Tobias Reiser d. Ä.: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Reiser, Tobias d. Ä.''' (Tobi), * St. Johann im Pongau 2.3.1907, † Kaprun 31.10.1974, Metzgermeister, Volksmusikant, Bearbeiter und Schöpfer von →Volksmusik, Gründer zahlreicher Sing- und Musikgruppen, Begründer der „Stubenmusik“, NS-Funktionär.
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Tobias d. Ä. (Tobi) '''Reiser''', * 2. März 1907 in St. Johann im Pongau, † 31. Oktober 1974 in Kaprun, Metzgermeister, Volksmusikant, Bearbeiter und Schöpfer von [[Volksmusik]], Gründer zahlreicher Sing- und Musikgruppen, Begründer der „Stubenmusik“, NS-Funktionär.
  
Aufgewachsen im nationalen und völkischen Milieu im Gasthaus seiner Eltern; seit 1931 Mitglied des NS-Motorsturms, seit 1933 Parteimitglied der NSDAP, 1934 am gescheiterten NS-Putsch beteiligt. R.s gesamtes Wirken ist stets vor diesem parteipolitischen Hintergrund sowie seiner Selektion und Wertsetzungen im völkischen Geiste zu bewerten, mit welchen er systemstabilisierend wirkte; gleichzeitig ist seine hohe Musikalität zu sehen. 1932 begründete R. mit O. →Eberhard (als Mitglieder im Arbeitsausschuss für das Salzburger Volkslied im Österreichischen Volksliedunternehmen, Leiter C. Rotter) und K. →Brandauer das 1. öffentliche Volksliedsingen in St. Johann im Pongau (und viele weitere Wettbewerbe), das 1939 im 8. Salzburger Volkssingen in Radstadt (veranstaltet vom „Gauausschuß Salzburg des Ostmärkischen Volkslied-Unternehmens“) weiterlebte; daraus entstand 1960 das Bischofshofener →Amselsingen (begr. von Cassio Castelpietra, im 1. Österr. Gebirgstrachtenverband (gegr. 1908, Zeitschrift 1912f.) völkisch wortführend; in 1930ern Obmann des Trachtenvereines Saalfelden Stamm). 1934 Gründung der „Flachgauer Musikanten“, 1934/35 mit dem Salzburger Instrumentenbauer Heinrich Bandzauner Entwurf und Entwicklung des chromatischen Salzburger Hackbretts. Ab 1936 im Beirat des Landestrachtenverbandes. 1932–38 RAVAG-Sendungen, die wegen ihrer antisemitischen, nationalsozialistischen Inhalte z.T. nicht gesendet wurden.
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Aufgewachsen im nationalen und völkischen Milieu im Gasthaus seiner Eltern; seit 1931 Mitglied des NS-Motorsturms, seit 1933 Parteimitglied der NSDAP, 1934 am gescheiterten NS-Putsch beteiligt. Reisers gesamtes Wirken ist stets vor diesem parteipolitischen Hintergrund sowie seiner Selektionen und Wertsetzungen im völkischen Geiste zu bewerten, mit welchen er systemstabilisierend wirkte; gleichzeitig ist seine hohe Musikalität zu sehen.
  
1938–41 Referatsleiter für „Bäuerliches Brauchtum“ und „hauptamtlicher Volksliedpfleger des Reichsnährstandes“ zugehörig, zur „NS-Landesbauernschaft Alpenland“; daher 1938 Leiter der Salzburger Delegation am NS-Reichsbauerntag in Goslar. Mitglied im Gauausschuss des „Ostmärkischen Volksliedunternehmens“ unter Führung von O. Eberhard. R. gab ab 1939 in Potsdam die Salzburger Musikblätter, 1942 Liederblätter, 1939 mit O. Eberhard #20 Volkstänze aus dem Gau Salzburg# über das „Deutsche Volksbildungswerk der Deutschen Arbeitsfront“ (der die Landesbauernschaft unterstand) heraus. Sendungen für den NS-Reichssender München. Veranstaltung von Volksmusikwettbewerben, Dorf- und Heimatabenden als Mittel politischer Infiltration (Heimatbrauchtum als „Waffe gegen das jüdische Gift“). Instrumentalistische Vermittlung von Volkslied und Volkstanz an die HJ gemeinsam mit Bannführer Walter Leitner, an die NS-Frauenschaft mit der Gaujugendgruppenführerin Jolanda Clauß-Ruprecht (40 ideologisch geführte Mädchensinggruppen gegründet) sowie an die Lehrerschaft über den Landesschulrat (Springenschmid). Diese Tätigkeit und ihr teilweises Fortwirken nach 1945 stehen für die lange unhinterfragte Deutungshoheit R.s im Bereich der so genannten Volksmusik und Volkskultur.  
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1932 begründete Reiser mit [[Otto Eberhard]] (als Mitglieder im „Arbeitsausschuss für das Salzburger Volkslied im Österreichischen Volksliedunternehmen“, Leiter [[Curt Rotter]]) und [[Kuno Brandauer]] das erste öffentliche Volksliedsingen in St. Johann im Pongau (und viele weitere Wettbewerbe), das 1939 im achten ''Salzburger Volkssingen'' in [[Radstadt]] (veranstaltet vom „Gauausschuß Salzburg des Ostmärkischen Volkslied-Unternehmens“) weiterlebte. Daraus entstand 1960 das Bischofshofener [[Amselsingen]] (begründet von Cassio Castelpietra, im 1. Österreichischen Gebirgstrachtenverband [gegründet 1908, Zeitschrift 1912f.] völkisch wortführend; in den 1930ern Obmann des Trachtenvereines Saalfelden Stamm). 1934 Gründung der ''Flachgauer Musikanten'', 1934/35 mit dem Salzburger Instrumentenbauer Heinrich Bandzauner Entwurf und Entwicklung des chromatischen Salzburger Hackbretts. Ab 1936 im Beirat des Landestrachtenverbandes. 1932–38 RAVAG-Sendungen, die wegen ihrer antisemitischen, nationalsozialistischen Inhalte zum Teil nicht gesendet wurden.
  
Leiter der „Dorfmusikschulen“, Außenstellen der gleichgeschalteten, ideologisch tätigen »Musikschule für Jugend und Volk« am →Mozarteum, die seit 1939 C. →Bresgen unterstand, dort auch Lehrer für Hackbrett, Volksliedsingen und Tanz. 1941–45 häufige Frei- und Sonderstellung als Soldat der Deutschen Luftwaffe, Durchführung der Kulturpropagandareise nach Bulgarien 1941, 1941 Freistellung für politische Propagandafilme. Ab 1942 Beauftragter für Volksmusik im Gaukulturrat. Verbreitung eines völkischen Habitus u.a. auch über die Anregungen von „Beratungsstellen für bäuerlichen Hausrat“, die 1939 zur Gründung der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliches Handwerk“ durch Gauschulungsamt, KDF und Landesbauernschaft führte; 1941 Genossenschaft „Salzburger Heimatkunst“ der Landesbauernschaft in Radstadt und 1942 Salzburger →Heimatwerk (direkt dem Gauleiter unterstellt). 1945 aller Ämter enthoben und am 11.3.1948 vom Volksgericht Linz als „minderbelastet“ freigegeben.
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1938–41 Referatsleiter für „Bäuerliches Brauchtum“ und „hauptamtlicher Volksliedpfleger des Reichsnährstandes“, zugehörig zur „NS-Landesbauernschaft Alpenland“; daher 1938 Leiter der Salzburger Delegation am NS-Reichsbauerntag in Goslar. Mitglied im Gauausschuss des „Ostmärkischen Volksliedunternehmens“ unter Führung von Otto Eberhard. Reiser gab ab 1939 in Potsdam die Salzburger Musikblätter, 1942 Liederblätter, 1939 mit Otto Eberhard 20 Volkstänze aus dem Gau Salzburg über das „Deutsche Volksbildungswerk der Deutschen Arbeitsfront“ (der die Landesbauernschaft unterstand) heraus. Sendungen für den NS-Reichssender München.
  
Am 26.11.1946 (rechtlich ungültig wegen Verbotsgesetz 1947) Wahl zum Geschäftsführer des „Salzburger Heimatwerks – Genossenschaft bäuerlicher Handwerker«, 2.2.1949 Bestätigung im Genossenschaftsregister. 1946 Gründung des Salzburger →Adventsingens, das einerseits seine Art des Musizierens in eine breite Öffentlichkeit trug und andererseits jede kritische Betrachtung R.s emotional unterband. 1953 Tobi-Reiser-Quintett, weitergeführt als Sextett von Prof. Tobias Reiser jun. (1946–99). R. jun. gründete auch das Ensemble T. R., vertonte Gedichte von G. →Trakl und wirkte als Lyriker; zahlreiche Kompositionen und Bearbeitungen für das Adventsingen. Seit 1992 vergab der „Verein der Freunde des Salzburger Adventsingens“ den Tobi-Reiser-Preis an Musiker und Musikwissenschaftler; 2013 wurde die Vergabe ausgesetzt und nach der detaillierten Darstellung der NS-Verstrickungen von R. 2016 eingestellt.  
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Veranstaltung von Volksmusikwettbewerben, Dorf- und Heimatabenden als Mittel politischer Infiltration (Heimatbrauchtum als „Waffe gegen das jüdische Gift“). Instrumentalistische Vermittlung von Volkslied und Volkstanz an die Hitlerjugend gemeinsam mit Bannführer Walter Leitner, an die NS-Frauenschaft mit der Gaujugendgruppenführerin Jolanda Clauß-Ruprecht (vierzig ideologisch geführte Mädchensinggruppen gegründet) sowie an die Lehrerschaft über den Landesschulrat (Springenschmid). Diese Tätigkeit und ihr teilweises Fortwirken nach 1945 stehen für die lange unhinterfragte Deutungshoheit Reisers im Bereich der sogenannten Volksmusik und Volkskultur.
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Leiter der „Dorfmusikschulen“, Außenstellen der gleichgeschalteten, ideologisch tätigen „Musikschule für Jugend und Volk“ an der [[Universität Mozarteum Salzburg|Universität Mozarteum]], die seit 1939 [[Cesar Bresgen]] unterstand, dort auch Lehrer für Hackbrett, Volksliedsingen und Tanz. 1941–45 häufige Frei- und Sonderstellung als Soldat der Deutschen Luftwaffe, Durchführung einer Kulturpropagandareise nach Bulgarien 1941, und Freistellung für politische Propagandafilme.
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Ab 1942 Beauftragter für Volksmusik im Gaukulturrat. Verbreitung eines völkischen Habitus u.a. auch über die Anregungen von „Beratungsstellen für bäuerlichen Hausrat“, die 1939 zur Gründung der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliches Handwerk“ durch Gauschulungsamt, KDF und Landesbauernschaft führte; 1941 Genossenschaft „Salzburger Heimatkunst“ der Landesbauernschaft in Radstadt und 1942 [[Salzburger Heimatwerk]] (direkt dem Gauleiter unterstellt). 1945 aller Ämter enthoben und am 11. März 1948 vom Volksgericht Linz als „minderbelastet“ freigegeben.
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Am 26. November 1946 (rechtlich ungültig wegen Verbotsgesetz) Wahl zum Geschäftsführer des Salzburger Heimatwerks, als „Genossenschaft bäuerlicher Handwerker“ am 2. Februar 1949 Bestätigung im Genossenschaftsregister. 1946 Gründung des [[Salzburger Adventsingen]]s, das einerseits seine Art des Musizierens in eine breite Öffentlichkeit trug und andererseits jede kritische Betrachtung Reisers emotional unterband. 1953 Tobi-Reiser-Quintett, weitergeführt als Sextett von Professor Tobias Reiser junior (1946–99). Reiser junior gründete auch das Ensemble Tobi Reiser, vertonte Gedichte von [[Georg Trakl]] und wirkte als Lyriker; zahlreiche Kompositionen und Bearbeitungen für das Adventsingen.  
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Seit 1992 vergab der ''Verein der Freunde des Salzburger Adventsingens'' den Tobi-Reiser-Preis an Musiker und Musikwissenschaftler; 2013 wurde die Vergabe ausgesetzt und nach der detaillierten Darstellung der NS-Verstrickungen von Reiser 2016 eingestellt.
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* O. Rathkolb (Hg.): Tobi Reiser und der Nationalsozialismus. Salzburg Museum, Verein Freunde des Salzburger Adventsingens. Salzburg 2016.
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* O. Rathkolb (Hg.): T. R, und der Nationalsozialismus. Salzburg Museum, Verein Freunde des Salzburger Adventsingens. Salzburg 2016.
* W. Dreier-Andres (Hg.): Im Blickpunkt. Tobi Reiser. Dokumentation des Symposions in St. Johann i. Pongau 2007.
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* W. Dreier-Andres (Hg.): Im Blickpunkt. T. R. St. Johann/P. 2007.
* W. Deutsch u.a. (Hg.): Tobi Reiser 1907–1974. Eine Dokumentation. Wien 1997.
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* G. Kerschbaumer: Organisiertes Heimatbrauchtum in der Stadt. In: W. Haas (Hg.): Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg. Salzburg 1996, S. 121–132, 255–358, bes. 278ff.
* G. Kerschbaumer: Organisiertes Heimatbrauchtum in der Stadt. Rekonstruktion und Dokumentation. In: W. Haas(Hg.): Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg. Salzburg 1996, S. 121–132, 255–358, bes. 278ff.
 
  
 
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[[Kategorie:Volks- und Alltagskultur]]
 
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[[Kategorie:Freigabe Autor]]
 
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Aktuelle Version vom 8. Februar 2022, 06:16 Uhr

Tobias d. Ä. (Tobi) Reiser, * 2. März 1907 in St. Johann im Pongau, † 31. Oktober 1974 in Kaprun, Metzgermeister, Volksmusikant, Bearbeiter und Schöpfer von Volksmusik, Gründer zahlreicher Sing- und Musikgruppen, Begründer der „Stubenmusik“, NS-Funktionär.

Aufgewachsen im nationalen und völkischen Milieu im Gasthaus seiner Eltern; seit 1931 Mitglied des NS-Motorsturms, seit 1933 Parteimitglied der NSDAP, 1934 am gescheiterten NS-Putsch beteiligt. Reisers gesamtes Wirken ist stets vor diesem parteipolitischen Hintergrund sowie seiner Selektionen und Wertsetzungen im völkischen Geiste zu bewerten, mit welchen er systemstabilisierend wirkte; gleichzeitig ist seine hohe Musikalität zu sehen.

1932 begründete Reiser mit Otto Eberhard (als Mitglieder im „Arbeitsausschuss für das Salzburger Volkslied im Österreichischen Volksliedunternehmen“, Leiter Curt Rotter) und Kuno Brandauer das erste öffentliche Volksliedsingen in St. Johann im Pongau (und viele weitere Wettbewerbe), das 1939 im achten Salzburger Volkssingen in Radstadt (veranstaltet vom „Gauausschuß Salzburg des Ostmärkischen Volkslied-Unternehmens“) weiterlebte. Daraus entstand 1960 das Bischofshofener Amselsingen (begründet von Cassio Castelpietra, im 1. Österreichischen Gebirgstrachtenverband [gegründet 1908, Zeitschrift 1912f.] völkisch wortführend; in den 1930ern Obmann des Trachtenvereines Saalfelden Stamm). 1934 Gründung der Flachgauer Musikanten, 1934/35 mit dem Salzburger Instrumentenbauer Heinrich Bandzauner Entwurf und Entwicklung des chromatischen Salzburger Hackbretts. Ab 1936 im Beirat des Landestrachtenverbandes. 1932–38 RAVAG-Sendungen, die wegen ihrer antisemitischen, nationalsozialistischen Inhalte zum Teil nicht gesendet wurden.

1938–41 Referatsleiter für „Bäuerliches Brauchtum“ und „hauptamtlicher Volksliedpfleger des Reichsnährstandes“, zugehörig zur „NS-Landesbauernschaft Alpenland“; daher 1938 Leiter der Salzburger Delegation am NS-Reichsbauerntag in Goslar. Mitglied im Gauausschuss des „Ostmärkischen Volksliedunternehmens“ unter Führung von Otto Eberhard. Reiser gab ab 1939 in Potsdam die Salzburger Musikblätter, 1942 Liederblätter, 1939 mit Otto Eberhard 20 Volkstänze aus dem Gau Salzburg über das „Deutsche Volksbildungswerk der Deutschen Arbeitsfront“ (der die Landesbauernschaft unterstand) heraus. Sendungen für den NS-Reichssender München.

Veranstaltung von Volksmusikwettbewerben, Dorf- und Heimatabenden als Mittel politischer Infiltration (Heimatbrauchtum als „Waffe gegen das jüdische Gift“). Instrumentalistische Vermittlung von Volkslied und Volkstanz an die Hitlerjugend gemeinsam mit Bannführer Walter Leitner, an die NS-Frauenschaft mit der Gaujugendgruppenführerin Jolanda Clauß-Ruprecht (vierzig ideologisch geführte Mädchensinggruppen gegründet) sowie an die Lehrerschaft über den Landesschulrat (Springenschmid). Diese Tätigkeit und ihr teilweises Fortwirken nach 1945 stehen für die lange unhinterfragte Deutungshoheit Reisers im Bereich der sogenannten Volksmusik und Volkskultur.

Leiter der „Dorfmusikschulen“, Außenstellen der gleichgeschalteten, ideologisch tätigen „Musikschule für Jugend und Volk“ an der Universität Mozarteum, die seit 1939 Cesar Bresgen unterstand, dort auch Lehrer für Hackbrett, Volksliedsingen und Tanz. 1941–45 häufige Frei- und Sonderstellung als Soldat der Deutschen Luftwaffe, Durchführung einer Kulturpropagandareise nach Bulgarien 1941, und Freistellung für politische Propagandafilme.

Ab 1942 Beauftragter für Volksmusik im Gaukulturrat. Verbreitung eines völkischen Habitus u.a. auch über die Anregungen von „Beratungsstellen für bäuerlichen Hausrat“, die 1939 zur Gründung der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliches Handwerk“ durch Gauschulungsamt, KDF und Landesbauernschaft führte; 1941 Genossenschaft „Salzburger Heimatkunst“ der Landesbauernschaft in Radstadt und 1942 Salzburger Heimatwerk (direkt dem Gauleiter unterstellt). 1945 aller Ämter enthoben und am 11. März 1948 vom Volksgericht Linz als „minderbelastet“ freigegeben.

Am 26. November 1946 (rechtlich ungültig wegen Verbotsgesetz) Wahl zum Geschäftsführer des Salzburger Heimatwerks, als „Genossenschaft bäuerlicher Handwerker“ am 2. Februar 1949 Bestätigung im Genossenschaftsregister. 1946 Gründung des Salzburger Adventsingens, das einerseits seine Art des Musizierens in eine breite Öffentlichkeit trug und andererseits jede kritische Betrachtung Reisers emotional unterband. 1953 Tobi-Reiser-Quintett, weitergeführt als Sextett von Professor Tobias Reiser junior (1946–99). Reiser junior gründete auch das Ensemble Tobi Reiser, vertonte Gedichte von Georg Trakl und wirkte als Lyriker; zahlreiche Kompositionen und Bearbeitungen für das Adventsingen.

Seit 1992 vergab der Verein der Freunde des Salzburger Adventsingens den Tobi-Reiser-Preis an Musiker und Musikwissenschaftler; 2013 wurde die Vergabe ausgesetzt und nach der detaillierten Darstellung der NS-Verstrickungen von Reiser 2016 eingestellt.



Kurzbiographie von Tobias Reiser d. Ä. der Salzburger Straßennamenkommission, NS-Belastung gravierend – Straßennamen sollten umbenannt werden (Kategorie 3).


Lit.:

  • O. Rathkolb (Hg.): T. R, und der Nationalsozialismus. Salzburg Museum, Verein Freunde des Salzburger Adventsingens. Salzburg 2016.
  • W. Dreier-Andres (Hg.): Im Blickpunkt. T. R. St. Johann/P. 2007.
  • G. Kerschbaumer: Organisiertes Heimatbrauchtum in der Stadt. In: W. Haas (Hg.): Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg. Salzburg 1996, S. 121–132, 255–358, bes. 278ff.

U.K.