtwerk Lehen). 1903 zog die Süßwarenfabrik Rajsigl in der nur kurzfristig arbeitenden Ceconischen Tischlerei ein. Die Glockengießerei Oberascher übersiedelte 1919 nach Kasern, wo sie sich bis 2003 als Gießerei und Maschinenbau-Unternehmen entwickelte; Umbau der Fabrikhallen zu modernem Gewerbestandort 2006-07 sowie Erweiterung 2012. Die 1920er-Jahre warteten mit zwei Hauptwerken der Industriearchitektur auf: 1923 Lebensmittelwerke Union von Hubert Geßner an der Fanny-von-Lehnert-Straße und 1927 Druck- und Verlagshaus R(einhard) Kiesel von Wunibald Deininger (Abbruch des Druckereitraktes 1989). 1955 Bau des Städtischen Fernheizkraftwerks am Elisabethkai, das mit Trimmelkamer Braunkohle betrieben wurde. Erweiterungen auf dem Areal des ehemaligen Schlachthofes (heute Gebirgsjägerplatz): 1986 Rauchgasreinigung, 1995 Umspannwerk; Neuaufbau 1999‒2003: 2000 Betriebsgebäude, 2002 Heizkraftwerk, alle von Marie-Claude Bétrix & Eraldo Consolascio.

Fabrikhalle 4711 mit Bürogebäude samt Penthouse von Walter Baumgartner sowie die Abfüllhalle mit Bürotrakt der Bluna-Limonaden-Werke von Walter Baumgartner und Hans Schilling aus Köln, an der Münchner Bundesstraße (Abbruch 2000er-Jahre).

Industriebauten in Hallein

Als wichtigste Industriestadt im Land gilt Hallein: Neubau der Saline auf der Pernerinsel 1852–64 (Entwurf: Franz von Schwind) nach Auflassung der Pfannhäuser in der Altstadt. 1989 Einstellung der Salzproduktion; seither temporäre kulturelle Nutzungen, darunter seit 1993 für die Salzburger Festspiele. 1869 Gründung der k.k. Tabakfabrik zur Arbeitsbeschaffung für arbeitslose Salinenarbeiterinnen und -arbeiter, 1939 stillgelegt. 1890‒93 entstand die Halleiner Zellulosefabrik, 1893 Errichtung der Roten Villa (Abbruch) und von Arbeiter-/Angestellten-Wohnhäusern (1895 und 1897 sowie 1953), 1898 Angliederung einer Papierfabrik, die bis zu ihrer Schließung 2009 mehrfach den Eigentümer wechselte; seitdem nur noch Zellstoffproduktion. 1928 Übernahme der elektromechanischen Fabrik auf der Pernerinsel durch die Firma Solvay, die mittels Elektrolyse des aus der Halleiner Saline gelieferten Kochsalzes die Basis für diverse chemische Produkte herstellte. 1953 neues Werk zur PVC-Produktion im Halvic-Werksteil (Einstellung 1997).

Wichtige Produktionsstandorte im Land Salzburg

1585‒1875 Messingwerk und Eisenhammer in Ebenau, dort 1636 auch Ansiedlung der Gewehrfabrikanten Klett. In Oberalm, im Ortsteil Hammer, ebenfalls 1585 Messingwerk, im 19. Jahrhundert Umwandlung in eine chemische Fabrik, ab 1856 Gründung der Marmorwerke, siehe Bauten des Berg- und Hüttenwesens; 1854 Gründung des Zementwerks bei Gartenau, ab 1864 im Besitz der Firma Gebrüder Leube. 1884 Errichtung einer Zinnoxidfabrik in Thalgau-Unterdorf durch Erweiterung einer Drahtzieherei durch den Fabrikanten Nicolaus Gaertner und Baumeister Eduard Reindl, seit 1997 Revitalisierung als Red Bull Leistungsdiagnostik- und Trainingszentrum Thalgau.

In Bürmoos gab es seit 1862 Torfabbau, 1866‒68 Teer-Fabrik, 1873-1929 mit Torf beheizte Glasfabrik, wurde ab 1881 vom aus Böhmen stammenden Industriellen Ignaz Glaser, mit dem einige Glasbläser-Familien mitkamen, ausgebaut. 1947‒2000 großindustrielle Herstellung von Brenntorf und Torfmull.

1898/99 wurde die erste Aluminiumfabrik der Monarchie in Lend eröffnet; Werkshalle und Arbeiterwohnhäuser von Jakob Ceconi 1906. Bemerkenswerte Bauten aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts.: 1963–67 Bürohaus und Produktionshalle Bleckmann & Co in Lamprechtshausen von Gerhard Garstenauer und Wolfgang Soyka (1980 Industriehalle), 1965 Rakoll Werke Gebrüder Koitz (Lackfabrik) und 1975 Firma Geislinger von Wolfgang Soyka (Erweiterung/Aufstockung Volkmar Burgstaller 2011 und 2015), beide in Hallwang.(Bergbau)

Lit.:

  • J. Breuste: Aufbruch gegen Abbruch - Das Ensemble der Fisslthaler Kunstmühle. In: Denkma(il), Nr. 22, 2016.
  • C. Willi: Die Lokomotivenfabrik in der Fürbergstraße (1923–1928). In: Parscher Journal. H. 3, 2012/13, S. 31–33.
  • dies.: Die Feigenkaffeefabrik Andre Hofer. Die Orgelbau-Anstalt „Cäcilia“. Beide in: H. Lohmann, H. Laimer, C. Willi: Parsch erzählt. Salzburg 2008. S. 46ff. u. S. 89ff.
  • R. Sturm: Industrie-, Gewerbe- und Verkehrsbauten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in der Stadt Salzburg und Umgebung. Dipl. Univ. Salzburg 2006.
  • H. Klackl: Der Almkanal. Salzburg 2002.
  • W. Schobersberger: Bauten der Technik und Industrie in Stadt und Land Salzburg. Diss. Univ. Salzburg 1996.
  • G. Barth: Einige Unternehmer und Unternehmungen in der Stadt Salzburg im 19. Jahrhundert Dipl. Univ. Salzburg 1981.
  • S. Kaufmann: Das Halleiner Heimatbuch. Leoben 1954.

Monika Oberhammer, Jana Breuste