Theater

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Theater (Hoftheater, seit 1775; Nationaltheater, seit 1880; Stadttheater, seit 1893; Landestheater, seit 1940, →Theater-Spielorte).

Geschichte des Musiktheaters

Erzbischof Markus Sittikus von Hohenems machte Salzburg zum ersten außeritalienischen Zentrum der gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Florenz geschaffenen neuen Kunstform Oper. Die erste Opernaufführung nördlich der Alpen, Orfeo (Komponist namentlich unbekannt), fand am 10. Februar 1614 in dem nach italienischen Vorbild errichteten Theater in der fürsterzbischöflichen Residenz statt. Weitere Opernaufführungen (u.a. Andromeda) sowie Aufführungen von Rappresentazioni Sacre lassen sich für dieses Theater nachweisen. Der Tod Markus Sittikus’ setzte der ersten Blütezeit der Opernkultur in Salzburg ein Ende. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts fanden opernartige Elemente in immer stärkerem Umfang Eingang in die Darbietungen des Universitätstheaters (Theater der Benediktineruniversität). Ab Mitte des 17. Jahrhunderts wurden die Grenzen zwischen Hof- und Universitäs-Theater immer fließender: Hofmusiker wirkten in Universitätsaufführungen, Studenten in Aufführungen des Hoftheaters mit. Eine neuerliche Blüte erlebte die Oper während der Regierungszeit der Erzbischöfe Max Gandolf von Kuenburg und Johann Ernst Thun und Hohenstein.

Zwei der bedeutendsten Barockkomponisten wirkten damals am Salzburger Hof: Heinrich Ignaz Franz Biber und Georg Muffat. Der Großteil ihrer Opernkompositionen ist leider verschollen, nur Bibers Oper Chi la dura la vince über den Arminius-Stoff, entstanden um 1690, ist in einer Widmungs-Handschrift im Salzburg Museum erhalten. Die vorhandenen Quellen (die Partitur der Arminius-Oper, Libretti, Szenarien) lassen erkennen, dass Bibers und Muffats musikdramatische Werke dem venezianischen Operntypus angehören, bei dem es zu einer Vermischung ernster und komischer Handlungsebenen kommt. Nach Muffats Fortgang nach Passau und nach Bibers Tod (1704) drohte die Opernpflege in Salzburg zu stagnieren. Erzbischof Franz Anton von Harrach gelang es jedoch, den in Wien als Vizekapellmeister wirkenden Antonio Caldara zu Auftragskompositionen für den Salzburger Hof zu gewinnen. In den Jahren 1716–27 entstanden 14 Opern für Salzburg, die überwiegend erhalten geblieben sind. Diese Werke zeigen bereits deutliche Spuren der um 1700 durch Apostolo Zeno u.a. in Gang gesetzten Opernreform: In ihrer gestraffteren operndramaturgischen Konzeption gehören sie dem spätbarocken Operntypus an. Nach dieser letzten Blütezeit der Barockoper in Salzburg nahm die Qualität und Quantität musikdramatischer Produktionen merklich ab. Das Theaterleben wurde fast ausschließlich vom Universitätstheater und von wandernden Theatertruppen bestimmt. Auf dem Programm der Wandertruppen, die bis ins späte 17. Jahrhundert in Salzburg nachweisbar sind, standen Oper, Ballett und Pantomime neben Schauspiel, Stegreifkomödie und Puppenspiel. Während der Regierungszeit von Erzbischof Sigismund Graf Schrattenbach erfreute sich v.a. das Kindertheater besonderer Beliebtheit. Die auch in der Mozart-Korrespondenz erwähnte Truppe der Bernerschen Kinder, die zu dieser Zeit in Salzburg nachweisbar ist, war auf Ballettpantomimen und opernartige Darbietungen spezialisiert. Ab 1775 trat das Salzburger Theaterleben in eine neue Entwicklungsphase: Ganz im Sinne der Aufklärung wurde das Hoftheater durch Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo zu einer öffentlich zugänglichen Institution. Das für diesen Zweck adaptierte ehemalige Lodronsche Ballhaus bot ab Herbst 1775 den Wandertruppen, die nunmehr in der Regel für eine ganze Spielzeit (September/Oktober bis Februar/März, gelegentlich auch im Sommer) verpflichtet wurden, den entsprechenden Rahmen. Von den hier wirkenden Wandertruppen, die zumeist nach ihrem Prinzipal benannt wurden, sind v.a. zu nennen: Die Wahrsche Schauspielergesellschaft (1775/76), die mit Wolfgang Amadeus Mozart in Verbindung stehende Böhmsche (1779/80) und Schikanedersche (1780/81) Truppe, die Webersche Schauspielergesellschaft (1795/96; geleitet von Carl Maria von Webers älterem Bruder E.v. Weber) sowie die von dem Salzburger Publizisten Lorenz Hübner und dem Hoftenoristen Giuseppe Tomaselli geleitete Deutsche Hofschauspielergesellschaft (1796–98). Diese Truppen boten ein für Provinzansprüche repräsentatives musikalisches Repertoire, das die zu dieser Zeit gängigen Formen der italienischen Opera buffa, der französischen Opéra comique, des deutschen Singspiels, der Ballett-Pantomime und des Melodrams umfasste.

Um die Jahrhundertwende tendierte der Publikumsgeschmack immer mehr zur leichteren Muse. Die Wiener Zauberopern (F. Kauer, W. Müller, F.X. Süßmayr, P. Wranitzky) dominierten den Spielplan. Immerhin wurde Mozarts Entführung aus dem Serail 1784–1803 20-mal gespielt; insgesamt kamen sechs Opern Mozarts während dieser Zeit mehr oder weniger oft zur Aufführung: Entführung (erstmals 17.11. 1784), Don Giovanni (18.1.1797), Die Zauberflöte (19.5.1797), Der Schauspieldirektor (3.11. 1797), Figaro (18.9.1798) und Titus (2.3.1803). Echte romantische Tendenzen zeigen die Werke der Michael Haydn-Schüler Andreas Brunmayr und Adam Joseph Emmert. Auch der erste musikdramatische Versuch des jungen Carl Maria von Weber, Peter Schmoll und seine Nachbarn (1802), stammt aus dieser Zeit. Nach Säkularisation des Erzbistums und Auflösung des Hofstaates und damit der Hofkapelle versank das Theater in Provinzialität. Dennoch versuchte Theaterdirektor Anton Ferrari während seiner Amtszeit (1804–22), trotz widriger äußerer Umstände (feindliche Invasionen, oftmaliger Regierungswechsel), das Opernrepertoire mit Werken von Salieri, Spontini, Cherubini, Boieldieu, Rossini auf dem aktuellen Stand zu halten. Als neue Spielstätte für Opernaufführungen wurde 1806 die Sommerreitschule (heute Felsenreitschule) einbezogen; ebenso fand das Heckentheater im Mirabellgarten ab 1811 Verwendung. Hier wurde 1825 Webers Freischütz, der bereits 1822 (ein Jahr nach der Berliner Uraufführung) in Salzburg zu sehen war, aufgeführt. Ab der Jahrhundertmitte trat das Musiktheater in der Direktion von G. Denemy und C. Clement (1851–57) wieder stärker in den Vordergrund. Theaterkapellmeister war zu dieser Zeit der seit 1839 in einer Vielzahl musikalischer Funktionen in Salzburg wirkende Alois Taux. Im Repertoire finden sich nunmehr die „Großen Opern“ Meyerbeers sowie die deutschen Singspielopern Kreutzers, Lortzings und Flotows. Eine kurze Blütezeit erlebte die Oper während der Direktion H. Jenkes (1872–79). Erstmals gelangten Opernwerke Richard Wagners zur Aufführung (1876 Der Fliegende Holländer, 1877 Lohengrin). Mangels entsprechenden Personals war man in der Folgezeit bestrebt, Konzessionen an den Publikumsgeschmack zu machen und die Oper weitgehend durch die Operette (Offenbach, Planquette, Lecocq, Genée, Millöcker, Suppé, J. Strauß) zu ersetzen. Bemerkenswert ist, dass zu dieser Zeit zwei namhafte Musiker am Theater wirkten: Der später international renommierte Dirigent Carl Muck (1859–1940) war 1. Kapellmeister in den beginnenden 1880er Jahren; 2. Kapellmeister war für kurze Zeit (1881/82) der damals 22-jährige Hugo Wolf. Auch nach der Eröffnung (1.Oktober 1893) des nach Plänen von Fellner & Helmer gestalteten Theaterneubaus blieb die Opernpflege auf die alljährlich im Frühjahr mit Gästen veranstaltete Monatsoper beschränkt. Der neue Bau (nunmehr als Stadttheater bezeichnet) nimmt v.a. mit seinem von A.D. Goltz gestalteten Mozart-Vorhang (eine Apotheose Mozarts inmitten seiner berühmtesten Operngestalten) auf den Genius loci Bezug. Die Operette blieb bis weit ins 20. Jahrhundert bestimmend. In der Spielzeit 1902/03 versuchte sich der als 2. Kapellmeister tätige Robert Stolz erstmals als Operettenkomponist.

Im Rahmen der Salzburger Musikfeste, die als unmittelbare Vorläufer der Salzburger Festspiele zu gelten haben, fanden gegen Ende des 19. Jahrhunderts Aufführungen von Mozart-Opern im National- bzw. Stadttheater statt. Hier war bereits am 26.Jänner 1856 Don Giovanni im Rahmen des Mozart-Säkularfestes zur Aufführung gelangt. Die Aufführungen der Musikfeste kamen durch Zusammenwirken einheimischer Kräfte (Dom-Musikverein und Mozarteum bzw. Salzburger Liedertafel stellten Orchester und Chor) und Solisten der Wiener Hofoper zustande. Ab 1918 kam es dank der Zusammenarbeit zwischen dem Stadttheater und der Opernschule des Mozarteums unter Bernhard Paumgartner zu einer neuerlichen Intensivierung der Opernpflege (u.a. Mozart-Opern, Fidelio, Hänsel und Gretel). 1920 wurde durch einen Vertrag zwischen Mozarteum und Stadtgemeinde die sogenannte „Mozarteums-Oper“ institutionalisiert. Unter der ehrenamtlichen künstlerischen Leitung Paumgartners kam es allein 1920/21 zu 85 Opernaufführungen. Infolge zu hoher Kosten musste diese Unternehmung eingestellt werden, und die Oper räumte wieder der Operette das Feld. Als 2. Kapellmeister wirkte 1923–25 der junge Nico Dostal in Salzburg. 1927, zum 70. Geburtstag von Wilhelm Kienzl, sang Richard Tauber den Mathias im Evangelimann, es dirigierte der Komponist.

Ab 1922 bis zur entsprechenden Adaptierung des Festspielhauses (1927) fanden die Opernaufführungen der Festspiele im Stadttheater statt. Das 1939 neuerlich umgebaute Theater wurde am 7. August 1939 durch eine Festspielaufführung von Mozarts Entführung eröffnet (Dirigent: Karl Böhm, in den Hauptrollen Maria Cebotari und Helge Rosvaenge). Durch den am 24. April 1940 erreichten Status eines Landestheaters bot sich nunmehr wieder der entsprechende finanzielle Rückhalt für die Opernpflege. Unter der Intendanz H. Furregs und E. Kerbers, der dank seiner Funktion als Direktor der Festspiele dem Landestheater die Bespielung des Festspielhauses während der Saison erstmals ermöglichte, wurde dem Opernspielplan besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Nach einer durch Kriegsereignisse und amerikanische Besatzung bedingten Unterbrechung nahm mit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs die Operette wieder die Hauptposition im Spielplan ein. Erst ab der Intendanz P. Stanchinas (1951–57) konnte die Oper endgültig als feste Größe im Spielplan verankert werden. Gemeinsames Bestreben der Theaterleiter war es von nun an, dem Salzburger Publikum auch außerhalb der Festspiele einen mit den bescheidenen Mitteln einer Provinzbühne realisierbaren Opernspielplan zu bieten. Hervorzuheben ist das Bestreben einzelner Intendanten, im Rahmen dieser Möglichkeiten auch das Nicht-Alltägliche zu wagen: Hellmuth Matiasek eröffnete seine erste Salzburger Spielzeit (1962) mit Hugo von Hofmannsthals Bearbeitung von Molières Bürger als Edelmann mit der Musik von Richard Strauss, er führte Rossinis lange verschollene Liebesprobe und Carl Orffs Bearbeitung von Monteverdis L’Orfeo auf; Gandolf Buschbeck nahm die Gluck-Opern Orpheus und Eurydike und Iphigenie auf Tauris, Rossinis La Cenerentola, Brittens Raub der Lukrezia und Albert Herring, Strawinskys The Rake’s Progress und Kreneks Johnny spielt auf in den Spielplan auf, unterstützt von den zu dieser Zeit am Theater wirkenden Dirigenten Paul Angerer, Theodor Guschlbauer und Leopold Hager. Federik Mirdita gelang es, Nikolaus Harnoncourt für einen Purcell-Abend zu gewinnen. Beachtliche Aufführungen der Mozart-Opern Idomeneo und Titus im Großen und Kleinen Festspielhaus, von Händels Jephtha in der Kollegienkirche, von Wozzeck und Jenufa sowie die Uraufführung von Franz Hummels König Übü (1984) machen deutlich, dass der Opernspielbetrieb einer spärlich dotierten Landesbühne sich selbst gegen die Übermacht der Festspiele zu profilieren vermag.

Höchst erfolgreich konnte Lutz Hochstraate (Intendant von 1986–2004) 18 Spielsaisonen in einer für das Theater schwierigen Zeit bestreiten. Mit einem interessanten Spielplan – R. Wagners Ring des Nibelungen in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Bühnen Graz, Tristan und Isolde in Kooperation mit dem Staatstheater Saarbrücken, Mozarts musikdramatischen Werken von Il re pastore bis Cosí fan tutte, Opern von Richard Strauss, dem italienischen Repertoire, einer Reihe von Ueaufführungen und herausragenden Ballett-Kreationen von Peter Breuer – gelang es Hochstraate, mit der Aktion Landestheaterjung ab 1994 junges Publikum zu gewinnen. Weniger Akzeptanz fanden zunächst die Inszenierungen der Opern von Mozart, Bizet, Donizetti, Smetana und Gounod des Intendanten der Jahre 2004–09, Peter Dolder. Von Publikum und Presse positiv aufgenommen wurde dagegen die Koproduktion mit der Internationale Stiftung Mozarteum ISM von Mozarts La finta giardiniera und die Britten-Offensive Turn of the Screw, Albert Herring und Tod in Venedig. Seit der Spielzeit 2009/10 ist Carl Philipp von Maldeghem Intendant. Ihm gelang eine verstärkte Kooperation mit dem Salzburger Marionettentheater. Seit Herbst 2017 wird auch das Probenzentrum Aigen als Aufführungsort genutzt. Dadurch konnte nicht bloß die Zahl der Neuproduktionen, sondern auch die Zahl der Besucher merklich gesteigert werden. Neuinszenierungen in der Ära von Maldeghems (Mozart, Rossini, Schumann, Verdi und Wagner) zeigen die Wandlungsfähigkeit der Kunst, doch auch ihre Beständigkeit am Erfolg der Musicals A Sound of Music und Doctor Dolittle.

Geschichte des Sprechtheaters

Das Sprechtheater am Hof-, National-, Stadt- und Landestheater steht in Wechselwirkung zur deutschsprachigen Theatergeschichte und ist zum einen durch seine Funktion als regionales Theater bestimmt, zum anderen spiegelt es die Strömungen der Gesamtentwicklung. Man kann aber kaum von einer systematischen Programmgestaltung sprechen. Seit 1920 ergeben sich Berührungspunkte zu den Salzburger Festspielen. Die Theatergründung erfolgte 1775 an Stelle des Ballhauses unter Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo trotz Widerstands der Salzburger Bürger. Verschiedene bauliche Veränderungen und unterschiedliche Spielstätten (Theater-Spielorte) haben die Entwicklung maßgeblich geprägt. Am längsten leiteten Anton Ferrari (1804–22) und Katharina Hain (1823–30, 1837–47) die Geschicke des Hauses am ehemaligen Hannibalplatz (heute: Makartplatz). Emanuel Schikaneder, der Textdichter der Zauberflöte, war von Herbst 1780 bis Frühjahr 1781 Prinzipal. An 97 Abenden brachte er 13 Singspiele und 22 Ballette, an allen übrigen jeweils Schauspiele. Er ließ als erster auch ein zeitgenössisches Stück aufführen, nämlich Der englische Spion von Franz Michael Vierthaler. Schikaneder gewährte der Familie Mozart freien Eintritt ins Theater. Ein kontinuierlicher Ensembleaufbau und Spielplan kamen aber noch nicht zustande. Eben dieses erwartete man sich vom Doppeldirektorium des Aufklärers Lorenz Hübner und des füsterzbischöflichen Kammersängers Giuseppe Tomaselli. Sie brachten 238 Vorstellungen im Zeitraum von zwei Jahren (1796–98).

Die politischen Veränderungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirkten sich auch auf die Theaterkultur ungünstig aus. Erst mit dem Aufstieg des Bürgertums ab ca. 1860 erlangte das damalige Nationaltheater erneut Bedeutung. Unter den Schauspielern, die hier auftraten, gab es prominente, etwa Katharina Schratt, die Freundin Kaiser Franz Josephs I., die zwischen 1879 und 1887 mehrmals gastierte, Alexander Girardi, der hier 1870/71 debütierte, oder Max Reinhardt, der hier seine erste fixe Spielzeit (1893/94) absolvierte. Das heutige Theatergebäude, konzipiert von den Wiener Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer, entstand 1892/93. Am 1. Oktober 1893 wurde das Salzburger Stadttheater mit dem dramatischen Märchen Der Talisman von Ludwig Fulda eröffnet; Reinhardt spielte den Oberfeldherrn Berengar. Reinhardt war mit einem umfangreichen Rollenrepertoire nach Salzburg gekommen, er spielte u.a. auch Operettenrollen. In der Ära Anton C. Lechners (1890–99) fanden über 100 Neuinszenierungen statt, darunter auch von zeitgenössischen Werken Gerhart Hauptmanns und Arthur Schnitzlers. Es gab mehrere Theaterskandale. Am 7. Februar 1904 wurde die Lokalposse Die Glockenspielkinder des heimischen Dramatikers Hans Seebach uraufgeführt. Der Autor karikierte darin die Salzburger als Kulturbanausen, was den lauten Unwillen des Publikums erregte. Seebach galt als Salzburger Vertreter der modernen Dramatik der Jahrhundertwende, die Erstaufführungen seiner Stücke fanden fast ausschließlich im Stadttheater statt. Allerdings war den psychologisch meist umsichtig motivierten Dramen wenig Erfolg beschieden (u.a. Bauernrechte, 1899; Allotria, 1900). Zwei uraufgeführte Einakter von Georg Trakl, Der Totentag und Fata Morgana (1906), wurden von der heimischen Presse als Talentproben angesehen, waren aber keine Erfolge. Vielseitige Impulse gingen von der Theaterarbeit Paul Blasels aus, der 1899–1901, 1909–21 und 1922–32 das Stadttheater leitete. Als Neuerungen führte er literarische Abende ein, an denen junge Autoren lesen konnten. Er bemühte sich außerdem um eigene Vorstellungen für Schüler und Arbeiter. In seiner zweiten Direktionszeit spielte Blasel viele Zeitgenossen: Hermann Bahr, Gerhart Hauptmann, Hugo von Hofmannsthal, Henrik Ibsen, Karl Schönherr, Hermann Sudermann, August Strindberg, Anton Wildgans und Frank Wedekind. Der Priesterdichter Alois Außerer schuf mit Dido (1912) ein damals vielgelobtes Beispiel der nachklassischen Tragödienform. In der Zeit zwischen den Weltkriegen kamen etwa 30 Uraufführungen zustande, darunter wieder Stücke von Außerer, Seebach, Joseph August Lux u.a. Franz Lösers Volksstücke (z.B. Das Kriegerdenkmal, 1919) lassen Thoma und Anzengruber als Vorbilder erkennen und waren beachtliche Erfolge. Dem Stadttheater erwuchs 1920 in den Festspielen ein Konkurrent, denn jahrelang hatte man durch gängige Stücke für Sommertouristen das Defizit abgedeckt. In Herbert Furregs Funktionsperiode (1937–42) fiel 1939 der erneute Umbau des Hauses, das subventionierte Intendantensystem wurde unter den Nationalsozialisten eingeführt. Nach einigen Leitungswechseln kam es am 15. Juli 1944 zur kriegsbedingten Schließung. Im Mai 1945 wurde das Theater von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt.

Dank des Einsatzes des aus dem KZ heimgekehrten kommissarischen Leiters Egon Hilpert wurde Ende 1945 das Theater für die Zivilbevölkerung wieder freigegeben. Die Uraufführungen nach 1945 stammen zum einen von Dramatikern, die schon vor dem Krieg geschrieben hatten: Georg Rendl (Bleiben Sie bei uns, Vianney, 1955; Savonarola, 1957), Felix Braun (Rudolf der Stifter, 1952). Zum anderen gab es die Entdeckung dramatischer Erstlinge: Werner Schneyders Till bevor er hing (1963) im Kaisersaal der Residenz und Hans Gigacher mit seinem Gastarbeiterstück Milan (1974) sowie Inquisitenspital (1976). Unter den Intendanten Federik Mirdita (1981–86), Lutz Hochstraate (1986–2004), Peter Dolder (2004–09) und Carl Philip von Maldeghem (ab 2009) wurden Landestheater und Kammerspiele zu einem wichtigen Bestandteil des Salzburger Kulturlebens, zumal sie Kooperationen mit anderen Theatern des deutschsprachigen Raumes realisierten und international bekannte Regisseur*innen und Schauspieler*innen engagierten. Außerdem wurde ein besonderer Akzent auf das Musiktheater gesetzt.

Lit.:

  • theaterzauber. Salzburger Landestheater. Die Ära Hochstraate. Salzburg 2004.
  • L. Hochstraate (Hg.): 100 Jahre Haus am Makartplatz. Salzburger Landestheater. Salzburg 1993.
  • 200 Jahre Landestheater Salzburg (FS. zum 200-Jahr-Jubiläum eines ständigen Theaters in Salzburg). Salzburg 1975.
  • A. Kutscher: Vom Salzburger Barocktheater zu den Salzburger Festspielen. Düsseldorf 1939.
  • C. Schneider: Geschichte der Musik in Salzburg von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart. Salzburg 1935.

S.D., G.W. [Musiktheater]; S.B., B.J. [Sprechtheater]